Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Anspruch auf Krankengeld. Voraussetzungen der Weiterbewilligung. rechtzeitige Einholung einer ärztlichen Anschlussbescheinigung der Arbeitsunfähigkeit. nicht zustandegekommener Arzt-Patienten-Kontakt. Sphäre des Vertragsarztes. keine Gewährung eines rechtzeitigen Termins durch die Vertragsarztpraxis. Erforderlichkeit des Nachweises
Orientierungssatz
1. Nach § 46 S 2 SGB 5 muss zur Weiterbewilligung des Krankengeldes die nachfolgende Arbeitsunfähigkeit spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit ärztlich bestätigt werden (Anschluss an BSG vom 26.3.2020 - B 3 KR 9/19 R = SozR 4-2500 § 46 Nr 10).
2. Dem erforderlichen rechtzeitigen Arzt-Patienten-Kontakt steht es gleich, wenn der Versicherte alles in seiner Macht Stehende und ihm Zumutbare getan hat und rechtzeitig innerhalb der anspruchserhaltenden Grenzen versucht hat, eine ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung des Anspruchs auf Krankengeld zu erhalten, es dazu aber aus dem Arzt oder der Krankenkasse zurechenbaren Gründen nicht gekommen ist (vgl BSG vom 26.3.2020 - B 3 KR 9/19 R aaO).
3. Die Krankenkasse kann sich auf einen nicht rechtzeitig zustandegekommenen Arzt-Patienten-Kontakt nicht berufen, wenn die Verspätung in der Sphäre des Vertragsarztes liegt und auch der Krankenkasse zurechenbar ist.
4. Eine solche in der Sphäre des Vertragsarztes liegende Verspätung kann unter anderem in Fällen bestehen, in denen eine rechtzeitige Vorstellung des Versicherten in der Vertragsarztpraxis erfolgt, um eine weitere Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung zu erhalten, dem Versicherten seitens der Arztpraxis daraufhin aber ein nicht rechtzeitiger Termin zur Verlängerung der Arbeitsunfähigkeitsfeststellung angeboten wird und die Arztpraxis ggf noch auf An- bzw Nachfrage mitteilt, dass auch der spätere Termin für das Krankengeld unschädlich sei.
5. Lässt sich ein Fehlverhalten der Vertragsarztpraxis gegenüber dem Versicherten nicht nachweisen, dann ist dessen Anspruch auf Weiterbewilligung von Krankengeld nach § 46 S 2 SGB 5 ausgeschlossen.
Tenor
Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Frankfurt/Oder vom 26. März 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Krankengeld über den 5. März 2018 hinaus bis zum 24. Mai 2018.
Die Klägerin ist 1964 geboren und bei der Beklagten krankenversichert.
Sie war als Arbeitslosengeldbezieherin in der Krankenversicherung pflichtversichert und erkrankte im Januar 2017 arbeitsunfähig. Die Beklagte bewilligte Krankengeld. Am 18. Dezember 2017 wurde eine ärztliche Bescheinigung über das Weiterbestehen von Arbeitsunfähigkeit bis 31. Januar 2018 ausgestellt. Die Klägerin wurde am 3. Januar 2018 stationär in das Fachklinikum T aufgenommen und am 5. März 2018, einem Montag, entlassen. Die Aufenthaltsbescheinigung des Klinikums ging am 12. März 2018 bei der Beklagten ein. Aussagen zur Arbeitsfähigkeit waren weder in der Aufenthaltsbescheinigung noch einem Entlassungsbrief der Klinik vom 2. März 2018 enthalten. Die Klägerin suchte am 5. März 2018 die Praxis der behandelnden Ärztin W auf, um eine neue Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erhalten. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stellte die Ärztin an diesem Tag nicht aus, nach eigenen Angaben im Hinblick auf den Klinikaufenthalt, der noch einen Krankengeldanspruch vermittele.
Mit einer Folgebescheinigung vom 7. März 2018 stellte die Ärztin W für die Klägerin Arbeitsunfähigkeit seit dem 6. März 2018 bis zum 6. April 2018 fest.
Mit Bescheid vom 13. März 2018 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Krankengeldanspruch ende am 5. März 2018. Die am 18. Dezember 2017 beginnende Arbeitsunfähigkeit sei zunächst bis zum 31. Januar 2018 nachgewiesen, sie sei dann erst wieder am 7. März 2018 festgestellt. Ein Versicherungsschutz sei ab dem 6. März 2018 ohne Anspruch auf Krankengeld sichergestellt.
Die Klägerin erhob am 23. März 2018 Widerspruch unter Übersendung eines ärztlichen Attestes der Ärztin W vom 19. März 2018. Sie habe am 5. März 2018 nach Entlassung aus der Klinik in der Arztpraxis W einen Termin für den 7. März 2018 erhalten. Sie habe alles in ihrer Macht Stehende getan, um das Fortbestehen der Arbeitsunfähigkeit nahtlos bescheinigt zu erhalten. Die Ärztin bestätigte in dem beigefügten Attest dass die Klägerin sich am 5. März 2018 persönlich vorgestellt habe und, da aus Kapazitätsgründen kein anderer Termin mehr frei gewesen sei, habe sie für den 7. März 2018 einen Termin vereinbart. Die ärztliche Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit sei am 7. März 2018 rückwirkend zum 6. März 2018 erfolgt.
Für die Zeit ab dem 6. April 2018 reichte die Klägerin weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für die Zeit bis zum 5. Juni 2018 bei der Beklagten ein. Die Klägerin bezog ab dem 12. April 2018 Leistungen des SGB III sowie ab dem 25. Mai 2018 erneut Kranke...