Entscheidungsstichwort (Thema)
Befreiung von der Versicherungspflicht für einen im Beitrittsgebiet ehemals Selbständigen
Orientierungssatz
1. Die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) beschränkte sich zunächst auf die die Befreiung begründende selbständige Tätigkeit und stand der Versicherungspflicht in einem daneben ausgeübten Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen.
2. Mit § 231a SGB 6 wurde mit Wirkung vom 1. 1. 1992 bestimmt, dass selbständig Tätige, die am 31. 12. 1991 im Beitrittsgebiet aufgrund eines Versicherungsvertrags von der Versicherungspflicht befreit waren, in jeder Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit blieben.
3. § 231a S. 2 und 3 SGB 6 bestimmen hierzu, dass die selbständig Tätigen bis zum 31. 12. 1994 erklären können, dass die Befreiung von der Versicherungspflicht enden soll. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist.
4. Die erforderliche Erklärung kann nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden, wenn dem Rentenversicherungsträger eine Verletzung seiner Beratungs- und Auskunftspflicht nicht anzulasten ist.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 3. März 2014 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Aufhebung eines Bescheides über die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Die im September 1959 geborene Klägerin war bis Februar 1991 im Beitrittsgebiet versicherungspflichtig beschäftigt. Zum 01. März 1991 nahm sie eine selbständige Tätigkeit als Kauffrau auf, die sie bis Oktober 1993 ausübte.
Auf ihren im August 1991 gestellten Antrag, in dem sie angegeben hatte, von dem Merkblatt “Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 20 SVG„ Kenntnis genommen zu haben, und dem eine Bestätigung der D AG über einen Versicherungsvertrag mit Versicherungsbeginn zum 01. September 1991 beigefügt war, war die Klägerin mit Bescheid vom 19. November 1991 von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung ab 01. September 1991 nach § 20 Gesetz über die Sozialversicherung (SVG) befreit worden.
Nachdem wegen einer Beschäftigung der Klägerin ab November 1993 als Verkäuferin bei der K AG, weswegen bereits 1998 zur Klärung der Versicherungspflicht bei der Klägerin ermittelt worden war, von diesem Arbeitgeber im April 2000 erneut Pflichtbeiträge sowie anschließend für die Zeit vom 01. August bis 31. Dezember 2000 Pflichtbeiträge von der Bundesagentur für Arbeit gemeldet worden waren, stellte die K AG nach Hinweis der Beklagten auf die Befreiung der Klägerin von der Versicherungspflicht Antrag auf Beitragserstattung für die Zeit vom 01. November 1993 bis 07. Mai 2000.
Mit Bescheid vom 04. Oktober 2001 beanstandete die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (nachfolgend ebenfalls Beklagte genannt) gegenüber der Klägerin die für die Zeit vom 01. November 1993 bis 07. Mai 2000 entrichteten Pflichtbeiträge wegen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht als zu Unrecht gezahlt und rechtsunwirksam.
Auf den im April 2002 gestellten Antrag auf Feststellung der Rentenversicherungspflicht, den die Klägerin damit begründete, die Beklagte habe sie 1993 bei Aufnahme ihrer Beschäftigung als Verkäuferin nicht darüber informiert, dass sie spätestens im Dezember 1994 auf die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht habe verzichten können, erteilte die Beklagte den Bescheid vom 17. Mai 2002, mit dem sie die Rücknahme des Bescheides vom 19. November 1991 nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ablehnte: Im Zeitraum 1993/94 habe kein konkreter Anlass zur Beratung bzw. Aufklärung bestanden, da kein Verwaltungsverfahren vorgelegen habe. Damit bleibe die Klägerin nach § 231 a SGB VI in jeder Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit von der Versicherungspflicht befreit.
Daraufhin stellte auch die Klägerin einen Antrag auf Beitragserstattung, worauf die für den 01. November 1993 bis 07. Mai 2000 gezahlten Pflichtbeiträge erstattet wurden. Wegen einer weiteren Beschäftigung als Verkäuferin vom 01. April bis 31. Juli 2001 zahlte die B die entrichteten Pflichtbeiträge zurück.
Nach weiteren Beschäftigungen (nach Angaben der Klägerin von Oktober 2001 bis Januar 2002 und vom Juni 2002 bis Juni 2006 und von Juli 2007 bis Februar 2009) ohne Zahlung von Pflichtbeiträgen bezieht die Klägerin zwischenzeitlich Arbeitslosengeld II, weswegen von Oktober 2009 bis Dezember 2010 Pflichtbeiträge gezahlt wurden.
Den im Oktober 2011 wegen Funktionsbehinderung der Wirbelsäule infolge einer im Februar 2009 stattgefundenen Bandscheibenoperation gestellten Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Oktober 2011 ab: Bei einem angenommenen möglichen Eintritt der Erwerbsminderung am 04. Oktober 2011 (Rentenantrag) seien die besonderen versiche...