Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung: Rente wegen Erwerbsminderung. Wegefähigkeit bei einer Varizenerkrankung. Anforderungen an die Verweisungstätigkeit bei Berufsausübung als Wachmann
Orientierungssatz
1. Allein eine Varizenerkrankung kann eine für die Annahme einer Erwerbsminderung ausreichende Einschränkung der Wegefähigkeit nicht begründen.
2. Im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Berufsunfähigkeit bedarf es dann, wenn die letzte ausgeübte Berufstätigkeit die eines Wachmanns war, nicht der Benennung einer Verweisungstätigkeit, da dieser Beruf nicht den angelernten Tätigkeit im oberen Bereich zuzuordnen und somit die Verweisung auf einen bestimmten Beruf nicht geboten ist.
3. Einzelfall zur Beurteilung der Erwerbsminderung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der Kläger wurde 1956 im Gebiet der ehemaligen DDR geboren. Er durchlief von September 1970 bis August 1972 eine Ausbildung zum Tiefbaufacharbeiter, durchlief in der Achtziger Jahren mehrere Haftzeiten, war von Januar 1984 bis Juni 1990 als Viehpfleger tätig, war in der Zeit danach wiederholt arbeitslos bzw. arbeitsunfähig. Er war seit 1996 mit Unterbrechungen bis 2007 im Wach- und Personenschutz tätig. Der Kläger stellte unter dem 11. November 1996 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeit, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 09. Mai 1997 und Widerspruchsbescheid vom 02. Oktober 1997 mangels Vorliegens der medizinischen Voraussetzungen ablehnte. Gegen die Ablehnung nahm der Kläger zunächst gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch. Er beendete das gerichtliche Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt (Oder) zu S 6 RA 850/97 mit einer Klagerücknahme.
Der Kläger stellte unter dem 30. August 2008 einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente. Er wies auf Störungen in der Wirbelsäule hin. Die Beklagte ermittelte u.a. ein von der Bundesagentur für Arbeit veranlasstes “Gutachten mit umfänglicher Untersuchung„ (Gutachter Dr. E) vom 04. Juni 2008, in welchem dem Kläger bei dort beschriebenen qualitativen Leistungseinschränkungen ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bescheinigt wurde. Die Beklagte veranlasste eine Begutachtung des Klägers durch den Facharzt für Orthopädie Dr. G, welcher in seinem Gutachten vom 29. Oktober 2008 dem Kläger aufgrund einer ambulanten Untersuchung des Klägers unter den Diagnosen rezidivierendes Lumbalsyndrom, abklingendes Cervikalsyndrom und beginnende Arthrose im rechten Sprunggelenk ein vollschichtiges Leistungsvermögen für mittelschwere Arbeiten ohne wesentliche Einschränkungen (möglichst im Wechsel von Gehen und Stehen) bescheinigte.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 20. November 2008 ab. Der Kläger erhob unter dem 16. Dezember 2008 Widerspruch. Er verwies u.a. darauf, dass er nach dem Ergebnis der von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung in seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit nicht mehr einsetzbar sei. Die Beklagte zog die medizinische Dokumentation zum von der Bundesagentur veranlassten Begutachtung und einen Befundbericht der Fachärztin für Allgemeinmedizin K vom 13. Januar 2009 bei. Die Beklagte ließ durch den Facharzt für Neurologie Dr. G auf neurologischem Fachgebiet das Gutachten vom 20./ 27. April 2009 erstellen, wonach der klinisch-neurologische Befund bis auf eine inkonstant angegebene und nicht sicher zu objektivierende Minderempfindlichkeit am rechten Oberschenkel regelrecht war, die neurophysiologischen Zusatzbefunde unauffällig waren und eine wesentliche Beeinträchtigung durch die Schmerzsymptomatik sich weder anamnestisch noch klinisch objektivieren ließ. Der Kläger sei in seiner letzten Tätigkeit als Warenhausdetektiv und unter den Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts vollschichtig einsetzbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2009 zurück, weil es an den medizinischen Voraussetzungen einer Erwerbsminderungsrente fehle.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 23. Juli 2009 zum Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Er ist der Meinung gewesen, dass die Beklagte weder die Arthrose im Bereich der Halswirbelsäule noch die Kniearthrose berücksichtigt habe. Er hat zur Untermauerung seines Vorbringens ein Attest des Facharztes für Chirurgie Augstein vom 26. Mai 2009 vorgelegt. Das SG hat Befundberichte von den den Kläger behandelnden Ärzten und ein berufskundliches Gutachten des Sachverständigen R zu den Berufsbildern Versandfertigmacher und Pförtner beigezogen. Es hat aufgrund Beweisanordnung vom 19. November 2009 das schriftliche Sachverständigengutachten des Facharztes für Orthopädie/ Rheumatologie Dr. W vom 11. Mai 2010 eingeholt. Dieser hat nach einer ambulanten Untersuchung beim Kläger...