Entscheidungsstichwort (Thema)
Minderung des Arbeitslosengeld II. wiederholte Pflichtverletzung. Verhinderung der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses. Begrenzung der Sanktionshöhe gemäß Urteil des BVerfG. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Zur Rechtmäßigkeit einer Sanktion gemäß § 31 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 2 iVm § 31a Abs 1 SGB 2, soweit die Höhe der Minderung des Arbeitslosengeld II nach wiederholter Pflichtverletzung unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfG vom 5.11.2019 - 1 BvL 7/16 = BVerfGE 152, 68 = SozR 4-4200 § 31a Nr 3) auf 30 Prozent des maßgebenden Regelbedarfs begrenzt wurde.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 31. Januar 2017 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten auch für das Berufungsverfahren sind nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Minderung von Arbeitslosengeld II für den Zeitraum vom 1. August 2013 bis 31. Oktober 2013 in Höhe von noch 30 vom Hundert (v.H.) der Regelleistung.
Der 1957 geborene Kläger bezieht seit dem 1. Januar 2006 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 erließ der Beklagte eine Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt, mit der er den Kläger verpflichtete, beginnend mit dem Datum der Unterzeichnung monatlich jeweils acht Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und hierüber Nachweise in Form von Bewerbungsanschreiben und Reaktionen der Arbeitgeber zu erbringen. Dabei wurde bestimmt, dass bei der Stellensuche auch befristete Stellenangebote und Stellenangebote von Zeitarbeitsfirmen einzubeziehen seien. Der Eingliederungsvereinbarung war eine Rechtsfolgenbelehrung beigefügt. Wegen des vollständigen Inhalts des Eingliederungsverwaltungsaktes wird auf Blatt 7 - 9 der Gerichtsakte zum Verfahren S 189 AS 33311/12 Bezug genommen.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den der Beklagte als unbegründet zurückwies. Die dagegen beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage (S 34 AS 22401/12) nahm der Kläger im weiteren Verlauf zurück.
Mit Schreiben vom 18. Juli 2012 teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass er weder im Mai 2012 noch im Juni 2012 die angeforderten Bewerbungsbemühungen unternommen habe. Er werde auch zukünftig keine Bewerbungsbemühungen unternehmen, da er davon ausgehe, dass der Eingliederungsverwaltungsakt nichtig sei. Die Forderungen des Beklagten seien Nötigungen mit Androhung von Hunger und Obdachlosigkeit sowie amoralisch, menschenrechts- und grundrechtswidrig.
Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 24. Juli 2012 erließ der Beklagte am 12. September 2012 einen Sanktionsbescheid. In diesem stellte der Beklagte die Minderung des Arbeitslosengeld II Anspruches des Klägers für die Zeit vom 1. Oktober 2012 bis 31. Dezember 2012 in Höhe von 30 % des maßgebenden Regelbedarfes (112,20 Euro monatlich) fest.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. November 2012 als unbegründet zurück. Hiergegen hat der Kläger am 23. Dezember 2012 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben (Az.: S 189 AS 33311/12).
Am 18. Januar 2013 erließ der Beklagte eine weitere Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt für den Zeitraum vom 18. Januar 2013 bis 17. Juli 2013. Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 18. Februar 2013 Widerspruch, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. März 2013 als unbegründet zurückwies. Nach Anhörung des Klägers mit Schreiben vom 4. März 2013 zum Eintritt einer möglichen Sanktion stellte der Beklagte mit Bescheid vom 22. März 2013 eine Minderung des Arbeitslosengeldes des Klägers um 60 % des maßgebenden Regelbedarfes (229,20 Euro) monatlich für die Zeit vom 1. April 2013 bis 30. Juni 2013 fest. Den dagegen mit Schreiben vom 16. April 2013 erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2013 zurück.
Mit Bescheid vom 28. Juni 2013 wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. Juli 2013 bis 31. Dezember 2013 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von monatlich 754,96 Euro bewilligt. Hiervon entfielen 382,00 Euro auf die Regelleistung und 372,96 Euro auf die Kosten der Unterkunft und Heizung.
Hiergegen hat der Kläger am 15. Juli 2013 Klage zum Sozialgericht Berlin erhoben (S 156 AS 1976/13). Diese wurde mit Urteil vom 6. August 2015 abgewiesen. Gegen das Urteil legte der Kläger am 21. September 2015 Berufung zum Landessozialgericht Berlin Brandenburg ein (Az.: L 32 AS 2354/15). Mit Urteil vom 14. Oktober 2020 hat das Landessozialgericht die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin, soweit noch eine Minderung von ALG II in Höhe von 30 v.H. streitgegenständlich war, zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2013 übersandte der Beklagte dem Kläger einen Vermittlungsvorschlag für eine Stelle als Kundenbetreuer in einem Ca...