Entscheidungsstichwort (Thema)
Gleichstellung eines DDR-Facharbeiterzeugnisses mit bundesdeutschem Facharbeiterbrief
Orientierungssatz
1. Das DDR-Facharbeiterzeugnis eines Baufacharbeiters ist nach Artikel 37 Abs. 3 des Einigungsvertrags der einem bundesdeutschen Facharbeiterbrief gleichwertige Nachweis der Fähigkeiten, die nach dem Mehrstufenschema des BSG den Berufsschutz eines Facharbeiters mit einer Ausbildung von in der Regel mehr als zwei Jahren begründet. Der Zusatz "Lizenz-Montage" bedeutet keine fachliche Beschränkung auf einfache Montagetätigkeiten an niedrigen Gebäuden, sondern die verbriefte Befähigung, auch die nötigen komplexeren Maurertätigkeiten an Plattenhochhäusern zu verrichten.
2. Die Verweisungstätigkeit eines Telefonisten setzt Sprachgewandtheit und Übung im Umgang mit elektronischer Datenverarbeitung voraus, welche ein Baufacharbeiter nicht ohne Weiteres besitzt.
3. Ein Maurer-Facharbeiter kann nicht zur Versagung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB 6 auf die Tätigkeit als Pförtner verwiesen werden (Anschluss an BSG, Urteil vom 20.06. 2002, B 3 RJ 3/02 R).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 6. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte erstattet dem Kläger auch die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1952 geborene Kläger trat aufgrund eines Lehrvertrags vom 14. Mai 1998 beim VE Wkombinat B am 1. September 1968 eine zweijährige Ausbildung zum Baufacharbeiter an. Er bestand ausweislich des Facharbeiterzeugnisses am 30. Juni 1970 die Prüfung als Baufacharbeiter. Das Zeugnis enthält den Zusatz “(Lizenz - Montage)„. Danach war er aufgrund eines Arbeitsvertrags vom 8. Juni 1970 vom 1. Juli bis zum 6. September 1970 und nach einem zwischenzeitlichen Besuch der Ingenieurschule Berlin vom 8. Februar 1971 bis 31. Januar 1973 in seinem Ausbildungsbetrieb als Baufacharbeiter und aufgrund eines mit dem VEB B W geschlossenen Arbeitsvertrags vom 31. Januar 1973 seit 1. Februar 1973 als Maurer beschäftigt. Ab August 1990 war der Kläger bei unterschiedlichen Arbeitgebern im Baugewerbe beschäftigt. Es liegen Arbeitsverträge mit den folgenden Tätigkeitsbeschreibungen vor:
- vom 29. Juni 1990 - Maurer, Putz- und Betonarbeiter,
- vom 23. Juli 1992 - Maurer mit ständig wechselnder Einsatztätigkeit,
- vom 1. März 1993 - Polier,
- vom 1. November 1994 - Vorarbeiter/ Trockenbau,
- vom 20. April 1995 - Putzer,
- vom 2. Mai 1996 - Maurer/ Polier mit Bauleitung, Planung,
- vom 1. November 1996 - Polier,
- vom 25. April 1997 - Polier, Maurer, Trockenbau,
- vom 1. Oktober 1997 - Maurer/ Putzer,
- vom 27. August 1998 - Vorarbeiter,
- vom 1. Juni 1999 - Maurer,
- vom 5. Oktober 1999 - Maurer/ Putzer,
- vom 2. Januar 2000 - Vorarbeiter,
- vom 27. Juli 2002 - Maurer/ Putzer,
- vom 30. April 2004 - Maurer/ Putzer.
Nach einer Arbeitgeberauskunft vom 30. Juli 2007 war der Kläger vom 7. Juni bis zum 20. August 1999 als Maurer mit den Aufgaben allgemeine Maurerarbeiten, Verputzen, Mauern, Betonieren beschäftigt. Nach einem Arbeitszeugnis vom 6. August 2007 war der Kläger vom 2. Januar bis zum 31. Oktober 2000 als Vorarbeiter im Bauhandwerk tätig. Laut einem Arbeitszeugnis vom 28. Mai 2003 war der Kläger vom 1. Juli 2002 bis zum 31. Mai 2003 als Polier mit der Organisation und der Durchführung der anfallenden Baustellenarbeiten befasst. Der Kläger war ab August 2004 arbeitslos, bezog aufgrund einer ab 4. November 2004 festgestellten Arbeitsunfähigkeit ab 16. Dezember 2004 Krankengeld und durchlief vom 22. März bis zum 12. April 2005 eine medizinische Rehabilitationsmaßnahme.
Der Kläger stellte am 20. Juli 2005 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, welchen er mit langjährigen Rückenleiden einschließlich Nacken-, Schulter- und Halswirbelsäulenbeschwerden, Bandscheibenvorfall, Bewegungseinschränkungen, Taubheits- und Erstickungsgefühl, Bluthochdruck sowie erhöhtem Cholesterinpegel begründete. Die Beklagte holte ein Sachverständigengutachten des Facharztes für Innere Medizin Dr. F vom 21. September 2005 ein. Dieser stellte beim Kläger nach einer körperlichen Untersuchung am 25. August 2005 ein belastungsinduziertes HWS- und LWS-Syndrom bei röntgenologisch nachgewiesenen degenerativen Veränderungen im Bereich der HWS und Bandscheibenprolaps in Höhe C 4/5 und mäßige Funktionseinschränkungen, belastungsinduzierte Schultergelenksbeschwerden rechts mit mäßigen Funktionseinschränkungen sowie labilen Hypertonus, mit einer Zweifachtherapie grenzwertig eingestellt, fest. Der Sachverständige kam zum Ergebnis, dass der Kläger seine letzte berufliche Tätigkeit als Maurer nur noch unter drei Stunden wöchentlich ausüben könne. Ihm sei seit Antragstellung die Verrichtung leichter bis mittelschwerer Tätigkeiten überwiegend im Stehen,...