Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. betriebliche Voraussetzung. volkseigener Produktionsbetrieb. Privatisierung. Stichtag. "leere Hülle"
Leitsatz (amtlich)
Ist ein volkseigener Produktionsbetrieb vor dem 30.6.1990 privatisiert worden und sind auch die Produktionsmittel vor dem Stichtag auf den privatisierten Betrieb übergegangen, so ist die betriebliche Voraussetzung die Zugehörigkeit zum Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten nicht erfüllt, weil der VEB nur noch als "leere Hülle" existierte.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 27. September 2005 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, den Zeitraum vom 01. November 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der 1939 geborene Kläger erwarb am 19. Juli 1962 einen Abschluss als Ingenieur für Fernmeldetechnik (Ingenieurschule für Schwermaschinenbau und Elektrotechnik Berlin) und am 28. Juni 1972 die Berechtigung, den Titel “Diplomingenieurökonom„ (Technische Universität Dresden) zu führen. Ausweislich des vorgelegten Versicherungsausweises und der Arbeitsbescheinigung arbeitete er vom 03. September 1962 bis zum 30. Juni 1992 beim VEB Berliner Glühlampenwerk bzw. später VEB NARVA “Rosa Luxemburg„ Berliner Glühlampenwerk bzw. dessen Rechtsnachfolgerin, der NARVA Berliner Glühlampenwerk GmbH als Kapazitätsplaner (01. November 1963 - 31. Dezember 1965) und ab dem 01. Januar 1966 als Gruppenleiter, Abteilungsleiter Planung (01. April 1988 - 31. März 1991) bzw. Controller (01. April 1991 - 30. Juni 1992).
Eine Versorgungszusage wurde ihm nicht erteilt; er hat auch nicht vorgetragen, einen einzelvertraglichen Anspruch auf eine derartige Zusage gehabt zu haben. Der Freiwilligen-Zusatzrenten-Versicherung (FZR) trat der Kläger zum 01. Oktober 1979 bei.
Seinen Antrag vom 13. August 2003, die Beschäftigungszeiten beim VEB NARVA “Rosa Luxemburg„ als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem System der zusätzlichen Altersversorgung gemäß Anlage 1 zum AAÜG festzustellen, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 27. November 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 ab. Es habe keine positive Versorgungszusage zu Zeiten der DDR bestanden. Auch habe der Versicherte keinen Anspruch darauf gehabt. Er sei zwar zur Führung des Titels eines Ingenieurs berechtigt gewesen, habe aber als Gruppenleiter/Kapazitätsplaner keine seiner Qualifikation entsprechende Beschäftigung ausgeübt.
Mit seiner hiergegen am 24. März 2004 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass er die Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVItech erfüllt habe. Er sei Ingenieur und auch als Ingenieur, nämlich als Konstruktionsingenieur, Kapazitätsplaner und Gruppenleiter beschäftigt gewesen. Entsprechend sei er auch nach den ingenieurtechnischen Gehaltsgruppen vergütet worden. Seine Tätigkeiten hätten der technologischen Vorbereitung des Produktionsprozesses gedient. Weiter habe er wesentlich an der Investitionsvorbereitung mitgewirkt und sei auch zeitweise direkt in der Produktion eingesetzt gewesen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat gemeint, die Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz sei nicht für die gesamte technische Intelligenz, sondern nur für die ingenieurtechnisch Tätigen mit hervorragendem Einfluss auf die Produktion eingeführt worden. Die vom Kläger ausgeübten Tätigkeiten hätten nicht den ingenieurtechnischen Tätigkeiten mit einem solchen Einfluss auf die Produktion entsprochen.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Urteil vom 27. September 2005 der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27. November 2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Februar 2004 verurteilt, die Beschäftigungszeit vom 01. November 1963 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz sowie die während dieser Zeit erzielten Entgelte festzustellen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe einen Anspruch auf Gleichstellung mit den in die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz Einbezogenen, weil er die Voraussetzungen für die Einbeziehung erfülle. Er sei unstreitig berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, und auch ingenieurtechnisch im Sinne der Versorgungsordnung beschäftigt gewesen. Ohne den Ingenieurabschluss habe er die Tätigkeiten nicht ausführen können. Die Beklagte überspanne die Anforderungen, wenn sie eine...