Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherung. Notarzt. selbstständige Tätigkeit
Orientierungssatz
Ein Notarzt, der sich am Standort des Notarzteinsatzfahrzeuges während seiner Dienstbereitschaft aufhält und über die notwendige Therapie und ggf Krankenhauseinweisung eigenverantwortlich entscheidet, übt keine abhängige Beschäftigung aus, sondern ist selbstständig tätig.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 26. Februar 2013 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 30. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2010 sowie der Bescheid vom 23. Juni 2011 werden aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Beigeladene zu 1) in seiner Tätigkeit bei der Klägerin ab dem 29. Oktober 2009 nicht der Versicherungspflicht zur gesetzlichen Pflegeversicherung und der Arbeitslosenversicherung unterliegt. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen, welche diese selbst zu tragen haben.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,00 € festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit ist der Sache nach der sozialversicherungsrechtliche Status der -bislang nur vom 18. Januar 2010 bis zum 20. Januar 2010 ausgeübten- Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) (nachfolgend nur noch “der Beigeladene„) als Rettungsarzt für die Klägerin als Trägerin eines Krankenhauses. Als solches hat sie nach dem Gesetz über den Rettungsdienst im Land Brandenburg (Brandenburgisches Rettungsdienstgesetz - BbgRettG) vom 14. Juli 2008 wie auch nach dem Vorgängergesetz vom 8. Mai 1992 dem Träger des Rettungsdienstes Fachpersonal zur Verfügung zu stellen. Träger des Rettungsdienstes ist im betreffenden Gebiet der Landkreis .
Die konkreten Zurverfügungstellungen erfolgen auf Grundlage des Vertrages zwischen dem Landkreis und der Klägerin vom 06. Juni 1995.
Am Standort des Krankenhauses L befindet sich auch ein Standort des Notarztrettungswagens, der vom Träger des Rettungsdienstes inklusive der notwendigen medizinischen Geräte, Hilfsmittel und Medikamente vorgehalten wird.
Der Stationierungsort für den Notarztwagen ist nicht in den Klinikbetrieb eingebunden. Die Klägerin stellt in ihrem Krankenhaus lediglich ein Bereitschaftszimmer zur Verfügung.
Der Beigeladene ist als Vertragsarzt zugelassen und betreibt eine eigene Praxis. Daneben ist er als Honorararzt, Notarzt und Vertreter in Rettungsstellen tätig.
Am 12. November 2009 beantragten die Klägerin und der Beigeladene bei der Beklagten die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin. Der Beigeladene beschrieb seine Tätigkeit wie folgt:
Nach Bedarf Ableistung selbständiger Notarzteinsätze bei verschiedenen Arbeitsgebern/eigene Einsatzkleidung, Stethoskop.
Er gab an, seine Tätigkeit als Notarzt und Facharzt für Chirurgie in eigener Verantwortung und auf sein ärztliches Risiko hin auszuüben. Er arbeite auf Honorarbasis bei verschiedenen Auftraggebern. Die Aufträge erhalte er per E-Mail bzw. trage sich selbständig in Internetdienstpläne ein. Er habe ähnlich lautende Verträge wie mit der Klägerin mit ca. 20 Einrichtungen abgeschlossen.
Er arbeite im Einsatz mit dem Rettungsdienstpersonal zusammen.
Grundlage der Tätigkeit zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen ist der “Honorarvertrag„ vom 21. Oktober 2009. Dort heißt es u. a.:
§ 1
Inhalt der Tätigkeit
(1) Der Auftraggeber vereinbart mit dem Auftragnehmer im gegenseitigen Einvernehmen, dass der Auftragnehmer ab 29. Oktober 2009 im Rahmen der ihm übertragenen notärztlichen Versorgung im öffentlichen Rettungsdienst am Standort L auf den seitens des Trägers des Rettungsdienstes bereitgestellten Fahrzeugen als Notarzt arbeitet. Der Auftragnehmer nimmt den Auftrag an.
§ 2
Durchführung des Dienstes
(1) Für die Aufgaben des Auftragnehmers als Notarzt wird auf das Rettungsdienstgesetz ergänzend Bezug genommen.
(2) Der Auftragnehmer wird infolge der im Rahmen der ärztlichen Versorgung bestehenden besonderen Anforderungen an die fachliche Qualifikation selbst tätig. Bei Abschluss dieses Vertrages weist der Auftragnehmer dem Auftraggeber seine Approbation und seine Qualifikation für den Rettungsdienst (…) nach. (…)
(3) Der Auftragnehmer verpflichtet sich, eigenverantwortlich dafür Sorge zu tragen, dass er sich theoretisch und praktisch, insbesondere im Rahmen der standesrechtlichen Verpflichtungen, fortbildet. Es besteht eine Fort- und Weiterbildungspflicht. Der Auftraggeber kann diesbezüglich Nachweise verlangen.
§ 4
Rechtstellung des Auftragnehmers
(1) Zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer kommt ein Honorarvertrag zustande. Der Auftragnehmer steht in keinerlei Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber. Er bleibt selbständiger Unternehmer. Dies beruht auf dem ausdrücklichen Wunsch des Auftragnehmers, um anderen Tätigkeiten nachgehen zu können. Steuern und Sozialabgaben führt der Auftragnehmer ab, soweit dies erforderlich ist. Urlaub- und Entgeltfortzahl...