Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Einführung der Fallpauschalen. Überschreitung der Grenzverweildauer. medizinische Behandlungsnotwendigkeit. Begriff der Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit
Orientierungssatz
1. Auch wenn durch die Einführung der Fallpauschalen für den Regelfall erreicht werden sollte, dass für die medizinische Notwendigkeit der Behandlung die Verweildauer im Krankenhaus regelmäßig nicht mehr geprüft wird, gilt jedenfalls für Entgelte, die nach Überschreitung der Grenzverweildauer zusätzlich zu einer Fallpauschale gezahlt werden sollen, etwas anderes (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 1 KR 24/08 R = BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17). Hier kommt es weiter darauf an, dass die medizinische Behandlungsnotwendigkeit iS des § 39 Abs 1 S 2 SGB 5 für die zusätzliche Behandlungsdauer bestanden hat.
2. Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 SGB 5 besteht, wenn ein Versicherter aus medizinischen Gründen auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses angewiesen ist (vgl BSG vom 30.6.2009 - B 1 KR 24/08 R aaO).
Normenkette
SGB V § 39 Abs. 1 S. 2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 301 Abs. 1 S. 1 Nrn. 1, 3, § 275 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 1c S. 2, § 276 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2; KHEntG § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 9; KHG § 17b Abs. 2
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam v. 5. April 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig sind die Kosten für einen Tag Krankenhausaufenthalt.
Die Versicherte der Beklagten I G war zunächst vom 22. Juli 2007 bis 30. Juli 2007 stationär im Krankenhaus der Klägerin als Notfall wegen einer akuten abdominellen Kolik bei Vasculitis behandelt worden, der Entlassungsbericht nennt als Hauptdiagnose Leucozystoklastische Vasculitis, am ehesten Purpura Schoenlein-Henoch. Am 6. August 2007 nahm die Klägerin die Versicherte erneut auf mit einer Unabweisbarkeitsbescheinigung, wonach wegen Purpura Schoenlein Henoch mit abdominellen Schmerzen eine Gefahr für das Leben bestehe. Die Versicherte blieb bis zum 15. August 2007 bei der Klägerin und wurde dann in das S K B zur weiterführenden Diagnostik verlegt, wo sie bis zum 18. August 2007 verblieb. Anschließend war die Versicherte vom 19. August 2007 bis 30. August 2007 wieder bei der Klägerin in Behandlung
Mit Rechnung vom 20. August 2007 stellte die Klägerin der Beklagten für die Behandlung der Versicherten während der Zeit vom 22. Juli 2007 bis 15. August 2007 einen Betrag von 2.727,60 € in Rechnung. Abgerechnet wurde (u.a.) die DRG-Fallpauschale Q60c mit einem zusätzlichen Behandlungstag.
Die Beklagte zahlte zunächst und erteilte dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) am selben Tag (12. September 2007) einen Begutachtungsauftrag wegen der Verweildauer. Der MDK zeigte der Klägerin mit Schreiben vom 14. September 2007 unter Hinweis auf die §§ 275 Abs. 1c, 275 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V die Prüfung an. Er wertete die von der Klägerin gemäß § 301 Abs. 1 Satz 1 SGB V übermittelten Daten aus und befand dann am 14. September 2007 gegenüber der Beklagten, dass nur der Behandlungszeitraum vom 22. Juli 2007 bis 14. August 2007 medizinisch begründet sei. Am 15. August 2007 habe keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Es seien keine medizinischen Sachverhalte abzuleiten, welche die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer von 17 Tagen um einen Tag begründeten. Die Entlassung habe auch am 14. August 2007 erfolgen können.
Daraufhin erklärte die Beklagte am 28. Dezember 2007 unter Bezugnahme auf die Einschätzung des MDK gegenüber der Klägerin, dass sie den unter Vorbehalt gezahlten Rechnungsbetrag maschinell verrechnen und eine Neuanweisung in gekürzter Höhe veranlassen werde. Entsprechend zahlte sie am 9. Januar 2008 dann lediglich 2.495,34 €.
Mit der am 30. April 2008 bei dem Sozialgericht P eingegangenen Klage begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 230,01 € (Differenzbetrag zwischen in Rechnung gestellter und tatsächlich gezahlter Summe abzüglich des Betrags für die Anschubfinanzierung nach § 140d SGB V) nebst Zinsen. Die Klägerin hat zunächst geltend gemacht, dass die Beklagte keine substantiierten Einwände gegen die Forderung vorgebracht habe, da die gesetzlich vorgesehene Begutachtung durch den MDK nicht durchgeführt worden sei. Aus der anschließenden Weiterbehandlung der Versicherten im S K B ergebe sich, dass auch am 15. August 2007 die stationäre Behandlung der Klägerin erforderlich gewesen sei.
Die Beklagte befragte erneut den MDK, der auch in Kenntnis des von der Klägerin über die Versicherte erstellten Krankenhausentlassungsberichts bei seiner Auffassung blieb, dass die Verlegung bereits am 14. August 2007 hätte vorgenommen werden können. Darauf entgegnete die Klägerin, dass das weiterbehandelnde Krankenhauses zur Aufnahme der Versicherten erst am 15. August 2007 bereit gewesen sei. ...