Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenhaus. Fallpauschalenvergütung. künstliche Beatmung iSd DKR 2010. Nasen-CPAP auf Beatmungszeit anrechenbar
Leitsatz (amtlich)
Nach den Kodierrichtlinien 2010 (juris: DKR 2010) ist eine Beatmung mittels Nasen-CPAP auf die Dauer der künstlichen Beatmung anzurechnen.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 29. November 2013 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung für eine stationäre Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin übernahm am 17. Juni 2010 die Versicherte der Beklagten E K aus dem St. J Krankenhaus zur stationären Behandlung. Am 18. Juni 2010 wurde die Versicherte auf die Intensivstation verlegt, wo am 19. Juni 2010 um 13:45 Uhr mit ihrer assistierenden Beatmung mittels Nasen-CPAP (Continuous Positive Airway Pressure) begonnen wurde. Um 14:15 Uhr wurde die Versicherte intubiert und seitdem kontrolliert beatmet, bis sie am 23. Juni 2010 um 13:00 Uhr verstarb.
Für die Behandlung der Versicherten kodierte die Klägerin die DRG A13F und stellte der Beklagten einen Betrag von 7.785,17 € in Rechnung. Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit der Prüfung, die der Klägerin mit Schreiben vom 2. August 2010 angezeigt wurde. In seinem Gutachten vom 29. März 2011 befand der MDK, dass die Abrechnung nicht korrekt sei. Die DRG A13F dürfe nur angesteuert werden, wenn die künstliche Beatmung länger als 95 Stunden gedauert habe. Die Versicherte sei aber nur vom 19. Juni 2010, 14:15 Uhr bis zum 23. Juni 2010, 13:00 Uhr künstlich beatmet worden (aufgerundet 95 Stunden). Die Nasen-CPAP am 19. Juni 2015 von 13:45 Uhr bis 14:15 Uhr zähle nicht mit. Unter diesen Voraussetzungen ergebe sich das leistungsgerechte Entgelt aus der DRG B16Z, so dass Anspruch nur auf 4.546,89 € bestehe. Den Differenzbetrag von 3.238,28 € verrechnete die Beklagte am 20. Mai 2011 mit einer anderen Forderung der Klägerin.
Mit der am 13. Dezember 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Klage begehrt die Klägerin, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.238,28 € nebst Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20. Mai 2011 sowie 300,- € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Das Sozialgericht hat die Beklagte am 29. November 2012 antragsgemäß verurteilt. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Notwendigkeit der Behandlung der Versicherten im Krankenhaus stehe außer Streit. Es komme allein darauf an, ob die Versorgung der Versicherten mit der Nasen-CPAP mittels High-Flow-Ventilation als Beatmungsstunden anzurechnen sei. Aus der Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf Urt. v. 8. November 2011 - B 1 KR 8/11 R) ergebe sich, dass die Abrechnungsvorschriften wortlautgetreu auszulegen seien. Eine maschinelle Beatmung im Sinne der Kodierrichtlinien liege vor, weil die Versicherte intensivmedizinisch versorgt worden sei. Denn nach der einschlägigen Definition könne bei intensiv medizinisch versorgten Patienten eine maschinelle Beatmung auch über Maskensysteme erfolgen, wenn diese anstelle der bisher üblichen Intubation oder Tracheotomie eingesetzt würden. Die von der Beklagten in Bezug genommene Rechtsauffassung des Landessozialgerichts für das Saarland, wonach eine künstliche Beatmung ausschließlich vorliege, wenn Gas in die Lunge bewegt werde, sei unzutreffend. Nach den Kodierrichtlinien reiche das Verstärken der eigenen Atmung aus und sei der Patient nur in der Regel intubiert oder tracheotomiert. Unter einer nicht-invasiven Beatmung oder non-invasiven positiv Pressure-Ventilation werde eine mechanische Unterstützung der Atmung ohne endotrachialen Zugang verstanden. Über verschiedene Arten von Gesichtsmasken erfolge wie bei der invasiven Beatmung eine Überdruckbeatmung. Prinzipiell könne jede Beatmungsform auch nichtinvasiv durchgeführt werden. Daran zeige sich, dass eine maschinelle Beatmung auch vorliege, wenn eine Beatmung über ein Maskensystem erfolge. Aus dem 2010 erschienenen Buch “Grundlagen der maschinellen Beatmung„ von Jörg Rathgeber ergebe sich, dass in der jüngsten Vergangenheit ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe, die nicht invasive Beatmung heute bei zahlreichen Indikationen eine mögliche Alternative zur klassischen Beatmung darstelle. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass eine Beatmung über eine Nasen-CPAP sogar einen höheren Aufwand erfordere als eine tracheogesteuerte Beatmung.
Gegen das ihr am 10. Januar 2013 zugestellte Urteil richtet sich die am 7. Februar 2013 bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingegangene Berufung der Beklagten. Für die Bewertung komme es nur auf die nach den Kodierrichtlinien anzusetzende maschinelle Beatmung an. Die streitgegenständliche Masken-CPAP gehöre nicht dazu, weil sie nach den Kodierrichtlinien nur im Rahmen einer Entwöhnung nach erfolgter maschineller ...