Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Höhe der Krankenhausvergütung bei künstlicher Beatmung des Versicherten
Orientierungssatz
1. Die Krankenhausvergütung für stationäre Behandlung des Versicherten bemisst sich entsprechend §§ 109 Abs 4 S 3 SGB 5, 7 KHEntgG und 17b KHG nach vertraglichen Fallpauschalen. Die Abrechnungsbestimmungen sind innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert.
2. Welche der Abrechnungen künstlicher Beatmung maßgeblichen Diagnosis Related Groups (DRG) -
A13G oder A11F - in Frage kommt, hängt entscheidend davon ab, welcher zeitliche Umfang an Beatmung im Rahmen des Groupierungsvorgangs eingegeben wird, und zwar weniger als 250 oder mehr als 249 Stunden.
3. Eine druckunterstützte CPAP-Maskenbeatmung des Versicherten auf der Intensivstation stellt keine maschinelle Beatmung iS der DKR 2010 Nr 1001h Abs 1 S 1 oder S 4 dar.
4. Die Dauer der Entwöhnung wird insgesamt bei der Berechnung der Beatmungsdauer eines Patienten hinzugezählt. Obwohl die Versorgung mit einer Masken-CPAP keine künstliche Beatmung darstellt, kann sie im Rahmen einer Entwöhnung von der maschinellen Beatmung bei der Beatmungszeit berücksichtigt werden.
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 06.07.2015 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die Kosten des Verfahrens in zweiter Instanz.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Vergütungshöhe von Krankenhausleistungen der Beklagten und dabei insbesondere der zeitliche Umfang der zu kodierenden Beatmung.
Der bei der Klägerin versicherte C S wurde vom 23.06. bis zum 05.07.2010 in der Klinik der Beklagten behandelt und dabei zunächst über einen Tubus beatmet. Am 28.06.2010 entfernte der Versicherte den Tubus eigenmächtig. Die Beklagte beatmete ihn an diesem und am Folgetag mittels Maske und CPAP- (Continuous Positive Airway Pressure) bzw. BiPAP-Therapie (Biphasic Positive Airway Pressure). Anschließend wurde der Versicherte erneut intubiert und weiter beatmet. Die Beklagte rechnete hierfür am 07.10.2010 25.280,71 EUR ab. Die Klägerin beglich diese Forderung, schaltete jedoch den medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Überprüfung der Abrechnung ein. Dieser vertrat die Auffassung, dass nur 241 Beatmungsstunden anzuerkennen seien statt abgerechneter 264 Stunden (Gutachten vom 23.12.2010). Die für die anzusetzende Diagnose bezogene Fallgruppe (Diagnosis Related Groups = DRG) sei die A13G ("Beatmung ) 95 und ( 250 Stunden ohne komplexe oder bestimmte OR-Prozedur, ohne intensivmedizin. Komplexbehandlung ) 588 / 552 Punkte, ohne kompliz. Konst. Alter ) 15 J., oder verstorben oder verlegt ( 9 Tage, ohne kompl. Diagnose, ohne kompl. Prozedur") und nicht die von der Beklagten angesetzte A11F ("Beatmung ) 249 und ( 500 Stunden ohne komplexe OR-Prozedur, ohne bestimmte OR-Prozedur, ohne komplizierende Konstellation, ohne intensivmed. Komplexbehandlung ) 1176 / 1104 Aufwandspunkte, Alter ) 5 J. mit kompl. Diagn. oder Proz. oder Alter ( 16 J."). Die Beatmungszeiten mittels Masken-CPAP seien nicht hinzuzuzählen.
Die Beklagte widersprach dieser Ansicht. Der von der Klägerin daraufhin erneut eingeschaltete MDK führte aus: Zwar könnten weitere vier Stunden und 20 Minuten an nichtinvasiver BiPAP-Beatmung am 29.06.2010 berücksichtigt werden, so dass insgesamt von 246 Stunden Beatmungszeit auszugehen sei. Diese überschritten die Grenze von mehr als 249 Beatmungsstunden jedoch weiterhin nicht, so dass es beim DRG A13G bleibe. Diese Auffassung änderten MDK und Klägerin auch nach neuerlichen Einwänden der Beklagten nicht.
Die Klägerin bezifferte die von ihr zu viel gezahlte Vergütung für die Behandlung des Versicherten S mit 11.879,30 EUR und forderte die Beklagte auf, diesen Betrag bis zum 05.06.2011 zurückzuerstatten (Schreiben vom 05.05.2011). Diesem Begehren kam die Beklagte nicht nach, auch nicht, nachdem mit Schreiben vom 04.01.2012 letztmalig an die Rückerstattung bis spätestens zum 18.01.2012 erinnert worden war.
Die Klägerin hat daraufhin am 12.04.2012 Klage erhoben und Erstattung überzahlter Krankenhausvergütung i.H.v. 11.879,30 EUR begehrt. Die Beklagte habe bei der Abrechnung der von ihr erbrachten Krankenhausleistungen zu Unrecht die DRG A11F in Ansatz gebracht. Die dafür erforderlichen zumindest 250 Beatmungsstunden habe sie nicht erbracht. Beatmungszeiten mittels Masken-CPAP seien insoweit nicht zu berücksichtigen, da der Versicherte an keinem der beiden betroffenen Kalendertage - weder am 28. noch am 29.06.2010 - zumindest sechs Stunden mittels Masken-CPAP beatmet worden sei. Dieser kalendertägliche Zeitaufwand sei jedoch nach der Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) erforderlich, wenn Beatmungszeiten mittels Masken-CPAP im Rahmen einer Entwöhnung von der maschinellen Beatmung als Beatmungszeiten berücksichtigt werden sollten. Als (eigene) maschinelle Beatmung könnten die Zeiten der Masken-CPAP-Therapie ebenfalls nicht berücksichtigt werden. Dies ergebe sich u.a. aus einem ...