Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Stellungnahmeberechtigung nach § 137f Abs 8 S 2 SGB 5. maßgebliche Spitzenorganisation
Orientierungssatz
1. Zur Frage, ob eine maßgebliche Spitzenorganisation im Sinne von § 137f Abs 8 S 2 SGB 5 vorliegt.
2. Das Urteil ist durch nachträglich erfolgte Klagerücknahme gegenstandslos.
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 19. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2020 und des Plenumsbeschlusses vom 18. Februar 2021 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger eine maßgebliche Spitzenorganisation zur Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene nach § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V ist.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 50.000,- € festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Klägers als maßgebliche Spitzenorganisation der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene gemäß § 137f Abs. 8 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) durch den beklagten Gemeinsamen Bundesausschuss.
Der satzungsrechtliche Zweck des Klägers, der rund 400 Mitgliedsunternehmen bei 260 ordentlichen Mitgliedern (Stand 21. Juni 2020) hat, ist die Vertretung der Interessen der Arzneimittel- und Medizinprodukteindustrie (§ 2 Abs. 1 der Satzung). Mitglieder des Klägers können auch eingetragene Firmen sein, die solche Produkte herstellen, die digitale Gesundheitsanwendungen sind (§ 4 Abs. 1 Satz 1 der Satzung). Derzeit betreiben bzw vermarkten 20 ordentliche Mitglieder des Klägers digitale medizinische Anwendungen.
Der Beklagte prüft - seit dem Inkrafttreten von § 137f Abs. 8 SGB V am 11. Mai 2019 (eingefügt durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz ≪TSVG≫ vom 6. Mai 2019 - BGBl I 646) - bei der Erstfassung einer Richtlinie (RL) zu den Anforderungen nach § 137f Abs. 2 SGB V für strukturierte Behandlungsprogramme bei chronischen Krankheiten iSv § 137f Abs. 1 SGB V (Disease Management Programm ≪DMP≫; eingeführt in der gesetzlichen Krankenversicherung ≪GKV≫ zum 1. Januar 2002 durch das Gesetz zur Reform des Risikostrukturausgleiches ≪RSA≫ in der GKV vom 10. Dezember 2001 ≪BGBl I S 3465≫; bislang existieren DMP zu folgenden chronischen Erkrankungen: Asthma bronchiale, Brustkrebs, chronische Herzinsuffizienz, chronischer Rückenschmerz, chronisch obstruktive Lungenerkrankung, Depressionen, Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2, koronare Herzkrankheit, Osteoporose, rheumatoide Arthritis) sowie bei jeder regelmäßigen Überprüfung seiner RL nach § 137f Abs. 2 Satz 6 SGB V die Aufnahme geeigneter digitaler medizinischer Anwendungen. Er hat den für die Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenorganisationen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; die Stellungnahmen sind in die Entscheidungen einzubeziehen (§ 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V). Hierauf gestützt beantragte der Kläger am 23. August 2019 die Anerkennung als stellungnahmeberechtigte Organisation gemäß § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V.
Der Beklagte lehnte diesen Antrag unter Bezugnahme auf § 9 Abs. 2 des 1. Kapitels seiner Verfahrensordnung (VerfO-GBA) ab, weil Hauptzielsetzung des Klägers nicht die Interessenvertretung der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen sei (Bescheid vom 19. Dezember 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30. Juli 2020 und des Plenumsbeschlusses vom 18. Februar 2021). Als stellungnahmeberechtigte Organisationen sind durch den Beklagten anerkannt (vgl Beschlüsse vom 19. Dezember 2019 und 18. Juni 2020): Bverband M eV, Bverband der H eV (jetzt Bverband der H eV), B Bundesverband I, T und neue Medien eV, V Verband der D eV, S D I für O, eV, Bundesinnung der H, Sverband eV.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen des Beklagten und dessen Verpflichtung, festzustellen, dass der Kläger eine für die Wahrnehmung der Interessen der Anbieter digitaler medizinischer Anwendungen auf Bundesebene maßgebliche Spitzenorganisation nach § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V ist und in den Kreis der stellungnahmeberechtigten Organisationen aufgenommen wird. Seine Legitimation folge bereits aus seiner Satzung. Überdies gebiete dies die Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Denn der Kläger sei auch bei der Bildung der gemeinsamen Schiedsstelle nach § 134 Abs. 3 Satz 1 SGB V für die Vergütungsbeträge für digitale Gesundheitsanwendungen als maßgebliche Spitzenorganisation beteiligt. Demgemäß sei er auch Vertragspartei der Rahmenvereinbarung (RV) zwischen dem GKV-Spitzenverband und den Verbänden zu den Vergütungsbeträgen nach § 134 Abs. 4 und 5 SGB V in der Festsetzung durch Beschlüsse der Schiedsstelle vom 16. April 2021 und 16. Dezember 2021 und zudem maßgebliche Spitzenorganisation der Leistungserbringer iSv § 303e Abs. 1 Nr. 5 SGB V. Es genüge zur Bejahung der Maßgeblichkeit iSv § 137f Abs. 8 Satz 2 SGB V eine „potentielle“ Betroffenheit v...