Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensregress bei fehlerhafter Prothese. Verschulden. Verjährung
Orientierungssatz
1. Die Verpflichtung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) zur Festsetzung des Schadensregresses gegenüber einem Vertragszahnarzt ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelungen des Ersatzkassenvertrages-Zahnärzte (EKV-Z) und dient dazu, Vermögensnachteile, die sich aus der Verletzung von Regeln der zahnärztlichen Kunst ergeben, von den Krankenkassen abzuwehren.
2. Zuständig zur Festsetzung des Schadensregresses ist die KZV nach § 12 Abs. 6 EKV-Z; diese Zuständigkeit unterfällt ihrer Gewährleistungspflicht nach § 75 Abs. 1 Satz 1 SGB 5.
3. Der Schadensregress setzt eine schuldhafte Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten aus dem EKV-Z voraus (hier: eine prothetische Versorgung, die dem zahnärztlichen Standard nicht genügt); außerdem muss eine Nachbesserung unmöglich oder unzumutbar sein.
4. Den Zahnarzt trifft bei Zahnprothetik nicht nur die Verantwortung für die zahnärztliche Behandlung sondern nach § 135 Abs. 4 Satz 3 SGB 5 auch für die zahntechnischen Leistungen; dabei muss er sich auch das Verschulden des zahntechnischen Labors entsprechend § 278 BGB zurechnen lassen.
5. Ist einem Patienten die weitere Nachbesserung einer Zahnprothese nicht mehr zumutbar (hier: nach 22 Behandlungsterminen auch die 3. Zahnprothese wieder fehlerhaft), so darf er den Zahnarzt innerhalb eines Quartals nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB 5 aus wichtigem Grund wechseln, ohne den Behandlungsvertrag vorher kündigen zu müssen.
6. Für den kassenzahnarztrechtlichen Schadensregress gilt die allgemeine sozialrechtliche Verjährungsfrist von vier Jahren (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 SGB 1).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 11. September 2002 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Schadensersatzanspruchs wegen mangelhafter prothetischer Versorgung streitig.
Der Kläger ist Zahnarzt in B und nimmt an der vertragszahnärztlichen Versorgung teil. Aufgrund eines von der beigeladenen Ersatzkrankenkasse am 23. Dezember 1996 genehmigten Heil- und Kostenplans vom 2. Dezember 1996 gliederte er bei deren Versicherter Frau G P am 11. April 1997 einen kombinierten Zahnersatz im Unterkiefer ein. Die Gesamtkosten wurden mit 4.228,29 DM angegeben. Hierzu leistete die Beigeladene einen Zuschuss von 60 v. H. in Höhe von 2.596,97 DM, die Material- und Laborkosten betrugen 331,40 DM, die Zahnarztlabor- und Praxismaterialkosten wurden mit 2.564,12 DM beziffert. In der Folgezeit kam es zu weiteren Behandlungen durch den Kläger, bei welchen der Zahnersatz zumindest zweimal neu angefertigt wurde. Am letzten Behandlungstag der Patientin bei dem Kläger am 6. Juli 1998 wurde der Zahnersatz endgültig eingegliedert.
Mit Schreiben vom 1. November 1998 beanstandete die Patientin den Zahnersatz gegenüber der Beigeladenen und teilte mit, für die Behandlung seien insgesamt ca. 22 Termine notwendig gewesen. Der Zahnersatz habe nie richtig gesessen, weshalb der Kläger ständig Anpassungen vorgenommen habe. Obwohl der Zahnersatz mehrfach neu angefertigt worden sei, zeichneten sich nunmehr erneut Bruchstellen ab, so dass Reparaturen notwendig seien. Sie habe deshalb kein Vertrauen mehr zu dem Kläger und wolle die Reparatur bei dem Zahnarzt Dr. S durchführen lassen.
Auf Veranlassung der Beigeladenen erstattete der Zahnarzt Dr. G daraufhin am 23. Dezember 1998 ein Gutachten nach einer Untersuchung der Versicherten und des Zahnersatzes. Er stellte fest, der Zahnersatz sei bezogen auf den herausnehmbaren Teil als nicht vertragsgerecht zu bezeichnen. Da die Okklusion erhebliche Fehler aufgewiesen habe, welche zu Beschwerden im Kiefergelenk geführt hätten, sei teilweise bereits eingeschliffen bzw. erhöht worden. Auch sei eine Reparatur durch Anlöten der Metallkaufläche der Geschiebeabdeckung notwendig. Soweit kein für die Patientin zufrieden stellendes Ergebnis zu erzielen sei, müssten im schlimmsten Falle teilweise Kronen und der Modellguss erneuert werden.
Nachdem die Patientin der Beigeladenen mitgeteilt hatte, sie sei mit dem Ergebnis des Gutachtens nicht einverstanden, da ihr der nunmehr behandelnde Zahnarzt Dr. S keine dauerhafte Reparatur des Zahnersatzes habe zusichern können, beauftragte die Beigeladene den Zahnarzt Dr. B mit der erneuten Begutachtung des Zahnersatzes. In dem nach Untersuchung der Patientin am 12. Februar 1999 erstellten Gutachten heißt es, bei Zahn 34 sei die gelötete Verbindung zwischen Modellgussprothese und Ankerattachment erneut aufgebrochen. Eine Reparatur sei wegen der zu niedrigen vertikalen Dimension nicht möglich, da die Bauhöhe des Attachments dies nicht zulasse. Die Arbeit müsse aufgrund der nötigen Anhebung der vertikalen Dimension komplett erneuert werden, um ein ...