Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufung. Beschwerde. Meistbegünstigungsprinzip. Sozialgerichtliches Verfahren. Entscheidung in der inkorrekten Form durch Sozialgericht. Entscheidung in der korrekten Form durch Berufungsgericht

 

Leitsatz (amtlich)

Das Rechtsmittelgericht hat in der korrekten Form zu entscheiden, wenn zu Unrecht ein Beschluss ergangen ist, gegen den Beschwerde eingelegt wurde.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 02. September 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens.

Mit Gerichtsbescheid vom 18. August 2005 zum Az.: S 25 U 662/00 hat das Sozialgericht Berlin die Klage, gerichtet darauf, ihr Augenleiden und ihr Bronchialleiden unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 04. Mai 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2000 als Berufskrankheit (BK) bzw. als Arbeitsunfallfolge anzuerkennen, abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, weder das Augen- noch das Bronchialleiden könne als BK oder wie eine BK anerkannt werden. Über Arbeitsunfallfolgen sei bisher kein Bescheid ergangen. Ein Augenleiden in Form einer chronischen Bindehautentzündung könne keiner BK der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) zugeordnet werden. Auch die Voraussetzung für die Anerkennung der Augenerkrankung wie eine BK sei nicht erfüllt. Neue Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zur Verursachung einer chronischen Bindehautentzündung durch unzureichende Beleuchtung des Arbeitsplatzes bzw. durch Raumbeleuchtung mittels Halogenleuchten seien nicht bekannt. Nach Auffassung des Landessozialgerichtes im Beschluss vom 29. März 2005 (Az.: L 2 B 55/03 U betreffend die Zurückweisung der Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht mit Beschluss vom 02. Juli 2003) wäre für den Bereich der Bildschirmarbeiten wegen der Verbreitung dieser Tätigkeiten bei Vorliegen einer Gefährdung der Augen das Auftreten einer statistisch relevanten Zahl von Erkrankungen zu erwarten gewesen. Das Bronchialleiden der Klägerin habe ebenfalls nicht als BK anerkannt werden können. Erkrankungen der Atemwege und der Lungen würden primär von der in Gruppe 4 der Anlage zur BKV genannten BKen erfasst. Es lägen keinerlei Anhaltspunkte für eine Erkrankung durch anorganische oder organische Stäube bzw. durch allergisierende oder chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe vor. Der Gewerbearzt Dr. S habe bei der Begehung des Arbeitsplatzes der Klägerin keine Beanstandungen feststellen können. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Verwendung des Filmreinigers Tetenal und der Bronchialerkrankung sei nicht hinreichend wahrscheinlich. Die Beklagte habe in ihrer Stellungnahme vom 21. Mai 2004 unter Bezugnahme auf die Auskunft des Arbeitsmediziners Dr. S darauf hingewiesen, dass dem Sicherheitsblatt des Herstellers keine Hinweise auf eine atemwegsreizende oder sensibilisierende Wirkung zu entnehmen seien. Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussage bestünden angesichts der Inhaltsstoffe Alkohol und 10 bis 30 % Naphta nicht. Der Gerichtsbescheid wurde rechtskräftig.

Mit einem Schreiben vom 08. Oktober 2010, gerichtet an die Präsidentin des Sozialgerichts Berlin (Az.: S 74 Präs-E 128/10), hat die Klägerin sinngemäß die Wiederaufnahme dieses Verfahrens begehrt, in dem sie geltend gemacht hat, der Beschluss des Sozialgerichts vom 02. Juli 2003 sei unzutreffend und absolut unprofessionell formuliert. Sie macht weiter geltend, durch die Beleuchtungszustände berufsunfähig geschädigt worden zu sein. Sie bitte auch um die Einbeziehung der gesetzlichen Schutzbestimmungen und Aussagen zur UV-B-Bestrahlung. Die UV-B-Bestrahlung verursache chronische Bindehautentzündungen.

Nachdem sie keine Antwort auf dieses Schreiben erhalten hatte, erinnerte die Klägerin mit Schreiben vom 12. Mai 2011 an ihr Begehren. Daraufhin ließ die Gerichtsverwaltung des Sozialgerichts Berlin mit Verfügung vom 01. Juli 2011 ein Wiederaufnahmeverfahren zur Sache S 25 U 662/00 eintragen.

Mit Beschluss vom 02. September 2011 hat das Sozialgericht festgestellt, dass das Verfahren S 25 U 662/00 sowohl in der Hauptsache als auch im Hinblick auf den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe erledigt sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, auf einen Wiederaufnahmeantrag der Klägerin vom 08. Oktober 2010 habe ein weiterer aufsichtsführender Richter das Verfahren am 01. Juli 2011 wieder aufnehmen lassen. Wiederaufnahmegründe gemäß § 179 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. dem Vierten Buch Sozialgesetzbuch bzw. §§ 578 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO) seien weder ersichtlich noch durch die Klägerin vorgetragen. Es bleibe nur festzustellen, dass das Verfahren, sowohl was die Hauptsache, als auch, was den Antrag auf Prozesskostenhilfe anbelange, seine rechtskräftige Erledigung gefunden habe. Der Beschluss war mit einer ...

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