Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit der Ausgleichsleistung nach dem Gesetz über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZVALG)
Orientierungssatz
1. Für Personen, die vor dem 1. 7. 1990 ihren Wohnsitz im Beitrittsgebiet hatten und zu diesem Zeitpunkt u. a. in einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft beschäftigt waren, gilt gemäß § 12 Abs. 2b und Abs. 2c des Gesetzes über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZVALG) § 12 Abs. 1 ZVALG mit der Maßgabe, dass Zeiten einer Beschäftigung im Beitrittsgebiet und auf einer Beschäftigung im Beitrittsgebiet beruhenden Zeiten i. S. des § 12 Abs. 2 ZVALG vor dem 1. 7. 1995 nur dann berücksichtigt werden, wenn sie nach dem 31. 12. 1994 für mindestens sechs Monate eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung als landwirtschaftliche Arbeitnehmer ausüben.
2. § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 ZVALG i. V. m. § 14a ZVALG ist nicht verfassungswidrig, soweit der Umfang der Leistung allein am Personenkreis dieser Arbeitnehmer als Rentenbezieher anknüpft und dabei ausschließlich auf ehemals in der Landwirtschaft erzieltes Einkommen abstellt.
3. Die Höhe der Ausgleichsleistung ist nach § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 ZVALG nicht davon abhängig, ob sie einem Mann oder einer Frau gewährt wird.
4. Art. 14 Abs. 1 S. 1 und 2 ZVALG macht die Höhe der Ausgleichsleistung auch vom Familienstand abhängig. Die Ausgleichsleistung für den verheirateten Berechtigten beträgt 100 %, während die für den unverheirateten Berechtigten 60 % beträgt. Die Regelung ist verfassungsgemäß; insbesondere ist Art. 6 GG nicht verletzt (BVerfG Beschluss vom 9. 11. 2011, 1 BvR 1853/11).
5. Ebenso ist das Grundrecht der freien Berufsausübung des Art. 12 Abs. 1 GG durch § 14 Abs. 1 S. 1 und 2 ZVALG nicht tangiert.
6. Hinweis der Dokumentationsstelle: Beschwerde des Klägers durch das BSG als unzulässig verworfen (B 10 LW 3/21 B)
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 12. September 2019 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Ausgleichsleistung nach dem Gesetz über die Errichtung einer Zusatzversorgungskasse für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZVALG) für den verheirateten Berechtigten statt für den unverheirateten Berechtigten.
Die im Mai 1956 geborene Klägerin, die ständig im Beitrittsgebiet wohnhaft war, übte unter anderem rentenversicherungspflichtige Beschäftigungen von Juni 1984 bis August 2007 als Futterökonomin und Mitglied der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft TP T M bzw. als leitende Mitarbeiterin bei der Agrargenossenschaft T M und von Juli 2007 bis Januar 2013 als Projektkoordinatorin beim B L e. V bei nachfolgendem Bezug von Krankengeld aus. Sie ist seit Mai 1994 mit dem im November 1951 geborenen K M verheiratet. Ihm gegenüber setzte die Beklagte seine ab Juli 2008 bezogene Ausgleichsleistung nach dem ZVALG mit Bescheid vom 6. April 2016 dahingehend neu fest, dass ab 1. November 2014 die Ausgleichsleistung nur noch für unverheiratete (Berechtigte) gewährt wird. Mit Bescheid vom 28. April 2015 hatte die Deutsche Rentenversicherung Bund der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung vom 1. November 2014 bis 30. September 2016 bewilligt.
Im Mai 2015 beantragte die Klägerin beim Zusatzversorgungswerk für Arbeitnehmer in der Land- und Forstwirtschaft (ZLF) Beihilfe und bei der Beklagten die Ausgleichsleistung.
Das ZLF gewährte der Klägerin Beihilfe für die Zeit vom 1. November 2014 bis 30. September 2016 in Höhe von 15,60 Euro monatlich ausgehend von 145 Monaten Beitragspflicht.
Mit Bescheid vom 6. April 2016 bewilligte die Beklagte der Klägerin die Ausgleichsleistung für unverheiratete (Berechtigte) für die Zeit vom 1. November 2014 bis 30. September 2016 - vor Kürzung gemäß § 14 Abs. 2 ZVALG für 145 Monate mit 9,36 Euro monatlich - in Höhe von 44,26 Euro monatlich und ab 1. Juli 2015 in Höhe von 44,41 Euro monatlich. Zur Begründung führte sie unter anderem aus: Haben beide Ehegatten einen Anspruch auf Ausgleichsleistung, so erhält jeder der Ehegatten die Ausgleichsleistung für den unverheirateten Berechtigten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch, mit dem die Klägerin geltend machte, die Einstufung als Unverheiratete stelle eine Ungleichbehandlung gegenüber Paaren dar, deren Partner in anderen Branchen tätig gewesen sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 22. August 2016 zurück: Der Gesetzgeber habe die Regelung der gekürzten Ausgleichsleistung für Ehegatten, die beide Anspruch auf Ausgleichsleistung hätten, bewusst festgelegt. Eine Beitragszahlung sei für die Ausgleichsleistung nie erfolgt. Die Ausgleichsleistung sei lediglich als Ergänzungsleistung zur tarifvertraglichen Beihil...