Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung von Verpflegungsgeld als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt bei einem Mitarbeiter der Zollverwaltung der DDR. Ausschluss einer Berücksichtigung beim Reinigungszuschuss. Zusammenhang mit der Beschäftigung. betrieblicher Zweck. Kostenlose Verpflegung. Sachbezug. Steuerfreiheit. Glaubhaftmachung

 

Orientierungssatz

1. Das einem Mitarbeiter der Zollverwaltung der ehemaligen DDR gezahlte Verpflegungsgeld und der Geldwert der kostenlosen Verpflegung als Sachwert zählt nach § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG zum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt.

2. Verpflegungsgeld und kostenlose Verpflegung wurden im Zusammenhang mit der Beschäftigung gezahlt bzw. gewährt; damit ist der erforderliche, aber auch ausreichende innere sachliche Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis gewahrt.

3. Der Berücksichtigung als beitragspflichtiges Arbeitsentgelt steht nicht § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und S 2 SGB 4 entgegen. Verpflegungsgeld und kostenlose Verpflegung sind nach keiner Vorschrift des EStG steuerfrei.

4. Dagegen ist gezahlter Reinigungszuschuss bei der Feststellung der Entgelthöchstbetragsregelungen nicht zu berücksichtigen. Er stellt keine Einnahme aus der Beschäftigung des Berechtigten bei der Zollverwaltung der DDR dar, ist steuerfreier Auslagenersatz gemäß § 3 Nr. 50 EStG und wird nicht von § 14 Abs. 1 S. 1 SGB 4 erfasst.

 

Normenkette

AAÜG § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 6, § 8 Abs. 1; SGB IV § 14 Abs. 1 S. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2; ArEV § 1; EStG § 19 Abs. 1 S. 2, § 3 Nrn. 31, 50; SGB X § 44 Abs. 2, § 23 Abs. 1 S. 2

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 28.02.2017; Aktenzeichen B 5 RS 45/16 B)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 20. Juni 2011 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 23. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03. November 2009 verpflichtet, den Bescheid der Oberfinanzdirektion Cottbus vom 08. August 2000 teilweise zurückzunehmen und ab dem 02. Januar 2008

Verpflegungsgeld für die Zeiträume vom

a) 02. Januar 1974 bis 31. Dezember 1974 in Höhe von 1.105,83 Mark,

b) 01. Januar 1975 bis 31. Dezember 1975 in Höhe von 1.587,72 Mark,

c) 01. Januar 1976 bis 31. Dezember 1976 in Höhe von 1.592,16 Mark,

d) 01. Januar 1977 bis 31. Dezember 1977 in Höhe von 1.587,72 Mark,

e) 01. Januar 1978 bis 31. Dezember 1978 in Höhe von 1.642,44 Mark,

f) 01. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979 in Höhe von 1.642,44 Mark,

g) 01. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 1.647,00 Mark,

h) 01. Januar 1981 bis 31. Dezember 1981 in Höhe von 1.642,44 Mark,

i) 01. Januar 1982 bis 31. Dezember 1982 in Höhe von 1.642,44 Mark,

j) 01. Januar 1983 bis 31. Dezember 1983 in Höhe von 1.642,44 Mark,

k) 01. Januar 1984 bis 31. Dezember 1984 in Höhe von 1.647,00 Mark,

l) 01. Januar 1985 bis 31. Dezember 1985 in Höhe von 1.642,44 Mark,

m) 01. Januar 1986 bis 31. Dezember 1986 in Höhe von 1.642,44 Mark,

n) 01. Januar 1987 bis 31. Dezember 1987 in Höhe von 1.559,69 Mark,

o) 01. Januar 1988 bis 31. Dezember 1988 in Höhe von 1.643,64 Mark,

p) 01. Januar 1989 bis 31. Dezember 1989 in Höhe von 1.643,64 Mark,

q) 01. Januar 1990 bis 31. Dezember 1990 in Höhe von 1.643,64 Mark,

sowie

den Geldwert der kostenlosen Vollverpflegung (Sachbezug) für den Zeitraum vom 21. Januar 1974 bis 09. Mai 1974 in Höhe von 479,58 Mark zu 5/6

als weiteres Arbeitsentgelt festzustellen.

Für die Zeit vor dem 02. Januar 2008 wird die Beklagte verpflichtet, den Kläger über die Rücknahme des Bescheides vom 08. August 2000 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger 3/4 seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten des gesamten Rechtsstreits zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens über die Berücksichtigung von Verpflegungsgeld, eines Reinigungszuschusses sowie des Geldwertes kostenloser Verpflegung als weiteres tatsächlich erzieltes Arbeitsentgelt.

Der 1943 geborene Kläger war vom 02. Januar 1974 bis 02. Oktober 1990 als Mitarbeiter bei der Zollverwaltung der DDR beschäftigt, zuletzt als Kontrolleur vom Dienst beim Grenzzollamt F. Er verfügte über eigenen Wohnraum in F. Neben seinen Dienstbezügen wurden ihm ausweislich der Besoldungsstammkarten zusammen mit diesem monatlich Wohnungs- und Verpflegungsgeld gezahlt. Hinsichtlich der Zahlung des Verpflegungsgeldes waren lediglich die Zeiträume vom 21. Januar bis zum 09. Mai 1974 sowie vom 11. bis zum 29. Januar 1987 ausgenommen, in welchen er den Grundlehrgang für Dienstanfänger in der Ausbildungsstätte der Zollverwaltung der DDR in G/J besuchte bzw. sich zur Kur befand. Ferner wurde ihm gemäß den Eintragungen in den Besoldungsstammkarten neben seinen Dienstbezügen zusammen mit diesen jeweils monatlich ein Reinigungszuschuss i.H.v. 3,50 Mark gezahlt. Vom 14. bis 18. März 1979 war er wegen Erkrankung eines Kindes vom Dienst freigestellt.

Insgesamt wurden ihm laut den Besoldungs...

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