Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Betriebskostenguthaben. abschließende Sonderregelung zu § 11 SGB 2. einmalige Einnahme. Aufteilung auf sechs Monate

 

Orientierungssatz

§ 22 Abs 3 SGB 2 stellt nach seinem Wortlaut und seiner Zielrichtung eine abschließende Sonderregelung zur Anrechnung eines Betriebskostenguthabens als Einkommen allein hinsichtlich der dort geregelten Modalitäten dar; in allen Regelungsfeldern, die nicht vom Sondercharakter der Norm betroffen sind, finden die in § 11 SGB 2 aufgestellten Grundregeln der Einkommensberücksichtigung Anwendung, mithin auch die Regelung des § 11 Abs 3 S 3 SGB 2.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 24.06.2020; Aktenzeichen B 4 AS 8/20 R)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird für die Kläger zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger begehren nach vorangegangener vorläufiger Bewilligung von Arbeitslosengeld II die Verpflichtung des Beklagten für Juni 2016 ihre Ansprüche auf Arbeitslosengeld II jeweils in einem weiteren Umfang endgültig festzusetzen und darüber hinaus ihnen jeweils für Juni 2016 weiteres Arbeitslosengeld II zu gewähren.

Der 1958 geborene Kläger und die 1968 geborenen Klägerin sind seit 1987 miteinander verheiratet. Aus dieser Ehe sind vier Kinder hervorgegangen, der 1989 geborene N (im Folgenden N genannt), der 1990 geborenen H, die 1993 geborenen F und der 1996 geborenen M (im Folgenden M genannt). Die Kläger, die im November 1990 zusammen mit ihren beiden ältesten Kindern in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sind, hatten ebenso wie ihre Kinder jedenfalls bis zum Ende des hier streitigen Zeitraums allein die libanesische Staatsangehörigkeit inne. Am 19. Oktober 2009 wurden den Klägern von der Ausländerbehörde erstmals jeweils eine bis zum 18. Oktober 2010 befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 23a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern (Aufenthaltsgesetz - AufenthG) erteilt, die jeweils letztmals vor dem hier streitigen Zeitraum am 30. September 2013 bis zum 28. September 2016 verlängert worden ist. Sämtliche den Klägern für die Zeit ab dem 19. Oktober 2009 erteilten Aufenthaltserlaubnisse enthielten den Zusatz: „Erwerbstätigkeit gestattet/Wohnsitznahme in B erforderlich“. Demgegenüber verfügt M seit dem 11. Februar 2015 über eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nach § 35 Abs 1 AufenthG.

Seit Mai 2001 leben die Kläger unter der im Rubrum genannten Adresse in einer 91,4 qm großen Wohnung, zunächst zusammen mit ihren vier Kindern, in der Zeit von Januar 2016 bis jedenfalls Oktober 2016 nur noch mit ihren Söhnen N und M. Diese Wohnung wurde und wird mit einer Gasetagenheizung beheizt, über die auch die Warmwasserbereitung erfolgte. Für diese Wohnung bestanden ab Januar 2016 Aufwendungen in Höhe von insgesamt monatlich 680,37 EUR, die sich zusammensetzten aus einer Bruttokaltmiete in Höhe von monatlich 558,37 EUR (Nettokaltmiete 394,76 EUR sowie Vorauszahlung kalte Betriebskosten 163,61 EUR) und einem Abschlag an den Gasversorger in Höhe von monatlich 122,00 EUR.

Vom 15. Dezember 2014 bis zum 20. Juli 2016 war der Kläger bei der W SGmbH im Wachschutz beschäftigt. Er verdiente im Februar 2016 und im Mai 2016 jeweils 1.404,00 EUR brutto (1.120,04 EUR netto) und im April 2016 1.728,00 EUR brutto (1.378,52 EUR netto), wobei ihm diese Verdienste jeweils im Folgemonat zuflossen.

M, der seit Februar 2016 ebenfalls im Wachschutz beschäftigt war, und zwar bei der PS AG, verdiente im Februar 2016 989,40 EUR brutto (801,06 EUR netto), im April 2016 1.571,40 EUR brutto (1.175,17 EUR netto) und im Mai 2016 1.781,89 EUR brutto (1.330,45 EUR netto). Auch diese Verdienste flossen ihm jeweils im Folgemonat zu.

Auf den im November 2015 für die Zeit ab Januar 2016 gestellten Fortzahlungsantrag bewilligte der Beklagte den Klägern und M - unter Zugrundelegung eines fiktiven bereinigten Erwerbseinkommens nur des Klägers in Höhe von monatlich 827,65 EUR - Arbeitslosengeld II für Januar 2016 bis Juni 2016 (Bescheid vom 14. Dezember 2015), und zwar den Klägern in Höhe von jeweils monatlich 251,14 EUR (Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs in Höhe von 81,05 EUR und anteilig ≪ausgehend von vier Personen≫ Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,09 EUR) und M in Höhe von monatlich 232,33 EUR (Leistungen zur Deckung des Regelbedarfs in Höhe von 62,24 EUR und anteilig ≪ausgehend von vier Personen≫ Leistungen zur Deckung des Bedarfs für Unterkunft und Heizung in Höhe von 170,09 EUR). Diese Bewilligungen erfolgten unter Hinweis auf § 40 Abs 2 Nr 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) iVm § 328 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ausdrücklich vorläufig, weil ua das tatsächliche monatliche Erwerbseinkommen noch nicht feststehe. Nach einer abschließende Entscheidung seien ggf zu viel gezahlte Leistungen zu erstatten.

Da der Beklagte davon ausging, dass M seine Bedarfe für März 2016 bis ...

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