Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragsrecht. Veranlagung nach dem Gefahrtarif 2007. Zuordnung zur Gefahrtarifstelle 15. Haus- und Grundbesitzerverein. wirtschaftliches Interesse. ideelles Interesse
Leitsatz (amtlich)
1. Im Sinne des Gefahrtarifs 2007 nehmen Haus- und Grundbesitzervereine ideelle Interessen und nicht wirtschaftliche oder politische Interessen wahr.
2. Die Abgrenzung zwischen wirtschaftlichen und politischen Interessen einerseits und ideellen Interessen andererseits, bei der Bildung der Gefahrtarifstellen begegnet keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 28. April 2008 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Der Streitwert wird auf 15 000,00 € festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Zuordnung zu einer anderen Gefahrtarifstelle.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen eingetragenen Verein, der Dachverband der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine innerhalb B ist. Der Zweck des Vereins ist in § 2 seiner Satzung wie folgt beschrieben:
“1. Dem Bund obliegt unter Ausschluss von Erwerbszwecken die Förderung der Grundstückswirtschaft und die Wahrung der gemeinsamen Belange der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer in B. Er hat die Aufgabe, seine Mitglieder über die Rechte und Pflichten des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentums zu unterrichten und sie bei der Wahrung ihrer Interessen zu unterstützen.
2. Der Bund betreibt den Zusammenschluss aller Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und unterhält Einrichtungen, die der Unterrichtung und Unterstützung der Mitglieder dienen.
3. Dem Bund obliegt es auch, die Mitglieder der ihm angehörenden Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereine zu beraten und deren Interessen wahrzunehmen.
4. Der Bund darf Tarifverträge abschließen.„
Der Kläger unterhält hierfür eine Geschäftsstelle, die mit einem Geschäftsführer und einer Angestellten besetzt ist und zwei Büroräume und einen Sitzungssaal umfasst.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2007 veranlagte die Beklagte den Kläger für die Zeit ab 01. Januar 2007 zu der Gefahrtarifstelle 15 “Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen„ mit der Gefahrklasse 1,36.
Dieser Gefahrtarif sieht u. a. - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - folgende Gefahrtarifstellen vor:
|
Gefahr- tarifstelle |
Unternehmensart |
Gefahr- Klasse |
06 |
Beratungsunternehmen |
0,63 |
08 |
Rechts- und wirtschaftsberatendes Unternehmen, Organ der Rechtspflege |
0,44 |
11 |
Wirtschaftliche und politische Interessenvertretung |
0,59 |
15 |
Zusammenschluss zur Verfolgung gemeinsamer Interessen |
1,36 |
Der Kläger erhob gegen den Veranlagungsbescheid Widerspruch, mit dem er u. a. ausführte, dass die Zuteilung der Unternehmensart nicht plausibel sei. Er sei eine wirtschaftliche und politische Interessenvertretung wie seine Haus- und Grund-Mitgliedsvereine und sein Dachverband H und G Deutschland. Man erfülle mit seinen satzungsgemäßen und auch praktizierten Aufgaben und Tätigkeiten sämtliche Merkmale eines klassischen Verbandes, der wirtschaftliche und politische Interessen seiner Mitglieder vertrete. Die Tätigkeit der Angestellten erfolge ausschließlich in den eigenen Büroräumen. Ein Außendienst finde nicht statt. Diese Art der Tätigkeit sei nicht zu subsumieren unter die Merkmale der Gefahrtarifstelle 15, die beispielsweise Bürgerinitiativen, Schutzgemeinschaften, Friedensdienste und auch Organisationen betreffe, die in größerem Maße Außenaktionen und Außenaktivitäten außerhalb eines geregelten Bürobetriebes entfalten würden und daher den klassischen Verbänden nicht gleichzustellen seien. Beigefügt war die bereits genannte Satzung des Bundes der B H- und Gvereine e. V.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Oktober 2007 zurück. Zur Begründung ist ausgeführt, dass die Entscheidung über die Zuordnung eines Unternehmens zu einer Unternehmensart sich nach dem Unternehmensgegenstand bzw. bei Vereinen nach dem in der Satzung festgeschriebenen Zweck richte, wobei die ausgeübten Tätigkeiten der Beschäftigten grundsätzlich keine Rolle spielten. Der Gefahrtarifstelle 15 seien Unternehmen zugeordnet, die der Wahrnehmung und Förderung insbesondere ideeller und persönlicher Interessen dienten, bei denen der wirtschaftliche Erfolg nicht im Vordergrund stehe. Die “Interessen„ bezögen sich auf Interessen der Mitglieder, Gesellschafter oder bestimmter Personengruppen, die nicht notwendigerweise auch an dem Zusammenschluss beteiligt sein müssten. Der Unternehmensgegenstand werde durch die Vielzahl verschiedenartiger Aktivitäten gekennzeichnet, u. a. in beratenden, bildenden, unterhaltenden und kreativen Bereichen. Hierunter fiele insgesamt auch der Kläger.
Im Klageverfahren hat das Sozialgericht Berlin zunächst die Beklagte aufgefordert, dem Gericht entsprechendes Zahlenmaterial zur Verfügung zu stellen, aus dem die Grundlagen der Veranlagung nachvollziehbar würden. Die Beklagte...