Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung während der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem der ehemaligen DDR gewährter Leistungen als Arbeitsentgelt
Orientierungssatz
1. Nach § 8 AAÜG hat der vor der Überführung der Ansprüche und Anwartschaften zuständige Versorgungsträger dem Rentenversicherungsträger unverzüglich die Daten mitzuteilen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistungen aus der Rentenversicherung erforderlich sind. Dazu gehört das tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt.
2. Welche inhaltliche Bedeutung dem Begriff Arbeitsentgelt i. S. des § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG zukommt, bestimmt sich nach § 14 SGB 4.
3. Gewährtes Verpflegungsgeld stellt eine Einnahme des Versicherten aus dessen Beschäftigung bei der Zollverwaltung der DDR dar.
4. Es wurde im Zusammenhang mit der Beschäftigung gewährt und ist damit Arbeitsentgelt i. S. von § 14 Abs. 1 S. 1 SGB 4 und keine Sozialleistung oder Aufwandsentschädigung.
5. Gezahltes Verpflegungsgeld ist nach bundesdeutschem Steuerrecht nicht steuerfrei. Damit ist es als weiteres Arbeitsentgelt zu berücksichtigen.
6. Dagegen rechnet gezahlter Reinigungszuschuss nicht zum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelt nach § 6 Abs. 1 S. 1 AAÜG. Es ist steuerfreier Auslagenersatz und stellt damit keine Einnahme aus der Beschäftigung des Berechtigten bei der Zollverwaltung der DDR dar.
7. Der pauschalierte Reinigungszuschuss diente ausschließlich der Deckung der Kosten, die durch die Uniformreinigung und die Schuhbesohlungen entstanden. Damit zählt er nicht zum Arbeitsentgelt.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 14. Juni 2012 geändert.
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 4. Februar 2009 verpflichtet, den Bescheid vom 28. Februar 2002 in der Fassung der Bescheide vom 14. Oktober 2002 und vom 19. Dezember 2002 insoweit zurückzunehmen, als Verpflegungsgeld
vom 1. August 1972 bis 31. August 1972 in Höhe von 114,12 Mark,
vom 1. Januar 1973 bis 31. Dezember 1973 in Höhe von 1.254,66 Mark,
vom 1. Januar 1974 bis 31. Dezember 1974 in Höhe von 1.357,47 Mark,
vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1975 in Höhe von 1.368,72 Mark,
vom 1. Januar 1976 bis 9. August 1976 in Höhe von 808,16 Mark,
vom 27. September 1977 bis 31. Dezember 1977 in Höhe von 404,81 Mark,
vom 1. Januar 1978 bis 31. Dezember 1978 in Höhe von 1.551,24 Mark,
vom 1. Januar 1979 bis 31. Dezember 1979 in Höhe von 1.551,24 Mark,
vom 1. Januar 1980 bis 31. Dezember 1980 in Höhe von 1.555,44 Mark,
vom 1. Januar 1981 bis 31. Dezember 1981 in Höhe von 1.551,24 Mark,
vom 1. Januar 1982 bis 15. Oktober 1982 in Höhe von 1.227,18 Mark,
vom 30. November 1983 bis 31. Dezember 1983 in Höhe von 133,52 Mark,
vom 1. Januar 1984 bis 31. Dezember 1984 in Höhe von 1.555,44 Mark,
vom 1. Januar 1985 bis 31. Dezember 1985 in Höhe von 1.551,24 Mark,
vom 1. Januar 1986 bis 31. Dezember 1986 in Höhe von 1.473,04 Mark,
vom 1. Januar 1987 bis 31. Dezember 1987 in Höhe von 1.570,24 Mark,
vom 1. Januar 1988 bis 31. Dezember 1988 in Höhe von 1.643,64 Mark,
vom 1. Januar 1989 bis 31. Dezember 1989 in Höhe von 1.643,64 Mark und
vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1990 in Höhe von 1.643,64 Mark
als weiteres Arbeitsentgelt berücksichtigt wird.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu 9/10 zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Berücksichtigung von Verpflegungsgeld und eines Reinigungszuschusses im Zeitraum vom 1. Oktober 1971 bis 31. Dezember 1990.
Die im Juli 1948 geborene Klägerin war, nachdem sie am 1. September 1968 ein Studium an der K-Universität L aufgenommen hatte, zum 1. Oktober 1971 als Zollassistentin bei der Zollverwaltung der DDR eingestellt worden. Bis zum Abschluss ihres Studiums am 31. Juli 1972 bezog sie von der Zollverwaltung der DDR ein Stipendium. Vom 1. August 1972 bis 31. Dezember 1981 war sie als Lehrende an der Fachschule der Zollverwaltung der DDR H R, vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990 als Lehrende am Institut der Zollverwaltung der DDR H R und danach bis 2. Oktober 1990 als Lehrende in der Zollverwaltung der DDR, zuletzt im Dienstgrad eines Zollrats beschäftigt. Die Tätigkeit als Lehrende übte sie vom 3. Oktober 1990 bis 1992 bei der Bundesfinanzverwaltung aus, bevor sie dort andere Aufgaben wahrnahm.
Mit Bescheid vom 28. Februar 2002 stellte die Oberfinanzdirektion Cottbus die Zeit vom 1. Oktober 1971 bis 31. Dezember 1991 als Zeit der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Zollverwaltung der DDR (SVA-Zoll) und die während dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte fest, wobei Verpflegungsgeld und ein Reinigungszuschuss unberücksichtigt blieben. Als sonstige Zeiten wies sie unter anderem die Zeit vom 18. Dezember 1973 bis 23. April 1974 als Zeit der Schwangerschaft und Wochenurlaub, die Zeit vom 10. August 1976 bis 26. Septem...