Entscheidungsstichwort (Thema)
Subsidiarität eines vorbeugenden Feststellungsbegehrens gegenüber einer zulässigen Anfechtungsklage. Unzulässigkeit der Klärung einer abstrakten Rechtsfrage bzw. der Feststellung von Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs
Orientierungssatz
1. Mit der Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses, d. h. eine aus der Anwendung einer Norm auf einen Lebenssachverhalt entstandenen Rechtsbeziehung geltend gemacht werden.
2. Nicht verfolgt werden kann mit einer solchen Klage die Klärung einer abstrakten Rechtsfrage bzw. die Feststellung von Tatbestandsvoraussetzungen für einen bestimmten Leistungsanspruch.
3. Damit ist u. a. die Feststellung des negativen Tatbestandsmerkmals des Leistungsanspruchs nach § 41 SGB 12 nicht zulässig.
4. Die Zulässigkeit eines vorbeugenden Feststellungsbegehrens ist ausgeschlossen, wenn der Betroffene mittels einer Anfechtungsklage Rechtschutz erlangen kann.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind für den gesamten Rechtsstreit nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren (noch) die Feststellung, dass für sie keine Verpflichtung besteht, Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz - WoGG - zu beantragen.
Die am 1953 geborene Klägerin bewohnt seit Mitte November 2007 eine Zwei-Zimmer-Wohnung im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Zwei Zimmer der Wohnung sind mit einem Kohleofen zu beheizen, die Beheizung der Küche und des Bades erfolgt mit einer elektrischen Heizung, die Warmwasseraufbereitung erfolgt dezentral über eine Gastherme. Bis zum 30. Juni 2017 betrug die Gesamtmiete monatlich 348,07 Euro, Heizkosten waren nicht zu entrichten. Ab dem 1. Juli 2017 betrug die monatliche Gesamtmiete 382,43 Euro (263,43 € netto zzgl. 119,00 BK-Vorauszahlung), einem entsprechenden Mieterhöhungsverlangen ist offensichtlich nicht widersprochen worden. Die Klägerin bezog eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer von der Deutschen Rentenversicherung (Bund) - DRV - mit einem monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 678,17 Euro im September 2015, in Höhe von 676,65 Euro im Juni 2016, in Höhe von monatlich 705,38 Euro ab Juli 2016, 703,80 Euro im Juni 2017 und in Höhe von 717,20 Euro monatlich ab Juli 2017.
Nachdem der Klägerin schon in den Vorjahren Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - SGB XII - gewährt worden waren (Bescheid vom 09.11.2011, Bescheid vom 22.10.2012, Bescheid vom 10.12.2013, Bescheid vom 11.10.2013, Bescheid vom 09.10.2014), bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 14.10.2015 Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII in Höhe von monatlich 87,62 Euro für die Zeit von Dezember 2015 bis März 2016.
Auf Aufforderung des Beklagten unter Hinweis auf eine Neuregelung im Wohngeldrecht beantragte die Klägerin für die Zeit ab 1. Januar 2016 die Gewährung von Wohngeld. Daraufhin wurde der Klägerin mit Bescheid vom 15. Januar 2016 erstmals Wohngeld für die Zeit von Januar 2016 bis Dezember 2016 in Höhe von monatlich 127,00 Euro gewährt.
Der Beklagte hob die Bewilligung von Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII mit der Begründung auf, dass nunmehr der Bedarf mit den Wohngeldleistungen gedeckt sei (Bescheid vom 18. Januar 2016, Widerspruchsbescheid vom 25. Februar 2016). Hiergegen hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Berlin erhoben, die dort unter dem Aktenzeichen S 95 SO 374/16 anhängig ist. Ein einstweiliges Rechtsschutzverfahren ist ohne Erfolg geblieben (Beschluss Sozialgericht Berlin vom 11. April 2016, Beschluss des Senats vom 19. Mai 2016, Aktenzeichen L 23 SO 99/16 B ER).
Am 29. Dezember 2016 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung und gab u.a. an, dass sie die Bewilligung von Wohngeld beantragt, jedoch noch keinen Bescheid erhalten habe. Mit dem am 22. Januar 2017 unterschriebenen Antragsformular reichte die Klägerin den Bescheid vom 10. Januar 2017 über die Bewilligung von Wohngeld ab Januar 2017 bis 28. Februar 2018 in Höhe von monatlich 112,00 Euro bei dem Beklagten ein.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2017 lehnte der Beklagte die Gewährung von Leistungen der Grundsicherung ab. Die Klägerin sei in der Lage, mit dem Einkommen aus der gewährten Rente in Höhe von 703,80 Euro und dem Wohngeld in Höhe von monatlich 112,00 Euro den Bedarf nach dem Vierten Kapitel SGB XII zu decken. Dabei berücksichtigte der Beklagte einen Regelbedarf in Höhe von 409,00 Euro monatlich, Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 348,07 (Grundmiete in Höhe von 229,07 € zzgl. Vorauszahlungen für Betriebskosten in Höhe von 119,00 €) und errechnete einen Gesamtbedarf in Höhe von monatlich 757,07 Euro. Als Einkommen berücksichtigte der Beklagte monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 703,80 Euro und das Wohngeld in Höhe von 112,00 Euro monatlich, ...