Entscheidungsstichwort (Thema)
Übernahme von Umzugskosten durch den Grundsicherungsträger. Bestandskraft. Bedarfsgemeinschaft. Vorherige Zusicherung. Konkreter Umzugsplan. Inanspruchnahme einer Spedition. Angemessenheit. Zwischenzeitliche Einlagerung von Hausrat
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 6 S. 1 SGB 2 können angemessene Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Der Leistungsträger ist verpflichtet, die Notwendigkeit und Angemessenheit der geltend gemachten Umzugskosten zu prüfen. Eine derartige Prüfung ist regelmäßig nur dann möglich, wenn der entsprechende Umzugsplan vollständig vorgelegt wird, bevor der Hilfebedürftige die erste kostenverursachende Verpflichtung eingeht. Anderenfalls ist eine Übernahme von Umzugskosten über den bewilligten Betrag hinaus unzulässig.
2. Entsprechendes gilt bei Inanspruchnahme einer Spedition anstelle des ursprünglich verabredeten Umzugs in Eigenregie mit Umzugshelfern.
Normenkette
SGB II § 22 Abs. 1, 6; SGG § 77
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten zu 2) wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 26. Mai 2014 aufgehoben. Die Klagen werden abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die 1960 in L geborene und früher in B wohnhafte Klägerin bezog von dem Beklagten zu 2) für sich und ihren am 31. Mai 1995 geborenen schwerbehinderten Sohn M (ergänzende) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Mit Bescheid vom 12. August 2011 war zuletzt ein Betrag in Höhe von (iHv) monatlich 530,80 € - davon für Kosten der Unterkunft und Heizung iHv monatlich 469,42 € - für den Zeitraum vom 1. September 2011 bis 29. Februar 2012 bewilligt worden. Mit Schreiben vom 8. September 2011 wurde das Mietverhältnis der Klägerin wegen Mietschulden fristlos gekündigt und die Klägerin aufgefordert, ihre Wohnung in M-B (D-platz) bis spätestens 30. September 2011 zu räumen. Am 20. September 2011 kündigte die mit Wirkung vom 10. September 2011 Krankengeld beziehende Klägerin telefonisch gegenüber dem Beklagten zu 2) einen Umzug nach B für Ende Oktober 2011 an. Der genaue Umzugstermin hänge jedoch noch von der konkreten Zusage des neuen Arbeitgebers sowie von der neuen Mietwohnung ab. Nachdem sie am 5. Oktober 2011 bei einer persönlichen Vorsprache dem Beklagten zu 2) mitgeteilt hatte, dass sie voraussichtlich zum 1. Dezember 2011 nach B umziehen werde, teilte sie am 9. November 2011 mit, dass der Umzug zu diesem Termin nicht zustande komme. Am 21. November 2011 sprach die Klägerin erneut persönlich beim Beklagten zu 2) vor und gab an, der Umzug könne eventuell erst im Januar 2012 stattfinden. Sie habe ein günstiges Wohnungsangebot und werde hierüber noch Nachweise einreichen. Mit E-Mail vom 22. November 2011 bat die damalige Vermieterin der Klägerin den Beklagten zu 2) darum, entsprechend der Verfahrensweise für die Monate Oktober und November 2011 auch die Miete für den Monat Dezember 2011 an sie zu zahlen, da die Klägerin angekündigt habe, bis 31. Dezember 2011 in ihrer bisherigen Wohnung zu verbleiben. Bei einer weiteren persönlichen Vorsprache der Klägerin am 29. November 2011 bei dem Beklagten zu 2), bei der die Klägerin ein Angebot der Fa. E über eine LKW-Miete für zwei Tage zum Preis von 851,- € vorlegte, wurde eine Zustimmung zum Umzug mangels Notwendigkeit abgelehnt. Ein Umzug sei erst bei einer eventuellen Arbeitsaufnahme in B notwendig. Die Klägerin erklärte, sie werde gegebenenfalls den Umzug ohne Unterstützung durch den Beklagten durchführen und für diesen Fall den Umzugstermin rechtzeitig mitteilen. Da sie an ihrem bisherigen Arbeitsplatz gemobbt worden sei, habe ihr behandelnder Arzt zur Aufgabe des Arbeitsplatzes geraten. Derzeit sei sie krankgeschrieben und beabsichtige das Arbeitsverhältnis zu kündigen. U.a. unter Bezugnahme auf die aktuelle Höhe des Krankengeldbezugs der Klägerin bewilligte der Beklagte zu 2) mit Änderungsbescheid vom 29. November 2011 der Klägerin und ihrem Sohn für den Monat Dezember 2011 eine Leistung iHv von (nur noch) 422,15 € und wies darauf hin, dass der Klägerin für diesen Monat bereits ein Betrag iHv 100,- € ausbezahlt worden sei sowie ein Betrag iHv 100,- € wegen Tilgung von Rückständen und ein Betrag von 225,15 € für Mietkosten einbehalten worden sei. Unter dem selben Datum teilte der Beklagte zu 2) der Vermieterin der Klägerin mit, für Dezember 2011 habe an sie lediglich ein Betrag iHv 222,15 € überwiesen werden können, da sich kein höherer Zahlbetrag ergeben habe. Der restliche Betrag für die Mietkosten sei von der Klägerin zu zahlen. Nachdem sich die Klägerin geweigert hatte, die geforderte Restmietzahlung zu leisten, wurde ihr am 2. Dezember 2011 mit Räumungsfrist zum 14. Dezember 2011 (erneut) fristlos das Mietverhältnis gekündigt. Mit an den Beklagten zu 2) gerichteter E-Mail vom 5. Dezember 2011 kün...