Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Anrechnung von Vermögen bei Sparguthaben aus einem Bausparvertrag. Berücksichtigung von Schulden bei der Ermittlung des verwertbaren Vermögens eines Grundsicherungsempfängers. Annahme der Unwirtschaftlichkeit einer Vermögensverwertung bei einem drohenden Zinsverlust durch vorzeitige Vertragskündigung
Orientierungssatz
1. Ein Bausparvertrag ist jedenfalls dann einem Empfänger von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zuzurechnen, wenn er Vertragspartner des Vertrages ist und aus dem Vertrag somit berechtigt und verpflichtet wird. Dabei ändert sich an dieser Zuordnung im Regelfall auch dann nichts, wenn ein Dritter die regelmäßigen Sparbeiträge entrichtet.
2. Bei der Ermittlung des verfügbaren Vermögens sind Schulden aus einem Darlehensvertrag bei der Vermögensbewertung grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dies gilt nur dann nicht, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem Vermögensgegenstand lastet.
3. Eine durch die vorzeitige Kündigung eines Bausparvertrages nicht realisierbare höhere Verzinsung des Sparguthabens stellt keine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit dar, die einer Vermögensverwertung zur Sicherung des Grundsicherungsbedarfs entgegensteht.
4. Einzelfall zur Prüfung eines Treuhandverhältnisses über einen Vermögenswert als Hinderungsgrund einer Vermögensanrechnung (hier: Treuhand an einem Bausparvertrag verneint).
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in Form eines Zuschusses statt als Darlehen für den Zeitraum vom 1. September 2007 bis zum 31. August 2008.
Der im April 1978 geborene erwerbsfähige Kläger bezog nach Beendigung seines Rechtsreferendariats am 21. August 2006 bis zum 30. August 2007 Arbeitslosengeld I, woraus ihm die letzte Zahlung am 31. August 2007 zufloss. Er bewohnte allein eine Wohnung, für die Warmmiete i. H. v. 403,74 Euro (287,12 Euro Kaltmiete, 89,32 Euro Betriebskostenvorauszahlung und 27,30 Euro Heizkostenvorauszahlung) zu leisten war.
Am 28. August 2007 beantragte er die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Dabei gab er an, mehrere Konten und Sparbücher zu besitzen, welche insgesamt ein Guthaben von 411,39 Euro aufwiesen. Darüber hinaus sei er Inhaber eines am 10. Oktober 2002 abgeschlossenen Bausparvertrages mit der Vertragsnummer xxx bei der BHW Bausparkasse AG (BHW), welcher am 31. Dezember 2006 ein Guthaben von 8.661,47 Euro aufgewiesen habe; die monatlichen Beiträge i. H. v. 153,39 Euro hierfür leiste jedoch sein Vater. Nach § 3 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge für die ab dem 1. März 2002 geschlossenen Bausparverträge bei der BHW (Bausparbedingungen) erhöhte sich die Gesamtverzinsung bei einer Basisverzinsung von 2% rückwirkend um 2,25%, wenn nach Ablauf von mindestens 7 Jahren bei Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch genommen wird. Nach § 15 Abs. 1 der Bausparbedingungen konnte der Vertrag jederzeit gekündigt werden, wobei die Rückzahlung des Guthabens frühestens sechs Monate nach Eingang der Kündigung verlangt werden konnten. Nach § 14 konnte das Kündigungsrecht und der Anspruch auf Kündigung des Bauspardarlehens mit Zustimmung der Bausparkasse verpfändet und abgetreten werden. Der Vater des Klägers war als Bevollmächtigter für den Todesfall im Vertragsformular eingetragen. Die monatlichen Sparbeiträge i. H. v. 153,39 Euro wurden vom Vater des Klägers auf den Bausparvertrag eingezahlt. Während des Rechtsreferendariats des Klägers waren zudem vermögenswirksame Leistungen i. H. v. monatlich 40,00 Euro eingezahlt worden.
Aus den zu seinem Girokonto vorgelegten Kontoauszügen ergab sich, dass dem Kläger bereits vor Antragstellung beim Beklagten im Rahmen eines Dauerauftrages von seinen Eltern monatlich 300,00 Euro ohne die Angabe eines Verwendungszwecks überwiesen wurden. Diese monatlichen Zahlungen erfolgten weiter ohne die Angabe eines Verwendungszwecks bis einschließlich Januar 2008. Zudem überwiesen die Eltern dem Kläger im September 2007 200,00 Euro und im Oktober 300,00 Euro mit dem Verwendungszweck “Unterhalt wegen Arbeitslosigkeit„ sowie unter anderen der Angabe “Darlehen„ als Verwendungszweck: im Oktober 2007 weitere 800,00 Euro, im November 2007 400,00 Euro, im März 2008 600,00 Euro im Mai und im Juni 2008 jeweils 300,00 Euro sowie im August 2008 150,00 Euro. Der Kläger überwies seinerseits an die Eltern im November 2007 1.800,00 Euro und im April 300,000 Euro mit dem Verwendungszweck “Teilrückzahlung Darlehen„.
Der Vater des Klägers erklärte am 24. Oktober 2008 unter Versicherung an Eides statt, dass es sich bei dem Bausparvertrag um eine private Vorsorge für den Kläger hand...