Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Befreiung des Syndikus-Rechtsanwalts von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
Orientierungssatz
1. Die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 setzt bei einem Rechtsanwalt u. a. voraus, dass dieser als Rechtsanwalt und nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als sog. Syndikusanwalt tätig ist.
2. Die Tätigkeit als Syndikus-Anwalt in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis ist mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts als freiem Organ der Rechtspflege unvereinbar. Die anwaltliche Berufsausübung ist in der äußeren Form der Beschäftigung nicht möglich. Infolgedessen ist eine Befreiung des in einem Dienstverhältnis zu einem Arbeitgeber tätigen Syndikusanwalts von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ausgeschlossen.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2015 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht ab 6. April 2011.
Der 1978 geborene Kläger ist österreichischer Staatsangehöriger und legte am 18. Februar 2008 mit Erfolg die zweite juristische Staatsprüfung ab. Er ist seit 16. Januar 2009 Mitglied in der Rechtsanwaltskammer (RAK) Brandenburg sowie im Versorgungswerk der Rechtsanwälte in Brandenburg (Beigeladene zu 2.). Darüber hinaus ist er "aufgrund Kanzleiverlegung" seit Juli 2011 in die RAK B aufgenommen und mit Wirkung ab 11. August 2011 von der Mitgliedschaft im Versorgungswerk dieser RAK befreit. Mit Arbeitsvertrag vom 5. August 2008 schloss der Kläger mit der R GmbH - Betriebsnachfolgerin ist die Beigeladene zu 1. - ein Arbeitsverhältnis als "Programmredakteur". In der Folgezeit wurde der Kläger dann mit "Erste Ergänzung zum Arbeitsvertrag vom 5. August 2008" vom 6. April 2011 als "Rechtsanwalt eingestellt".
Mit am 13. Oktober 2010 bei der Beigeladenen zu 2. und am 29. Oktober 2010 bei der Beklagten eingegangenem Antrag vom 6. Oktober 2010 beantragte die Kläger die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und legte u.a. eine Stellenbeschreibung seiner Arbeitgeberin vom 7. Oktober 2010 vor. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 8. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2011 den Antrag auf Befreiung von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI für die Tätigkeit des Klägers bei der R GmbH ab mit der Begründung, dass es sich bei der ausgeübten abhängigen Beschäftigung nicht um eine berufsständische (anwaltliche) Tätigkeit handele.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Oktober 2011 bei dem Sozialgericht (SG) Berlin Klage erhoben, gerichtet auf die Erteilung einer Befreiung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI ab 6. April 2011. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass sich seine Aufgaben mit dem Änderungsvertrag vom 6. April 2011 geändert hätten. Die Beklagte gehe fälschlicher Weise davon aus, dass sich mit dem Änderungsvertrag lediglich die Berufsbezeichnung geändert habe. Er ersetze im Rahmen seiner Tätigkeit eine Vielzahl von externem Rechtsrat. Seine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt umfasse nur eigene Mandate und nehme ein bis vier Stunden im Monat in Anspruch.
Der Kläger hat eine Klarstellung seiner Arbeitgeberin zur Tätigkeitsbeschreibung vom 7. August 2012 vorgelegt.
Das SG Berlin hat nach Beiladung (Beschluss vom 18. Juli 2013) und Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 27. Januar 2015 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erteilung der begehrten Befreiung von der Versicherungspflicht. Die Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI seien nicht gegeben. Zwar sei der Kläger als Rechtsanwalt zugelassen und als solcher Mitglied der Beigeladenen zu 2. Jedoch bestehe die Mitgliedschaft des Klägers in den RAK Berlin und Brandenburg nicht wegen der bei der Beigeladenen zu 1. ausgeübten Beschäftigung. Er sei bei der Beigeladenen zu 1. als sogenannter "Syndikusanwalt" beschäftigt. Unter einen "Syndikus" sei derjenige zu verstehen, der als ständiger Rechtsberater in einem festen Dienst- oder Anstellungsverhältnis bei einem bestimmten Arbeitgeber stehe. Der "Syndikusanwalt" sei gleichzeitig als Rechtsanwalt zugelassen (Bezugnahme auf BGH, Urteil vom 25. Februar 1999, IX ZR 384/97 und Beschluss vom 7. Februar 2011, NJW 2011, 1517). Der Kläger sei im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses unter anderem rechtsberatend für die Beigeladene zu 1. tätig. Ungeachtet dessen sei er in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1. eingebunden stehe zu dieser in einem Über-/Unterordnungsverhältnis. Hieran ändere nicht, dass er nach seinem Arbeitsve...