Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Unfallversicherungsschutz gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7. Wie-Beschäftigung. Vereinsmitglied. Abgrenzung der arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit von Arbeitsleistungen aufgrund einer Vereinspflicht/Vereinsübung. Schießleiter. Sportschützenverein
Orientierungssatz
Ein Vereinsmitglied eines Sportschützenvereins steht in der Ausübung seiner Funktion als Schießleiter nicht als "Wie-Beschäftigter" gem § 2 Abs 2 S 1 iVm Abs 1 Nr 1 SGB 7 unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Normenkette
SGB VII § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 17. Juli 2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall. Streitig ist, ob er in seiner Tätigkeit als Schießleiter für einen Verein Versicherungsschutz genoss.
Der 1963 geborene Kläger ist Mitglied des Vereins S e. V., einem im Vereinsregister des Amtsgerichts Nauen eingetragenen Verein. In der Satzung ist u. a. ausgeführt:
“§ 2 Vereinszweck, Gemeinnützigkeit
…
b) Zweck des Vereins ist die körperliche und charakterliche Ertüchtigung seiner Mitglieder durch Pflege und Förderung des Sportschießens auf breiter Grundlage. Der Satzungszweck wird verwirklicht insbesondere durch die Errichtung und Erhaltung von Sportanlagen sowie die Förderung sportlicher Übungen und Leistungen. Der Verein organisiert den Übungs- und Wettkampfbetrieb.
….
§ 3 Vereinsämter
a) Vereinsämter sind Ehrenämter
b) Übersteigen die anfallenden Arbeiten das zumutbare Maß ehrenamtlicher Tätigkeit, so kann der Vorstand einen hauptamtlichen Geschäftsführer und unbedingt notwendiges Hilfspersonal für Büro- und Sportanlagen bestellen. …
§ 7 Rechte und Pflichten der Mitglieder
a) Die Mitglieder sind verpflichtet, die sportlichen Bestrebungen und Interessen des Vereins nach Kräften zu unterstützen und zu wahren, sowie die Beschlüsse und Anordnungen der Vereinsorgane zu befolgen.
b) Die Mitglieder sind verpflichtet, für den Verein unentgeltliche Arbeitsleistungen zu verrichten. Die Arbeitsleistungen sind insbesondere:
handwerkliche Bautätigkeiten, Wartung und Pflege der Schießanlage sowie vereinsorganisatorische Tätigkeiten, welche mit viel Zeitaufwand zu verrichten sind. Bei nicht erbrachter Arbeitsleistung muss dem Mitglied die Fehlstunde laut Beitragsordnung in Rechnung gestellt werden.
§ 20 Einsetzen von Ausschüssen und Einzelpersonen
Der Vorstand ist berechtigt, zu seiner Beratung und Unterstützung beim Ablauf des Vereinsgeschehens Einzelpersonen und Ausschüsse für spezielle Aufgaben einzusetzen. … „
Am 10. Juli 2010 rutschte der Kläger auf der Stufe einer Tür aus, als er bei Beendigung seines an diesem Tag durchgeführten Schießleiterdienstes eine Zwischentür vom Schießleiterraum abschloss und brach sich dabei die linke Ferse: Er erlitt eine Calcaneustrümmerfraktur verbunden mit einem Weichteilschaden Grad II bei geschlossener Fraktur.
Der Verein erstattete unter dem 14. Juli 2010 eine Unfallanzeige. Auf Befragen teilte der Verein unter dem 29. Juli 2010 mit, dass der Kläger für die ausgeübte Tätigkeit ausweislich des Schießleiterplanes beauftragt gewesen sei. Der Schießleitereinsatzplan für Juli 2010 war beigefügt, aus diesem ergab sich für Juli 2010 ein einmaliger Einsatz des Klägers als Schießleiter am 10. Juli 2010. Weitere 13 Personen waren für vergleichbare einmalige Einsätze eingeteilt.
Mit Bescheid vom 11. Oktober 2010 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 10. Juli 2010 als Versicherungsfall und - pauschal - die Erbringung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab. Sie führte zur Begründung aus, dass der Kläger bei seiner Tätigkeit als Schießleiter mitgliedschaftsrechtlichen Verpflichtungen nachgegangen und somit nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden sei, so dass kein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch, Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) bestanden habe.
Mit seinem hiergegen erhobenen Widerspruch führte der Kläger aus, dass ein Schießleiter Anforderungen des Gesetzes und der Sportordnung des DSB erfülle. Derartige Aufsichtspersonen seien auch auf dem freien Arbeitsmarkt vorhanden, da ein privater Betreiber einer Schießstätte solche Personen einstellen und auch bezahlen müsste. Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Januar 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Im Klageverfahren hat das Gericht die Schützengilde zu N e. V. befragt, die mit Schreiben vom 2. Januar 2012 mitteilte, dass der Verein im Juli 2010 53 aktive und 5 passive Mitglieder gehabt habe. Von den aktiven Mitgliedern hätten 17 die Funktion des Schießleiters gehabt. Der Dienst des Schießleiters an den Schießtagen habe mittwochs und freitags 5 Stunden inklusive Vorbereitungs- und Nachrüstzeit sowie sonnabends 6 Stunden inklusive ...