Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesetzliche Rentenversicherung. Zusatzversorgungssystem der Altersversorgung der technischen Intelligenz. Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung durch Tätigkeit in einem VEB im Bereich der Industrie oder des Bauwesens. "fiktiver" Anspruch wegen Einbeziehung. VEB Kreisbetrieb für Landtechnik Senftenberg

 

Orientierungssatz

1. Die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz hing nach § 1 VO-AVItech iVm § 1 Abs. 1 S. 1 der 2. DB zur VO-AVItech von drei Voraussetzungen ab: Der Versorgungsberechtigte muss eine bestimmte Berufsbezeichnung führen (persönliche Voraussetzung), eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb oder einer gleichgestellten Einrichtung verrichtet haben (betriebliche Voraussetzung).

2. Volkseigene Produktionsbetriebe (VEB) der Industrie waren nur solche, die durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mithilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells ihr Gepräge erhalten haben. Auf die Prüfung des “Gepräges„ kann weder verzichtet werden, weil ein VEB einem bestimmten Ministerium unterstand noch deshalb, weil er statistisch einem bestimmten Wirtschaftsbereich zugeordnet war; beides sind lediglich Beurteilungskriterien, keine unwiderleglichen Nachweise.

3. Welche Betriebe den VEB der Industrie und des Bauwesens gleichgestellt waren, wurde in § 1 Abs. 2 der 2. DB zur VO-AVItech geregelt. Diese Vorschrift ist keiner erweiternden Auslegung zugänglich.

4. Der VEB Kreisbetrieb für Landtechnik Senftenberg war weder ein Produktionsbetrieb noch ein gleichgestellter Betrieb.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 08. März 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. August 1973 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) nach der Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Der 1950 geborene Kläger studierte nach seiner Ausbildung zum Landmaschinen- und Traktorenschlosser vom 01. September 1970 bis zum 31. Juli 1973 an der Ingenieurschule für Landtechnik N. Ihm wurde am 31. Juli 1973 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung Ingenieur für Landtechnik zu führen. Ausweislich der Eintragungen im Sozialversicherungsausweis war der Kläger im Anschluss an das Studium bei dem Kreisbetrieb für Landtechnik S(ab dem 20. Dezember 1976 als Volkseigener Betrieb ≪VEB≫ Kreisbetrieb für Landtechnik S im Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirks Cottbus eingetragen; im Folgenden: VEB KfL S) mit Sitz in G tätig. Zunächst arbeitete er als Leiter Technische Kontrollorganisation, ab dem 01. Januar 1975 als Ingenieur für Instandhaltung, ab dem 01. Januar 1984 als Abteilungsleiter der landtechnischen Instandsetzung und schließlich ab dem 01. Januar 1988 als Direktor. Nach seinen Angaben im Erörterungstermin am 11. April 2011 war er zunächst in der Produktion tätig und dort zuständig für die Qualitätssicherung u. a. von produzierten Federbügeln, ab 1980 (laut Sozialversicherungsausweis ab 1984) habe er als Abteilungsleiter in der landtechnischen Instandsetzung gearbeitet, bevor er dann Betriebsdirektor geworden sei. Schlussendlich war der Kläger als Geschäftsführer des am 11. Oktober 1990 in das Handelsregister eingetragenen Rechtsnachfolgers des VEB KfL S, der F- und L GmbH G, tätig. Der Kläger entrichtete bis zum 30. Juni 1990 keine Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung der DDR.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 09. Februar 2005 auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften mit Bescheid vom 12. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09. August 2005 ab, da es sich bei dem VEB KfL S weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb (Industrie oder Bau) im Sinne der Versorgungsordnung noch um einen gleichgestellten Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (2. DB) gehandelt habe. Der Beschäftigungsbetrieb sei der Wirtschaftsgruppe 15489 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR und damit den Reparatur- und Montagebetrieben des Straßenfahrzeug- und Traktorenbaus zugeordnet worden.

Dagegen hat der Kläger am 12. September 2005 Klage bei dem Sozialgericht Cottbus erhoben, zu deren Begründung er geltend gemacht hat, es habe sich bei dem VEB KfL S sehr wohl um einen industriellen Produktionsbetrieb gehandelt, denn es seien vorwiegend Industrieprodukte für den Automobilbau sowie für den Bau von Kraftfahrzeuganh...

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