Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuordnung einer Kindererziehungszeit für einen Elternteil
Orientierungssatz
1. Haben zu der Frage, welchem Elternteil eine Erziehungszeit des gemeinsamen Kindes nach § 56 Abs. 1 S. 2 SGB 6 zuzuordnen ist, die Kindeseltern eine übereinstimmende Erklärung nicht abgegeben, so hat der Rentenversicherungsträger nach § 56 Abs. 2 S. 9 SGB 6 zu ermitteln, wer das Kind nach objektiven Gesichtspunkten überwiegend erzogen hat. Gelingt dies nicht, so greift die Regelung des § 56 Abs. 2 S. 8 SGB 6, nach der die Erziehungszeit der Mutter zuzuordnen ist.
2. Begehrt ein Elternteil die Zuordnung der Erziehungszeit für sich im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs, so hat er hierzu u. a. eine Verletzung der Beratungspflicht durch den Sozialleistungsträger nachzuweisen.
3. Der Rentenversicherungsträger ist nicht verpflichtet, ohne konkreten Anlass zur Frage der Abgabe einer übereinstimmenden Erklärung aufzuklären und zu beraten.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. September 2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Vormerkung rentenversicherungsrechtlicher Zeiten.
Der 1952 geborene Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und war bis Dezember 1984 im Inland versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 01. Januar 1985 ist er bei der Europäischen Investitionsbank (EIB) mit Sitz in Luxemburg beschäftigt, wo er seither - mit Unterbrechung - auch wohnhaft ist. Von 1988 bis 1992 arbeitete er für seinen Arbeitgeber in L. Aufgrund seines Antrags vom 20. Dezember 1985 wurde er mit Bescheid der Beklagten vom 24. Januar 1986 zur freiwilligen Versicherung in der Rentenversicherung zugelassen und zahlte dementsprechend bis Juni 1996 freiwillige Beiträge an die Beklagte. Im Dezember 1993 sowie am 28. Oktober 1999 wurde ihm jeweils eine Rentenauskunft erteilt. Im Zusammenhang mit der Beendigung der freiwilligen Versicherung wurde ihm auf Antrag ein Versicherungsverlauf vom 28. Juni 1996 zugesandt. Er ist darüber hinaus rentenversichert im Versorgungssystem der EIB. Es besteht jedoch keine Versicherung in der luxemburgischen Rentenversicherung (vgl. Auskunft der Caisse de Pension des Employés privés vom 29. November 2006).
Seine 1961 geborene Ehefrau ist Unionsbürgerin französischer Staatsangehörigkeit. Für sie ist nach eigenen Angaben keine deutsche Versicherungsnummer vergeben. Die gemeinsamen Kinder wurden am 22. Mai 1992 in L (C), 29. Mai 1994 in L (G) und 30. April 1996 ebenfalls in L (M) geboren.
Anlässlich eines Antrags des Klägers auf Erteilung einer Rentenauskunft vom 02. August 2006 leitete die Beklagte ein Kontenklärungsverfahren ein. Mit Schreiben vom 13. November 2006 bat der Kläger unter anderem um Übersendung des Formulars V800, wenn die Berücksichtigung der Erziehung der Kinder die Rente erhöhe.
Am 14. Dezember 2006 ging der Antrag des Klägers auf Feststellung von Kindererziehungszeiten/Berücksichtigungszeiten (KEZ/BEZ) wegen Kindererziehung (V800) ein. Beigefügt waren drei Erklärungen vom 03. Dezember 2006 (V805), wonach die Kinder während des gesamten Erziehungszeitraumes gemeinsam mit dem anderen Elternteil erzogen worden seien, im Rahmen dieser gemeinsamen Erziehung jedoch immer überwiegend vom Kläger. Darüber hinaus gaben der Kläger und seine Ehefrau unter dem 03. Dezember 2006 eine Erklärung über die Zuordnung von KEZ/BEZ bei gemeinsamer Erziehung für die Zukunft (für den gesamten Erziehungszeitraum an den Kläger) ab.
Mit Bescheid vom 15. Januar 2007 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sechstes Sozialgesetzbuch (SGB VI) die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurücklagen, verbindlich fest. Hierin lehnte die Beklagte u.a. die Vormerkung von KEZ bzw. BEZ ab, da die Kinder in den jeweiligen relevanten Zeiträumen im Ausland erzogen worden seien. Ob unter objektiven Maßstäben eine überwiegende Erziehung seitens des Klägers vorgelegen habe, sei daher nicht geprüft worden. Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte eine Diskriminierung gegenüber in Deutschland lebenden Versicherten geltend. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 27. Januar 2009 zurück. Nach § 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VI i.V.m. der künftigen Regelung in Art. 5 EWGV 883/2004 seien KEZ anzuerkennen, solange die erziehende Person allein in Deutschland und nicht gleichzeitig in einem anderen Mitgliedsstaat eine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausübe und infolge einer solchen eine kurzfristige Geldleistung beziehe. Die letzte Beschäftigung des Klägers in Deutschland sei am 31. Dezember 1984 beendet worden. Seit der Geburt des ersten Kindes sei von ihm nur eine Beschäftigung in Großbritannien und Luxemburg zurückgelegt worden. Da der Sachverhalt “Kindererziehung„ in Großbritannien und Luxemburg rentenrechtlich relevant sei, komme die Anrechnung von KEZ nicht zum Tragen. Das im Rahmen des Widerspruchsverfahrens angeführte Urte...