Entscheidungsstichwort (Thema)
Statthaftigkeit einer unechten Leistungsklage zur Übernahme von Renovierungskosten
Orientierungssatz
1. Zur Zulässigkeit einer unechten Leistungsklage in der Form einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage ist Voraussetzung, dass ein anfechtbarer Verwaltungsakt gegenüber dem Kläger ergangen ist.
2. Hieran fehlt es, wenn seitens der Behörde weder eine positive noch negative Entscheidung ergangen ist. Dem Leistungsträger, auch demjenigen der Sozialhilfe, ist es verwehrt, einen Leistungsanspruch zuzuerkennen, den der Betroffene ausdrücklich nicht in Anspruch nehmen will. Der dahin gehende Wille kann auch nicht durch eine zivilrechtliche Verpflichtung zur Leistung im Wege der Ersatzvornahme ersetzt werden.
3. Ein zugunsten des Vermieters gegenüber einem Dritten ergangenes zivilrechtliches Urteil auf Übernahme von Renovierungskosten der Wohnung kann nicht das für eine Entscheidung des Sozialhilfeträgers erforderliche Leistungsbegehren des pflegebedürftigen Sozialhilfeempfängers ersetzen. Dies gilt auch hinsichtlich eines bereits ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 31. März 2008 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 4.472,77 Euro festgesetzt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin als Vermieterin begehrt vom Beklagten (als Drittschuldner) die Zahlung eines Kostenvorschusses für eine (künftige) Teilrenovierung der an die Beigeladene vermieteten Wohnung.
Die 1915 geborene pflegebedürftige Beigeladene erhält vom Beklagten ergänzende Leistungen der Grundsicherung im Alter. Sie wohnt als Mieterin in einer Wohnung der Klägerin.
Die Klägerin erwirkte gegen die Beigeladene, die eine Wohnungsrenovierung alters- und gesundheitsbedingt ablehnt, ein Urteil des Landgerichts B vom 23. März 2006, mit dem die Beigeladene verurteilt worden ist, an die Klägerin 5.987,54 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 237 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - seit dem 06. Juni 2005 zu zahlen. Dieser Betrag ergab sich aus einem Kostenangebot zur Durchführung von Schönheitsreparaturen in der von der Beigeladenen gemieteten Wohnung mit Ausnahme des Zimmers, in welchem sich die bettlägerige Beigeladene überwiegend aufhält. Die Klägerin erwirkte außerdem einen dem Beklagten am 09. Oktober 2006 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 12. Juni 2006, mit dem der (angebliche) Anspruch der Beigeladenen gegen den Beklagten auf Gewährung eines Renovierungskostenvorschusses gepfändet wurde. Der Beklagte lehnte mit Schreiben vom 16. Oktober 2006 eine Zahlung ab, er sei nicht Drittschuldner, und Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - SGB XII - seien grundsätzlich nicht pfändbar.
Mit der am 14. Dezember 2006 zum Sozialgericht - SG - Berlin erhobenen Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Betrages von 6.330,43 Euro (Hauptforderung 5.987,54 Euro zuzüglich Zinsen bis einschließlich 02. Mai 2006) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 03. Mai 2006 aus 5.987,54 Euro von dem Beklagten beansprucht. Sie meint, die Beigeladene habe einen Anspruch gegen den Beklagten auf Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen. Diesen Anspruch der Beigeladenen habe sie zulässigerweise gepfändet. Der einer Renovierung entgegenstehende Wille der Beigeladenen sei durch das Urteil des Landgerichts Berlin ersetzt worden, sodass es keines Antrages der Beigeladenen beim Beklagten auf Kostenübernahme mehr bedürfe.
Nachdem sich durch Aufrechnung nach Kostenausgleich die ursprüngliche Urteilssumme zuzüglich Zinsen auf 4.472,77 Euro reduziert hat, hat die Klägerin nur noch diesen Betrag zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 09. Februar 2007 beansprucht.
Der Beklagte ist dem Zahlungsbegehren entgegengetreten. Ein etwaiger Anspruch auf Übernahme der Kosten für Schönheitsreparaturen würde allein der Beigeladenen zustehen. Er sei höchstpersönlich und könne weder übertragen noch gepfändet werden. Darüber hinaus wolle die Beigeladene die von der Klägerin begehrte Leistung nicht, so dass das für eine Leistungsbewilligung erforderliche Verwaltungsverfahren bisher nicht durchgeführt worden sei.
Sodann hat das SG nach Anhörung der Beteiligten die Klage durch Gerichtsbescheid vom 31. März 2008 abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei bereits unzulässig. Zwar fehle der als allgemeine (echte) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobenen Klage nicht bereits das erforderliche Rechtschutzbedürfnis, weil die Klägerin aus dem vor dem Zivilgericht erstrittenen rechtskräftigen Urteil vollstrecken könne. Denn ein unterstellter Anspruch der Beigeladenen gegen den Beklagten auf Leistungen der Grundsicherung in Höhe der notwendigen Aufwendunge...