Entscheidungsstichwort (Thema)
Entbehrlichkeit der Drei-Fünftel-Belegung bei der Rente wegen Erwerbsminderung
Orientierungssatz
1. Die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog. Drei-Fünftel-Belegung sind für alle Renten wegen Erwerbsminderung bzw. bei Berufsunfähigkeit erforderlich, in denen der betreffende Versicherungsfall nach dem 31. 12. 1983 eingetreten ist.
2. Die Drei-Fünftel-Belegung ist nicht erforderlich, wenn der Versicherte für die Zeit ab 1. 1. 1984 bis zum Eintritt des Versicherungsfalls Anwartschaftserhaltungszeiten zurückgelegt hat bzw. wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die Wartezeit vorzeitig erfüllt wäre.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 05. Oktober 2005 wird zurückgewiesen.
Die Klage auf Beitragserstattung wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch in dem Verfahren bei dem Landessozialgericht nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung (EM), hilfsweise wegen teilweiser EM, hilfsweise wegen teilweiser EM bei Berufsunfähigkeit (BU).
Der am 1944 in Österreich geborene Kläger hatte zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland rentenrechtliche Zeiten bis zum 31. März 1993 zurückgelegt. Danach war er noch in Österreich in der Zeit vom 01. Juli 2003 bis zum 29. Februar 2004 unter Abführung von Pflichtbeiträgen an den dortigen Sozialversicherungsträger selbständig erwerbstätig. In der Zeit vom 01. April 1993 bis zum 30. Juni 2003 sind keine rentenrechtlichen Zeiten des Klägers vorgemerkt; auf den zwischenstaatlichen Versicherungsverlauf vom 12. April 2006 wird Bezug genommen. Bei einer Plasmaspende hatte sich der Kläger eine Hepatitis C-Infektion mit erheblichen Folgeerscheinungen zugezogen, die am 17. November 2000 diagnostiziert und vom österreichischen Unfallversicherungsträger als Berufskrankheit unter Zahlung einer Versehrtenrente für die Zeit ab dem 18. November 2000 anerkannt wurde (Bescheid der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt - Landesstelle L - vom 22. Mai 2002). Nach Aufgabe seiner selbständigen Erwerbstätigkeit im Bereich Handel und Beratung für Südost- und Osteuropa zum 01. März 2004 (Nichtbetriebsmeldung der Wirtschaftskammer W und Löschung der Gewerbeberechtigung zum 13. Oktober 2004 durch den Magistrat der Stadt W) bezieht der Kläger seit dem 01. März 2004 eine Erwerbsunfähigkeitspension von der österreichischen Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (Bescheid vom 24. Februar 2005).
Den Antrag des Klägers vom November 2003 auf Gewährung von Rente wegen EM lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 23. September 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. März 2005 ab mit der Begründung, dass im Hinblick auf den eingetretenen Leistungsfall der vollen EM am 13. Oktober 2004 (Löschung des selbständigen Gewerbes) die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von EM-Rente nicht erfüllt seien. Die EM sei auch nicht aufgrund eines Tatbestandes eingetreten, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt sei.
Im Klageverfahren hat der Kläger noch Unterlagen über die von ihm zurückgelegten Berufs-, Schul- und Hochschulausbildungen vorgelegt; hierauf wird Bezug genommen. Er hat ferner vorgetragen, von 1999 bis zum 20. Juni 2002 ein Studium des “ Theozentrischen Geschäfts und der Ethik„ am A in M(USA) absolviert und den akademischen Grad “D„ erworben zu haben, wobei die zeitliche Belastung dieser Weiterbildung nicht mehr als 20 Wochenstunden betragen habe und neben einer beruflichen Tätigkeit erfolgt sei. Am 20. Juni 2002 hatte der Kläger die Ordination zum Priester an der genannten Einrichtung erhalten.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung von EM-Rente gerichtete Klage mit Gerichtsbescheid vom 05. Oktober 2005 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser EM oder auch nur wegen teilweiser EM bei BU gemäß den §§ 43, 240 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) in den seit 01. Januar 2001 geltenden Fassungen (im Folgenden ohne Zusatz zitiert). Der Kläger sei zwar seit Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit am 13.Oktober 2004 wegen der schwerwiegenden und lebensbedrohlichen Folgen seiner Hepatitis C-Infektion voll erwerbsgemindert, was auch die Beklagte nicht verkenne. Abgestellt auf diesen Leistungsfall seien aber die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von EM-Rente nicht erfüllt. Denn in dem dann maßgebenden Rahmenzeitraum vom 13. Oktober 1999 bis zum 12. Oktober 2004 seien nur acht Monate mit Pflichtbeiträgen vorhanden. Selbst wenn davon auszugehen sei, dass die volle EM schon mit Beginn einer Therapie im Mai 2004 eingetreten sei, würde sich keine andere Beurteilung ergeben. Die EM sei auch nicht durch einen Tatbestand eing...