Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. industrielle Instandsetzung keine Produktion im Sinne der Versorgungsordnung
Orientierungssatz
1. Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war.
2. Die Bedeutung der Versorgungsordnungen ist insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes und unter Berücksichtigung des § 5 AAÜG zu bestimmen. Die Auslegung und Anwendung der Versorgungsordnungen und der Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ist ohne Belang, da anderenfalls die Möglichkeit normativer Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen bestünde (Vergleiche BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R).
3. Von der Versorgungsordnung waren nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens erfasst. Hauptzweck muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein.
4. Eine industrielle Instandsetzung und Modernisierung von Gütern unterfiel nicht dem Produktionsbegriff im Sinne des der Versorgungsordnung zugrundegelegten Produktionsmodells.
5. Der an das In-Kraft-Treten des Neueinbeziehungsverbots anknüpfende Stichtag des 30. Juni 1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Anschluss an BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04).
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 25. Juni 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung, der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. Dezember 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben - AVItech - (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG -) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Der 1945 geborene Kläger war nach einem Studium an der Iüraschinenbau in L mit Urkunde vom 04. Dezember 1975 berechtigt, den Titel “Ingenieur„ zu führen.
In dem streitbefangenen Zeitraum war der Kläger im VEB I L - VEB I - ab Januar 1975 als Reparatur- und ab Dezember 1975 als leitender Ingenieur tätig. Der VEB I war als selbständiger Betrieb ins Register der volkseigenen Wirtschaft unter der Registernummer eingetragen. Er gehörte zum VEB Kombinat Spezialtechnik D. Übergeordnetes Organ war das M für V und Fahrzeugbau.
Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung - FZR - entrichtete der Kläger ab 01. Juli 1972, ab 01. Januar 1988 für das tatsächliche Einkommen. Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde dem Kläger nicht ausgehändigt. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ist nicht vorgetragen worden.
Im September 1999 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 01. Juni 2001 den Antrag mit der Begründung ab, dass die im VEB I ausgeübte Beschäftigung nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb ausgeübt worden sei, wie dies von der Versorgungsordnung gefordert werde.
Mit seinem Widerspruch vom 15. Juni 2001 machte der Kläger geltend, es lägen sämtliche Voraussetzungen für die beantragte Feststellung vor. Bei dem Beschäftigungsbetrieb habe es sich um einen Produktions- und nicht etwa um einen Dienstleistungsbetrieb gehandelt. Seit Ende der 60-er Jahre seien in dem Werk nicht nur Triebwerke instand gesetzt, sondern es sei auch produziert worden, so Hub- und Transportwagen bis 1990, Sauerstoffselektoren, Vorrichtungen, Prüfstände, Eckbänke, Ersatzteile für Triebwerke und Eisabtaugeräte auf Triebwerksbasis. Seit 1971 habe der selbständige Betrieb I L bestanden. Dieser sei zunächst ein Betrieb im VVB A gewesen. Nach der Kombinatsbildung in der DDR habe das I dem Kombinat S angehört. Auch wenn im VEB I Stahltriebwerke für Jagdflugzeuge, Wellentriebwerke für Hubschrauberantriebe, Kleingasturbinen sowie Hauptgetriebe für Hubschrauberantriebe instand gesetzt worden seien, so spreche dies nicht dagegen, das Werk als Produktionsbetrieb anzuerkennen. Es habe jedenfalls zu den produzierenden Kombinaten gehört. Auch könne die Instandsetzungstätigkeit nicht als bloße Dienstleistung gewertet werden. Es h...