Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Rentenversicherung. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem. industrielle Instandsetzung keine Produktion im Sinne der Versorgungsordnung. Parallelentscheidung zu LSG Berlin-Potsdam, Urteil vom 29. August 2006. L 21 RA 179/03 -
Orientierungssatz
1. Die Frage der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem ist danach zu beantworten, ob eine tatsächlich ausgeübte Beschäftigung ihrer Art nach zu denjenigen gehört, derentwegen entsprechend der nach objektiven Auslegungskriterien des Bundesrechts zu verstehenden Versorgungsordnung und gegebenenfalls weiteren einschlägigen generellen und veröffentlichten Erläuterungen hierzu zu irgendeinem Zeitpunkt ein Versorgungssystem errichtet war.
2. Die Bedeutung der Versorgungsordnungen ist insbesondere unter Beachtung des Gleichheitssatzes und unter Berücksichtigung des § 5 AAÜG zu bestimmen. Die Auslegung und Anwendung der Versorgungsordnungen und der Durchführungsbestimmungen durch Stellen der DDR ist ohne Belang, da anderenfalls die Möglichkeit normativer Verfestigung willkürlicher Vorgehensweisen bestünde (Vergleiche BSG, Urteil vom 24. März 1998 - B 4 RA 27/97 R).
3. Von der Versorgungsordnung waren nur volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens erfasst. Hauptzweck muss die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation von Sachgütern bzw. die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gewesen sein.
4. Eine industrielle Instandsetzung und Modernisierung von Gütern unterfiel nicht dem Produktionsbegriff im Sinne des der Versorgungsordnung zugrundegelegten Produktionsmodells.
5. Der an das In-Kraft-Treten des Neueinbeziehungsverbots anknüpfende Stichtag des 30. Juni 1990 ist im Interesse einer schnellen Herbeiführung der rentenrechtlichen Renteneinheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (Anschluss an BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.10.2005 - 1 BvR 1921/04).
Parallelentscheidung zu LSG Berlin-Potsdam, Urteil vom 29. August 2006 - L 21 RA 179/03 -
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 27. August 2003 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten, die Beschäftigungszeit vom 01. November 1960 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben - AVItech - (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - ) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsverdienste festzustellen.
Der 1933 geborene Kläger war nach einem Studium an der Ingenieurschule für Schwermaschinenbau in W mit Urkunde vom 14. Oktober 1960 berechtigt, den Titel “Ingenieur„ zu führen. In dem streitbefangenen Zeitraum war er bis 31. Dezember 1971 im IL bzw. im VEB F als Konstrukteur tätig. Ab 01. Januar 1972 war er im VEB Instandsetzungswerk L - VEB I- als leitender Ingenieur bis 31. Dezember 1983 und danach als Leiter Technologie bis zum 30. Juni 1990 tätig. Der ... war als selbständiger Betrieb in das Register der volkseigenen Wirtschaft unter der Registernummer eingetragen. Er gehörte zum VEB K-S D. Übergeordnetes Organ war das M für V und F.
Der Kläger entrichtete ab 01. Juni 1981 Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung - FZR - im Beitrittsgebiet. Eine Urkunde über die Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem wurde dem Kläger nicht ausgehändigt. Ein einzelvertraglicher Anspruch auf Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem ist nicht vorgetragen worden.
Die im Januar 2002 bei der Beklagten vom Kläger beantragte Überführung von Versorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 2002 mit der Begründung ab, der Kläger habe am 30. Juni 1990 nicht zu den obligatorisch Versorgungsberechtigten gehört.
Mit Widerspruch vom 02. Juli 2002 machte der Kläger geltend, Kollegen mit gleichem Abschluss und Tätigkeitsbild seien die Beschäftigungszeiten zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz zuerkannt worden. Der Betrieb VEB FL sei in den VEB I umbenannt worden. In den Betrieben seien Konstruktionen und die Fertigung von Vorrichtungen der unterschiedlichsten Art vorgenommen worden. Die hauptsächliche Produktion sei die Instandsetzung von Flugzeugtriebwerken gewesen. Das Instandsetzungswerk habe damals zu den Betrieben der speziellen Produktion gehört.
Mit Bescheid vom 12. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch mit der weiteren Begründung zurück, dass es sich beim VEB I nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb oder einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.
Mit seiner am 04. März 2003 vor dem Sozialgericht Potsdam erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Seit Ende der 60er Jahre seien im Instandsetzungswerk nicht nur Triebwerke instand gesetzt, ...