Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Darlehen für Mietschulden. Bedrohung von Wohnungsverlust. Wegfall des Anspruchs nach Schuldenbegleichung bei Vermieter auch bei Aufnahme eines Darlehens bei Dritten
Orientierungssatz
1. Die zwischenzeitliche Begleichung von Mietschulden lässt den Anspruch auf eine Übernahme der Mietschulden nach § 22 Abs 5 SGB 2 nachträglich entfallen (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 22.4.2008 - L 5 B 510/08 AS ER).
2. Hat der Hilfebedürftige die Mietschulden bei dem Vermieter zwischenzeitlich beglichen, indem er bei Dritten ein verzinstes Darlehen aufgenommen hat, so ändert dies nichts am Wegfall des Anspruchs aus § 22 Abs 5 SGB 2.
3. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht darauf an, ob gem § 22 Abs 5 S 3 SGB 2 in der ab 1.4.2006 geltenden Fassung vorrangig Schonvermögen in Höhe des Grundfreibetrages einzusetzen gewesen wäre.
4. Zum Nichtvorliegen eines Folgenbeseitigungsanspruchs.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 wird zurückgewiesen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt vom Beklagten die Übernahme von Schulden und macht hilfsweise einen Folgenbeseitigungsanspruch geltend.
Der Kläger bezieht vom Beklagten seit April 2005 Arbeitslosengeld II unter Einschluss von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Miete. Er geriet ab Februar 2005 in Mietrückstand. Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis und erhob zum Amtsgericht Lichtenberg Mietzahlungs- und Räumungsklage. Das diesbezügliche Verfahren wurde in der mündlichen Verhandlung am 1. März 2006 mit einem Vergleich beendet, wonach das Mietverhältnis bei Begleichung der Mietrückstände in Höhe von 2.222,47 € bis zum 3. April 2006 fortgesetzt würde.
Der Kläger beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 25. April 2006 die Übernahme der Mietrückstände. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 11. Mai 2006 ab. Der Kläger erhob am 26. Mai 2006 Widerspruch. Er reichte eine Erklärung der Vermieterin vom 18. Mai 2006 ein, wonach diese nur für den Fall das Mietverhältnis mit dem Kläger fortsetzen werde, wenn neben dem Vergleichsbetrag von 2.222,47 € unter anderem Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.395,48 € sowie weitere Gerichts- und Vollstreckungskosten in Höhe von insgesamt 788,00 € (insgesamt 4.405,95 €) durch den Kläger beglichen würden. Ferner verwies der Kläger auf eine Selbsttötungsgefahr im Falle des Wohnungsverlusts und legte ein Attest des Neurologen und Psychiaters Dr. M vom 8. Juni 2006 vor. Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2006 im Wesentlichen mit der Begründung zurück, dass eine Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 des Zweiten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB II) nicht gerechtfertigt sei, weil der Kläger die ihm gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung zweckwidrig verwendet habe.
Der Kläger hat sein Begehren mit der am 22. August 2006 zum Sozialgericht Berlin erhobenen Klage weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 14. August 2007 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Mietschuldenübernahme nach § 22 Abs. 5 SGB II nicht gerechtfertigt sei, weil der Kläger die ihm gewährten Leistungen für Unterkunft und Heizung zweckwidrig verwendet habe.
Der Kläger hat gegen das ihm am 21. August 2007 zugestellte Urteil am 17. September 2007 Berufung eingelegt. Er ist der Meinung, dass es für die Übernahme der Mietschulden keine Rolle spiele, ob die Notlage selbst verursacht worden sei oder nicht. Er trägt vor, nicht von vornherein entschlossen gewesen zu sein, Mietrückstände in der Erwartung auflaufen zu lassen, dass der Beklagte die Rückstände übernehmen werde. Er sei erst bei einem Beratungsgespräch beim B & L e.V. am 12. Januar 2006 über die Möglichkeit einer Schuldenübernahme informiert worden. Ferner habe er sein Schonvermögen nicht für die Mietschulden einsetzen müssen; § 22 Abs. 5 S. 3 SGB II würde erst ab 1. April 2006 und damit nicht für den verfahrensgegenständlichen Zeitraum gelten. Er habe die vom Beklagten bezogenen Leistungen für die Anschaffung einer Küche verwenden müssen, weil er in der Wohnung nur Herd und Spüle gehabt habe und der Beklagte ohnehin zur Übernahme der Erstausstattung verpflichtet gewesen sei. Ferner sei er auch wegen Unterhaltszahlungen an die Mutter seines Kindes außerstande gewesen, allen seinen Verbindlichkeiten nachzukommen.
Der Kläger nahm zwischenzeitlich ein verzinstes Darlehen auf und beglich hiervon die Mietrückstände und die bis dahin offenen Gerichts-, Rechtsanwalts- und Vollstreckungskosten.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11. Mai 2006 in der Gestalt des Widers...