Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherung. zuständige Einzugsstelle für Entscheidung über Sozialversicherungspflicht und Einzug des Gesamtversicherungsbeitrages bei Krankenkassenwechsel. Fremdversicherungsträger. Verwaltungsverfahren. Beteiligter. sozialgerichtliches Verfahren. Beiladung
Orientierungssatz
1. Die Zuständigkeit für die nach § 28h SGB 4 zu prüfenden Fragen geht hinsichtlich des gesamten jeweils streitigen Beschäftigungsverhältnisses auf diejenige Krankenkasse über, die im Zeitpunkt der Anfrage von Arbeitgeber oder Arbeitnehmer die Krankenversicherung durchführt. Ausschließlich diese Krankenkasse ist auch Einzugsstelle iS von § 28i S 1 SGB 4 (vgl Urteil des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 15.8.2007 - L 31 KR 128/07).
2. Soweit sich nach der Feststellung nach § 28h Abs 2 SGB 4 sozialversicherungsrechtlich relevante Veränderungen ergeben, ist nach einem etwaigen Kassenwechsel die neue Krankenkasse für die Entscheidung über einen Abänderungsantrag nach § 44 SGB 10 zuständig. Im Übrigen werden die Belange der Fremdversicherungsträger ebenso wie die Belange der vor dem Kassenwechsel zuständig gewesenen Krankenkassen in dem von der im Zeitpunkt der Antragstellung zuständigen Krankenkasse durchzuführenden Verwaltungsverfahren durch eine Hinzuziehung nach § 12 Abs 2 S 1 SGB 10 und im gerichtlichen Verfahren durch eine Beiladung nach § 75 Abs 2 SGG gewahrt.
Tenor
Auf die Berufung der Beigeladenen zu 3) wird das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Februar 2004 aufgehoben, soweit das Sozialgericht darin gegenüber der Beklagten festgestellt hat, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1984 bis zum 29. Juli 1988 bei der Beigeladenen zu 3) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte, die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 4) haben dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens vollständig und der Beigeladenen zu 3) zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger bei der Beigeladenen zu 3) vom 1. Februar 1984 bis zum 29. Juli 1988 versicherungspflichtig beschäftigt war.
Der im Jahre 1964 geborene Kläger erlernte den Beruf des Einzelhandelskaufmanns und war vom 1. August 1980 bis zum 30. September 1984 Mitglied der Beklagten und freiwillig krankenversichert. Die Beigeladene zu 3) ist eine Versicherungs-Aktiengesellschaft mit Sitz in Düsseldorf. Durch Vertrag vom 1. Februar 1984 vereinbarten der Kläger und die Beigeladene zu 3), dass der Kläger für diese ab dem 1. Februar 1984 eine Vertretung im Bereich der Filiale Berlin übernehmen und als Versicherungsvertreter bzw. Versicherungsagent tätig sein sollte. Das Vertragsverhältnis wurde von der Beigeladenen zu 3) mit Schreiben vom 29. Juli 1988 fristlos gekündigt.
Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger im Zeitraum vom 1. Oktober 1984 bis zum 31. Dezember 1987 bei der DKV - Deutsche Krankenversicherung AG - und ab dem 1. Januar 1988 bei der VKV (Vereinigte- Krankenversicherungs-AG) privat krankenversichert.
Im Zeitraum vom 31. Mai 1995 bis zum 24. April 1996 nahm der Kläger an einer berufsfördernden Maßnahme teil, ab dem 9. April 1996 erhielt er Sozialhilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Vom 1. September 1997 bis zum 31. März 1998 bezog er Übergangsgeld, von Juni 1998 bis Oktober 1998 erhielt er erneut Sozialhilfe.
Bei der Beigeladenen zu 4) ist der Kläger seit 1995 im Hinblick auf die Bewilligung einer Rente wegen Berufsunfähigkeit durch die Beigeladene zu 1) in der Krankenversicherung der Rentner pflichtversichert.
Am 19. Juni 2000 wandte sich der Kläger an die Beigeladene zu 1) und bat um Überprüfung seiner Versicherungspflicht in den Jahren 1984 bis 1988. Die Beigeladene zu 1) gab den Vorgang an die Beklagte ab, da sie der Ansicht war, für den streitigen Zeitraum zur Statusfeststellung nicht zuständig zu sein. Nachdem die Beklagte dem Kläger mitgeteilt hatte, sie sei ebenfalls nicht zuständig, wandte sich der Kläger auf deren Anraten an die Beigeladene zu 4), die ihre Zuständigkeit ebenfalls verneinte und die Unterlagen des Klägers zunächst an die Beigeladene zu 1) und nach Rücksendung von dort erneut an die Beklagte weiterleitete. Nach Anhörung des Klägers stellte die Beklagte schließlich mit Bescheid vom 8. Februar 2001 fest, dass der Kläger ab dem 1. Februar 1984 bei der Beigeladenen zu 3) eine selbständige Tätigkeit ausgeübt habe. Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch blieb erfolglos. Das Sozialgericht Berlin hat der vom Kläger am 8. November 2001 erhobenen Klage mit Urteil vom 16. Februar 2004 stattgegeben und den streitgegenständlichen Bescheid der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. Februar 1984 bis zum 29. Juli 1988 bei der Beigeladenen zu 3) in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat.