Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Sozialdatenschutz. Datenerhebung und -speicherung. Anspruch auf Löschung der Kopien des Personalausweises ohne Passbild
Orientierungssatz
Zum Anspruch auf Löschung der Kopie eines Personalausweises ohne Passbild in der elektronischen Akte eines Grundsicherungsträgers gemäß Art 17 EUV 2016/679 iVm § 51b SGB 2 und § 1 SGB2§51bDatV.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 24. Oktober 2017 aufgehoben. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 24. November 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Januar 2016 verurteilt, die Kopien des Personalausweises der Klägerin in der elektronischen Akte unverzüglich zu löschen.
Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin für den gesamten Rechtsstreit.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist der Anspruch auf Löschung der gespeicherten Kopien des Personalausweises ohne Passbild der Klägerin aus der elektronischen Akte des Beklagten.
Die 1984 geborene Klägerin lebte seit dem 16. Januar 2009 bis zu ihrem Umzug nach F in B im Zuständigkeitsbereich des Beklagten und bezog seit dem 1. Februar 2009 bis zum 31. August 2012 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Der Aufforderung des Beklagten auf Vorlage verschiedener Dokumente anlässlich ihrer erstmaligen Antragstellung auf Arbeitslosengeld II am 13. Januar 2009 für die Zeit ab dem 1. Februar 2009 kam die Klägerin nach und legte u.a. Personalausweise für sich und ihren Ehemann M-P Z sowie ihre Anmeldebestätigung des Amtes Mittleres Nordfriesland in B und Krankenversicherungskarten für sich und ihre Tochter J M R Z bei der AOK und DAK vor. Der Beklagte fertigte je eine Kopie der Vorder- und der Rückseite des Personalausweises der Klägerin, ausgestellt am 6. Juli 2005 von der Stadt F (L) und gültig bis zum 5. Juli 2010, und des Folgeausweises, ausgestellt am 15. Juni 2010 von dem Amt M F, und nahm diese zu den Akten. Diese Akten wurden bei dem Beklagten zunächst als Papierakten, später nur noch elektronisch geführt.
Mit Schreiben vom 2. Februar 2015, eingegangen am 4. Februar 2015, beantragten die Klägerin und ihr Ehemann, Bl. 8, 9 und 10 der geführten Verwaltungsakte datenschutzkonform zu löschen. Mit weiterem Schreiben vom 11. August 2015 konkretisierte die Klägerin ihren Antrag insoweit, als sie die Entfernung sämtlicher Lichtbilder und Kopien von Krankenversicherungskarten, Personalausweisen und Kontoauszügen aus der Leistungsakte begehrte. Unter dem 13. Oktober 2015 teilte der Beklagte mit, dass alle Lichtbilder, Kopien der Personalausweise und der Krankenversicherungskarten sowie die Kontoauszüge aus der Papierakte der Leistungsberechnung für die Klägerin und ihren Ehemann entnommen und im Schredder vernichtet worden seien. Die Papierakte sei bereits im Archiv abgelegt und werde nach der gesetzlichen Verjährungsfrist ebenfalls vernichtet. Daraufhin reichte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 26. Oktober 2015 seine Kostennote über 413,64 Euro ein. Die Kosten seien als Schadensersatz gemäß § 82 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. § 7 Bundesdatenschutzgesetz zu erstatten. Mit Schreiben vom 11. November 2015 teilte der Beklagte dazu mit, bisher keinen Verwaltungsakt erlassen zu haben. Es werde deshalb um Mitteilung gebeten, ob eine förmliche Bescheidung gewünscht werde. Außerdem wies er darauf hin, dass die Papierakten zwar vernichtet worden, die Unterlagen aber noch in der elektronischen Akte gespeichert seien. Die Speicherung sei zur Erfüllung der in seiner, des Beklagten, Zuständigkeit liegenden Aufgaben erforderlich. Die Klägerin und ihr Ehemann baten unter dem 23. November 2015 um förmliche Bescheidung. Sie beantragten ausdrücklich auch die Löschung der korrespondierenden Bestandteile aus der elektronischen Akte. Außerdem beantragten sie die Entscheidung über ihren Schadensersatzanspruch.
Mit Bescheid vom 24. November 2015 lehnte der Beklagte die Löschungsanträge und den Antrag auf Schadensersatz ab. Nach Anhörung half der Beklagte dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2016, gerichtet an die Klägerin und ihren Ehemann, insoweit ab, als das Lichtbild der gespeicherten Kopien des Personalausweises aus der elektronischen Akte entfernt werde. Im Übrigen wies er den Widerspruch zurück und verpflichtete sich zur Übernahme von 10% der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten. Zur Begründung führte der Beklagte u.a. aus, die Speicherung des Personalausweises und der Krankenversicherungskarte sei für die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB II erforderlich. Hinsichtlich der Krankenversicherungskarte sei die Klägerin nicht beschwert, denn die gespeicherte Kopie enthalte kein Lichtbild. Der Personalausweis diene der Feststellung der jeweiligen Identität. Durch die Speicherung solle der Leistungsmissbrauch durch eine mehrfach durchgeführte Antragstellung verhindert werden. Es müsse auch nach dem Ende des Leistu...