Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilferecht: Vergütung von Leistungen eines privaten Leistungserbringers. Ermittlung der Vergütungsbestandteile. Anforderungen an die Begründung eines Schiedsspruchs zur Vergütungsfeststellung

 

Orientierungssatz

1. In einem Schiedsspruch über eine Vergütungsvereinbarung bezüglich von Sozialhilfeleistungen zwischen dem Hilfeträger und einem Leistungserbringer (hier: Betrieb von Einrichtungen des ambulanten betreuten Einzelwohnens) müssen die tatsächlichen und rechtlichen Gründe der Entscheidung jedenfalls insoweit dargelegt werden, dass die von der Schiedsstelle vorgenommenen Wertungen und die für die Vergütungsfestlegung relevanten Motive erkennbar sind. Das schließt die Darlegung der gewählten Methode zur Ermittlung der einzelnen Vergütungsbestandteile ein.

2. Bei der Festsetzung des Ausfallwagnis und des Unternehmergewinns als Bestandteile einer Vergütung für einen Leistungserbringer in der Sozialhilfe durch ein Schiedsgericht genügt es den Begründungserfordernissen der Entscheidung nicht, wenn diesbezüglich eine Pauschalierung und Schätzung vorgenommen wurde, ohne dass in der Entscheidung die wesentlichen Faktoren, die dieser Pauschalierung und Schätzung zugrunde liegen, dargestellt werden. Dies gilt erst recht, wenn für beide Vergütungsbestandteile eine gemeinsame Pauschale gebildet wurde, ohne dass die jeweiligen Einzelwerte in der Entscheidungsbegründung offengelegt werden.

3. In einem Schiedsspruch über die Vergütung für einen Leistungserbringer in der Sozialhilfe können einzelne Vergütungsbestandteile nur dann pauschaliert und geschätzt werden, wenn eine exakte Bestimmung nicht möglich ist.

 

Tenor

Der Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin vom 25. September 2014 wird aufgehoben, soweit darin die Entgeltbestandteile “Ausfallwagnis„ und “Unternehmensgewinn„ zusammengefasst und auf einen Wert von 4,7% Aufschlag auf das errechnete Entgelt (Personalkosten und Sachkosten) festgesetzt worden sind.

Der Gebühren-Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin (ohne Datum) wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Mit seiner Klage wendet sich der Kläger gegen einen Beschluss der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII des Landes Berlin, soweit darin Ausfallwagnis und Unternehmergewinn der Beklagten (zusammengefasst) für den Zeitraum vom 31. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2014 auf einen Wert von 4,7 % auf das errechnete Entgelt (Personalkosten und Sachkosten) festgesetzt wurden, sowie gegen den Gebühren-Beschluss der Schiedsstelle.

Die Beklagte betreibt in Berlin derzeit ca. 60 Einrichtungen des ambulanten betreuten Einzelwohnens für behinderte Menschen. Am 05. Dezember 2013 schloss sie mit dem Kläger eine Vereinbarung gemäß § 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis 31. Dezember 2015 für den Leistungstyp: Betreutes Einzelwohnen für Menschen mit geistiger, körperlicher und/oder mehrfacher Behinderung (BEWER). Die Vereinbarung beinhaltete eine Leistungsvereinbarung, eine Prüfungsvereinbarung sowie eine weitergeltende Vergütungsvereinbarung. Die prospektiv angestrebte Kapazität der zu betreuenden Personen (Plätze) betrug nach Punkt 3 der Leistungsvereinbarung im Vertragszeitraum 90. Unter Punkt III. regelten die Vertragsschließenden, dass die bis einschließlich 31. Dezember 2013 vereinbarte Vergütungsvereinbarung bis zu einer Neuregelung unverändert weiter gelten solle. Die Vergütung betrug zum 31. Dezember 2013 pro Fachleistungsstunde 37,89 Euro. Bezüglich der Prüfungsvereinbarung wurde festgelegt, dass diesbezüglich die gesetzlichen Regelungen nach den §§ 75 ff. SGB XII sowie der Berliner Rahmenvertrag gemäß § 79 SGB XII für Hilfen in Einrichtungen einschließlich Diensten im Bereich Soziales (BRV) in der jeweils geltenden Fassung gelten sollten.

Am 18. Dezember 2013 forderte die Beklagte den Kläger zu Vergütungsverhandlungen für den Leistungstyp BEWER für den Zeitraum vom 01. Januar 2014 bis 31. Dezember 2014 auf. Die Entwicklung der Vergütung beim Leistungstyp BEWER sei in den letzten Jahren dadurch gekennzeichnet, dass die gegenwärtig vereinbarte Vergütung von den Anforderungen an eine leistungsgerechte Vergütung weit entfernt sei. Dies habe seine Ursachen wesentlich in der Struktur des Entgeltes bzw. in der Methode der Ermittlung bei den Vergütungsbestandteilen, die sich nicht auf die Personalkosten für die in der Betreuung tätigen Mitarbeiter bezögen. Anbieter von insgesamt ca. 1.700 BEWER-Plätzen in Berlin hätten sich in den vergangenen Monaten im Rahmen eines Benchmarks ausgetauscht. In diesem Austausch hätten sie eine mögliche Struktur für eine künftige Entgeltberechnung entwickelt. Diese Struktur sei in drei Bestandteile gegliedert, und zwar Personalkosten, Personalkosten als Leitungskosten sowie Sachkosten. Die Klägerin errechnete eine Maßnahmepauschale für 2014 in Höhe von 49,77 Euro. Dabei legte sie zugrunde, dass sich di...

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