Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Übernahme einer Nutzungsvergütung während des Getrenntlebens und nach Rechtskraft der Scheidung durch den Grundsicherungsträger - Nachweis eines ernsthaften Zahlungsverlangens
Orientierungssatz
1. Bei den nach § 22 Abs. 1 SGB 2 vom Grundsicherungsträger anzuerkennenden Kosten für Unterkunft und Heizung sind diejenigen Kosten zu berücksichtigen, die dem Grundbedürfnis des Wohnens und der Aufrechterhaltung eines räumlichen Mittelpunkts dienen. Sind mit den Kosten weitere Zwecke verbunden, wie z. B. die Auseinandersetzung von Eheleuten im Scheidungsverfahren, so kommt eine Berücksichtigung nicht in Betracht (BSG Urteil vom 19. 8. 2015, B 14 AS 13/14 R).
2. Die Anerkennung einer auf § 1361b Abs. 3 s. 2 BGB gestützten, vom Grundsicherungsträger zu übernehmenden Nutzungsentschädigung setzt voraus, dass der Grundsicherungsberechtigte einem ernstlichen Zahlungsverlangen seines geschiedenen Ehegatten ausgesetzt ist.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt zuletzt noch für die Zeit von Februar 2015 bis April 2016 im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) die Gewährung höherer Leistungen durch den Beklagten nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung für die von ihm in dieser Zeit allein genutzte Eigentumswohnung der seinerzeit dauernd getrennt lebenden beziehungsweise geschiedenen Ehefrau.
Die 2015 rechtkräftig geschiedene Ehefrau des 1986 geborenen Klägers türkischer Staatsangehörigkeit, der eine Niederlassungserlaubnis besitzt, ist Alleineigentümerin einer während der Ehezeit erworbenen 87m2 großen Dreizimmerwohnung in der Gstraße in B. Mit Anwaltsschriftsatz vom 28. Januar 2014 teilte die damalige Ehefrau des Klägers, die seit August 2014 aufgrund geltend gemachter Unzumutbarkeit nicht mehr in der Ehewohnung, sondern bei ihrer Schwester lebte, und im Dezember 2014 den Scheidungsantrag stellte, dem Kläger mit, die bisherige Ehewohnung künftig allein nutzen zu wollen und forderte diesen auf auszuziehen. Unter dem 5. Mai 2015 forderte sie den Kläger mit weiterem Anwaltsschriftsatz auf, rückwirkend ab Februar 2015 eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete von 739,50 Euro zuzüglich Betriebskosten von 180,00 Euro, mithin in Höhe von 919,50 Euro im Monat zu zahlen und aus der Wohnung auszuziehen. Diese Aufforderung erneuerte die dauernd getrennt lebende Ehefrau des Klägers mit Anwaltsschriftsatz vom 8. Juni 2015 unter Fristsetzung von 14 Tagen und kündigte die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens ein. Eine Regelung im Scheidungsverfahren oder anderweitige Titulierung der Forderung, die die geschiedene Ehefrau des Klägers zuletzt noch für die Zeit von Mai 2015 bis Mai 2016 aufrecht erhält, erfolgte jedoch nicht. Zahlungen leistete der Kläger weder in noch für diesen Zeitraum. Er zog am 2. Mai 2016 aus der Wohnung aus.
Mit Bescheiden vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2015 sowie vom 5. Februar 2016 bewilligte der Beklagte dem einkommens- und vermögenslosen Kläger erstmals für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Januar 2016 sowie nachfolgend für die Zeit vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2017 Leistungen nach dem SGB II in Form des Regelsatzes und lehnte die Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung ab. Die Kosten der Eigentumswohnung habe deren Eigentümerin zu tragen, gegenüber der der Kläger sich nicht vertraglich zu einer Mietzahlung verpflichtet habe. Diese sei nicht bereit, dem Kläger die Wohnung zu überlassen, sondern habe ihn wiederholt zum Auszug aufgefordert.
Aufgrund des am 18. April 2016 mit dem Ziel der Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 919,19 Euro monatlich ab Februar 2015 als Bedarf für Unterkunft und Heizung gestellten Überprüfungsantrags des Klägers lehnte der Beklagte eine Änderung der Bescheide vom 4. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 2015 sowie vom 5. Februar 2016 mit der Begründung ab, diese seien rechtmäßig (Bescheid vom 27. Januar 2017, Widerspruchsbescheid vom 4. April 2017).
Die nachfolgend am 21. April 2017 erhobene und nach Auslegung durch das Sozialgericht (SG) Berlin auf den Zeitraum vom 1. Februar 2015 bis zum 31. Mai 2016 bezogene Klage hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2018 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Voraussetzungen von § 44 SGB X lägen nicht vor. Die zur Überprüfung gestellten Bescheide des Beklagten seien rechtmäßig, weil der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung von Kosten der Unterkunft und Heizung in der streitgegenständlichen Zeit hab...