Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnungszeit. schulische Ausbildung. Höchstdauerklausel von 8 Jahren. Tatbestandsvoraussetzung
Leitsatz (amtlich)
Zeiten schulischer oder akademischer Ausbildung, die über eine Gesamtdauer von 8 Jahren hinausgehen, erfüllen nicht den Tatbestand einer Anrechnungszeit iS von § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 SGB 6 idF des Altersvermögensergänzungsgesetzes (AVmEG) vom 21.3.2001 (BGBl I 2001, 403) und sind keine nicht belegungsfähigen Zeiten iS von § 72 Abs 3 Nr 1 SGB 6.
Orientierungssatz
Im Gegensatz zu der Höchstdauerklausel des hier nicht einschlägigen § 58 Abs 1 S 1 Nr 4 letzter Teilsatz SGB 6 idF des Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetzes (WFG) vom 25.9.1996 (BGBl I 1996, 1461), der eine Höchstdauer von drei Jahren vorsah und nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht den Tatbestand, sondern die Anrechnungsvoraussetzungen von Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung regelte (vgl BSG vom 18.10.2005 - B 4 RA 43/03 R = SozR 4-2600 § 71 Nr 1), gehört jedenfalls die Höchstdauerklausel von acht Jahren nach der hier maßgeblichen Fassung des AVmEG zum Tatbestand einer Anrechnungszeit wegen schulischer Ausbildung.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt eine höhere Regelaltersrente unter Vornahme einer neuen Gesamtleistungsbewertung, mit der die nicht mit Entgeltpunkten bewerteten Zeiten eines Universitätsbesuchs vom 01. Mai 1966 bis zum 04. August 1966 als nicht belegungsfähige beitragsfreie Zeit berücksichtigt werden sollen.
Der im Mai 1941 geborene Kläger hat vom 01. April 1960 bis 31. März 1964 an der Universität T studiert. Am 11. Mai 1964 schloss er sein Psychologiestudium mit dem Diplom ab. Vom 15. April 1964 bis zum 30. August 1966 besuchte er die Universität M. Am 4. August 1966 verlieh ihm die Philosophische Fakultät der Universität M den Grad eines Doktors der Philosophie.
Mit Rentenbescheid vom 02. Mai 2006 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 01. Juni 2006 Regelaltersrente in Höhe von monatlich 1.096,29 €. Neben 40,1598 Entgeltpunkten für Beitragszeiten und 0,3411 Entgeltpunkten für ausländische Kleinstzeiten wurden für beitragsfreie Zeiten 1,4544 Entgeltpunkte zu Grunde gelegt. Bei der im Rahmen der Feststellung von Entgeltpunkten für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten vorzunehmenden Grundbewertung wurden im belegungsfähigen Gesamtzeitraum (05. Mai 1958 bis 04. Mai 2006) 96 Monate als nicht belegungsfähig angesetzt. Im Versicherungsverlauf wurden als Zeiten der Schulausbildung insgesamt 23 Monate (05. Mai 1958 bis 31. Mai 1958 und 01. Juni 1958 bis 31. März 1960) und als Zeiten der Hochschulausbildung 73 Monate (01. April 1960 bis 30. April 1961 und 01. Mai 1961 bis 30. April 1966) aufgeführt und bei der Berechnung beitragsfreier Zeiten Anrechnungszeiten wegen Schul- oder Hochschulausbildung nur im Umfang von 36 Monaten (05. Mai 1958 bis 30. April 1961) mit Entgeltpunkten bewertet; hingegen wurde unter anderem der Zeitraum vom 01. Mai 1966 bis 04. August 1966, den der Kläger bis zur Verleihung des Grades eines Doktors der Philosophie am 04. August 1966 an der Universität M verbrachte, nicht im Versicherungsverlauf berücksichtigt und nicht als Zeiten der Hochschulausbildung angerechnet.
Mit dem am 22. Juni 2006 erhobenen Widerspruch wendete sich der Kläger unter anderem gegen die Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate und trug zur Begründung vor, die Beklagte habe dabei die vom Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 18. Oktober 2005 - B 4 RA 43/03 R - herausgearbeiteten Grundsätzen nicht beachtet. Soweit sich der Widerspruch gegen die Ermittlung der belegungsfähigen Kalendermonate richtete, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. August 2006 zurück und führte zur Begründung aus, eine Berücksichtigung von Zeiten schulischer Ausbildung, die über die Höchstdauerregelung des § 58 Abs. 1 Nr. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) hinausgingen, sei nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht möglich. Dem Urteil des BSG vom 18. Oktober 2005 sei über den Einzelfall hinaus nicht zu folgen.
Am 18. August 2006 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Berlin Klage erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen, das von der Beklagten nicht befolgte Urteil des BSG vom 18. Oktober 2005 halte er für schlüssig und auf seinen Fall für anwendbar.
Die Beklagte hat auf den Widerspruchsbescheid verwiesen.
Das Sozialgericht Berlin hat die Klage mit Urteil vom 22. Januar 2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Bescheid sei rechtmäßig, soweit nur 96 Kalendermonate als nicht belegungsfähige beitragsfreie Zeiten im Sinne von § 72 Abs. 3 Nr. 1 SGB VI berücksichtigt worden seien. Die Zeiten vom 01. Mai 1996 bis zum 04. August 1996 seien keine beitragsfreien Zeiten im Sinne dieser Vorschrif...