Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsarzt (hier: Orthopäde). keine Abrechnungsfähigkeit der Nr 653 EBM-Ä neben oder anstelle der Nrn 430ff EBM-Ä. ärztliche Überzeugung. Honorierung bestimmter Therapieform. Umfang der anästhesiologischen Leistungen zur Schmerztherapie
Leitsatz (amtlich)
Die Leistung nach Nr 653 EBM-Ä ist auch dann nicht abrechnungsfähig, wenn sie nicht neben, sondern an die Stelle einer Leistung nach Nr 430ff EBM-Ä tritt.
Orientierungssatz
1. Sofern ein Vertragsarzt aufgrund seiner ärztlichen Überzeugung gehindert ist, eine bestimmte Therapie durchzuführen, muss er sie unterlassen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er dann gleichwohl berechtigt ist, eine Honorierung dieser Therapieform zu verlangen.
2. Die im EBM-Ä geregelte Pflicht, die anästhesiologischen Leistungen zur Schmerztherapie kontinuierlich ua durch das Legen eines intravenösen Zugangs und das EKG-Monitoring zu begleiten, bedeuten keinen willkürlichen Vergütungsausschluss orthopädischer Leistungen.
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Absetzung einer Gebührenposition von Honoraranforderungen für die Quartale I/1996 bis II/1997.
Der Kläger ist Facharzt für Orthopädie und zugelassener Vertragsarzt mit Sitz in B. Im Rahmen insbesondere der Behandlung von Schmerzpatienten nahm der Kläger Anästhesien zur Schmerztherapie vor. Dazu gehörten auch Sympathikus- und andere Blockaden. Diese wurden durch Injektion durchgeführt, einen intravenösen Zugang legte der Kläger jeweils nicht, er nahm auch kein EKG-Monitoring vor. Bestandteil dieser Blockaden war zumeist eine Pulsoxymetrie, d.h. eine transkutane Messung des Sauerstoffpartialdrucks, gegebenenfalls einschließlich Provokation.
Bis zum Ende des Jahres 1995 waren die vorgenannten Blockaden als Anästhesien zur Schmerztherapie ohne das Legen eines intravenösen Zugangs und die Durchführung eines EKG-Monitorings nach Maßgabe des damals geltenden Einheitlichen Bewertungsmaßstabes (EBM) abrechnungsfähig. Mit Wirkung vom 1. Januar 1996 trat jedoch eine Änderung des EBM ein, die zur Folge hatte, dass die Abrechnungsfähigkeit der vorgenannten Anästhesien zur Schmerztherapie stets das Anlegen eines intravenösen Zuganges und ein EKG-Monitoring notwendig voraussetzten (vgl. Abschnitt D Einleitung und I.). Der Kläger, der diese begleitenden Maßnahmen in der Regel bei seinen Patienten als medizinisch nicht indiziert ansah, führte sie auch weiterhin nicht durch und rechnete deshalb ab Januar 1996 in der Regel bei den von ihm durchgeführten Anästhesien zur Schmerztherapie nicht (mehr) nach den Leistungsziffern des Abschnitts D I (Anästhesien zur Schmerztherapie) des EBM ab. Statt dessen brachte er in allen diesen Fällen, in denen schmerztherapeutische Behandlungen aufgrund der vorgenannten Änderung des EBM nicht mehr als solche abrechnungsfähig waren, eine angiologische Leistung aus dem Abschnitt F II (Innere Medizin - Angiologie) in Ansatz. Dabei handelte es sich um die Leistungs-Nr. 653, die als "transkutane Messung(en) des Sauerstoffpartialdrucks, gegebenenfalls einschließlich Provokation" beschrieben ist und die neben vollständig erbrachten Leistungen des Kapitels D des EBM nicht berechnungsfähig ist. Diese mit 190 Punkten bewertete Leistung Nr. 653 erbrachte der Kläger im Quartal I/96 an 207 Patienten insgesamt 1.883 mal, im Quartal II/96 an 197 Patienten insgesamt 1,803 mal, im Quartal III/96 an 214 Patienten insgesamt 1.597 mal, im Quartal IV/96 an 222 Patienten insgesamt 1.950 mal, im Quartal I/97 an 189 Patienten insgesamt 1.416 mal und im Quartal II/97 an 191 Patienten insgesamt 1.447 mal.
In den Honorarbescheiden für die Quartale I/1996 bis II/1997 setzte die Beklagte die Leistungen der Nr. 653 des EBM 1996 jeweils von den Honoraranforderungen des Klägers ab. Die Widersprüche wies sie mit Widerspruchsbescheiden vom 11. August 1997 (betreffend die Quartale I und II/96) und vom 29. Juni 1998 (betreffend die Quartale III/96 bis II/97) zurück: Die Leistungen der Nr. 653 sei für die Fachgruppe der Orthopäden als fachfremd anzusehen. Sie finde ausschließlich Verwendung in der Neonatologie und sei außerdem neben Leistungen aus dem Kapitel D des EBM ausgeschlossen. Die vollständige Leistungserbringung der schmerztherapeutischen Blockaden beinhalte auch die Überprüfung des Behandlungserfolges, d.h. Maßnahmen zur Erfolgskontrolle seien nicht gesondert abrechnungsfähig. Eine transkutane Messung des Sauerstoffpartialdrucks nach der Leistungs-Nr. 653 sei bei Erwachsenen obsolet, da dieses Verfahren aufgrund der Hautdicke bei Erwachsenen nicht einsetzbar sei. Diese Messung sei nur bei Neugeborenen erbringbar und bedürfe auch spezieller Messgeräte, die in der Regel ausschließlich auf neonatologischen Intensivstationen eingesetzt würden und eine hoch zeitaufwendige Leistung darstellten.
Die hiergegen erhobenen Klagen hat das Sozialgericht Berlin zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und durch Urteil vom 18. August 1999 abgewiesen: Es könn...