Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn einer Regelaltersrente bei Rentenantragstellung in einem Vertragsstaat. Kanada. Unterbrechung der Verjährung. Ende der Verjährungsunterbrechung durch Verfahrensstillstand
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Art 19 Abs 3 S 1 des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens vom 14.11.1985 (SozSichAbk1985 CAN) gilt der Antrag auf eine Leistung nach den Rechtsvorschriften des einen Vertragsstaats auch dann als Antrag auf eine entsprechende Leistung nach den Rechtsvorschriften des anderen Vertragsstaats, wenn bei Antragstellung kein Hinweis darauf gegeben wird, dass in dem anderen Vertragsstaat gegebenenfalls Ansprüche bestehen.
2. Selbst wenn ein in Kanada gestellter Rentenantrag auf diese Weise als Rentenantrag auch gegenüber dem deutschen Rententräger gilt und die Verjährung nach § 45 Abs 3 SGB 1 unterbricht, endet doch die Unterbrechung der Verjährung nach dem entsprechend anwendbaren § 211 Abs 2 BGB, wenn der Versicherte erst Jahre später seinen Anspruch gegenüber dem deutschen Rententräger tatsächlich geltend macht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die der Klägerin gewährte Regelaltersrente am 1. Februar 1990 oder am 1. Januar 1992 beginnt.
Die 1925 in W geborene Klägerin wanderte im Jahre 1950 nach Kanada aus, dessen Staatsangehörigkeit sie später erwarb. Am 8. März 1989 stellte sie bei den kanadischen Behörden einen Rentenantrag. Im Oktober 1996 stellte sie bei der Beklagten einen Antrag auf Versichertenrente aus der deutschen Rentenversicherung. Mit Bescheid vom 15. April 1998 bewilligte die Beklagte "auf (den) Antrag (der Klägerin) vom 8. März 1989" eine Regelaltersrente nach Vollendung des 65. Lebensjahres. Die Anspruchsvoraussetzungen seien ab dem 1. Januar 1990 erfüllt; die Rente beginne mit dem 1. Januar 1992. Ab dem 1. Juni 1998 betrage die Höhe 128,90 DM monatlich. In Anlage 10 zu dem Bescheid wies die Beklagte ergänzend darauf hin, dass die Rentenzahlung vom 1. Februar 1990 bis zum 31. Dezember 1991 nach § 45 SGB I grundsätzlich verjährt sei; sofern die Klägerin bereits zusammen mit der kanadischen Rente auch die deutsche Rentenleistung beantragt habe, werde sie gebeten, innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe dieses Bescheides entsprechende Nachweise, z.B. die Kopie des kanadischen Rentenantrages, zu übersenden, damit geprüft werden könne, ob die Rente auch über die vier Jahre hinaus rückwirkend zu zahlen sei.
In ihrem hiergegen erhobenen Widerspruch trug die Klägerin im Wesentlichen vor, dass mit dem in Kanada gestellten Rentenantrag die Verjährung unterbrochen worden sei. Die Verjährungsvorschriften seien nicht anwendbar, weil der kanadische Versicherungsträger eine Weiterleitung an die deutsche Rentenversicherung verabsäumt habe. Die einschlägige Vorschrift des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens enthalte keine Regelung dahingehend, dass der Versicherte bei der Antragstellung in Kanada auf die deutschen Versicherungszeiten hinweisen müsse. Eine derartige Regelung finde sich zwar im deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen, nicht jedoch im deutsch-kanadischen. Infolge dessen genüge der kanadische Rentenantrag, um die Verjährung von Rentenansprüchen zu unterbrechen. Die LVA H lege dies als Verbindungsstelle nach dem deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommen für den Bereich der Arbeiterrentenversicherung genau so aus. Dass ein kanadischer Rentenantrag die Verjährung nach § 45 Abs. 3 SGB I nicht unterbreche, werde nur im Hause der Beklagten vertreten. Mit Bescheid vom 5. Mai 1999 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung heißt es darin: Ansprüche auf Sozialleistungen verjährten nach § 45 Abs. 1 SGB I in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie entstanden seien. Die Verjährung werde durch schriftlichen Antrag auf die Sozialleistung unterbrochen. Zwar habe die Klägerin ausweislich der Mitteilung des kanadischen Versicherungsträgers dort am 8. März 1989 einen Antrag auf Rentenleistung gestellt. Dieser gelte gleichzeitig als Antrag auf deutsche Leistung. Damit die Einrede der Verjährung nach § 45 SGB I nicht geltend gemacht werden könne, wäre jedoch bei Antragstellung in Kanada der Hinweis auf deutsche Versicherungszeiten notwendig gewesen. Denn die in Artikel 19 Abs. 3 Satz 1 des deutsch-kanadischen Sozialversicherungsabkommens geregelte Gleichstellung gebe einem Antrag nicht ohne weiteres auch eine verjährungsunterbrechende Kraft. Vielmehr sei dazu die hinreichende Konkretisierung des Antrags auf deutsche Rente durch die Angabe deutscher Versicherungszeiten notwendig. Erst wenn erkennbar sei, dass auch eine Leistung aus der deutschen Rentenversicherung begehrt werde, sei die Verjährung im Sinne des § 45 Abs. 3 SGB I unterbrochen. Einen Nachweis darüber, dass bei Beantragung der kanadischen Rente ein Hinweis auf deutsche Versicherungszeiten erfolgt sei, habe die Klägerin trotz Aufforderung nicht erbracht, so dass der Anspruch auf Regelaltersrente für Zeiten bis zum 31. Dezember 1991 verj...