rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Berlin (Entscheidung vom 01.02.1999; Aktenzeichen S 69 U 373/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. Februar 1999 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Anerkennung seiner bandscheibenbedingten Erkrankung der Lenden-wirbelsäule als Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) und die Gewährung einer Verletztenrente.

Der 1942 geborene Kläger, der von April 1957 bis Dezember 1959 eine Herrenschneiderlehre absolviert hatte und in den Jahren 1960 bis 1965 als Meier bzw. als Former beschäftigt war, übt seit Januar 1966 eine selbständige Tätigkeit als Zuschneider (Zwischenmeister) in der Da-menkonfektion aus. Im Juli 1996 stellte der Kläger einen Antrag "auf Berufsunfähigkeits-Rente", im August 1996 ging seine Anzeige über eine Berufskrankheit bei der Beklagten ein. In dieser machte er geltend, 1992 seien bei ihm erstmals Beschwerden im Bereich der Halswir-belsäule und der Lendenwirbelsäule aufgetreten. Bis Oktober 1994 sei er Belastungen durch Zuschneiden in extremer Rumpfbeugung sowie durch Heben und Tragen von Stoffballen mit einem Gewicht von 25 bis 30 kg ausgesetzt gewesen. Diese Tätigkeit habe er am 1. November 1994 eingestellt, von diesem Zeitpunkt an übe er nur noch direktive Tätigkeiten aus. Ab 1. November 1994 erhalte er eine Rente wegen Berufsunfähigkeit von der Landesversiche-rungsanstalt (LVA) Berlin.

Der Kläger hatte in einem ihm von der Beklagten übersandten Erhebungsbogen zur Ermittlung der beruflichen Belastungen angegeben, er habe Stoffballen mit einem Gewicht von 25 bis 30 kg ca. 35 mal pro Arbeitstag an 300 Arbeitstagen im Jahr ca. 10 m weit vor dem Körper bzw. auf der Schulter getragen. Der einzelne Hebe- oder Tragevorgang habe ca. 90 Sekunden gedauert. Des Weiteren habe er - beim Zuschneiden - ca. 300 Minuten pro Arbeitstag an 300 Arbeitstagen im Jahr in Rumpfbeugehaltung gearbeitet. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten gab aufgrund einer am 6. Januar 1997 durchgeführten Befragung des Klägers in dessen Betrieb am 29. Januar 1997 einen Bericht über dessen berufliche Belastungen ab.

Die Beklagte zog die Akten der LVA Berlin bei und übersandte die Vorgänge dem Landesinstitut für Arbeitsmedizin - Landesgewerbearzt - mit der Bitte um gutachterliche Stellungnahme, ob eine Berufskrankheit vorliege. Die Landesgewerbeärztin Dr. F. empfahl in ihrer Stellung-nahme vom 13. März 1997, das Vorliegen einer Berufskrankheit nach Nr. 2108 und 2109 nicht anzuerkennen, weil die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Verursachung der Berufskrankheit nicht gegeben seien.

Daraufhin lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 6. Mai 1997 die Anerkennung einer Wirbelsäulenerkrankung als Berufskrankheit nach Nrn. 2108, 2109 der Anlage 1 zur BKVO mit der Begründung ab, die arbeitstechnischen Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Den Widerspruch des Klägers, mit dem dieser die von ihm ausgeübten Tätigkeiten und die Arbeitsabläufe noch einmal ausführlich schilderte, wies die Beklagte nach Einholung einer weiteren Stellungnahme des TAD vom 15. Oktober 1997 mit Widerspruchsbescheid vom 16. April 1998 zurück.

Mit der gegen diese Entscheidung erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er leide seit Mitte der 80er Jahre ständig an Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule und der Lendenwirbelsäule. Diese Gesundheitsschäden führe er auf die langjährige wirbelsäulenbelastende Tätigkeit zurück, die er bis 1994 ausgeübt habe. Als selbständiger Zwischenmeister in der Her-stellung von Damenoberbekleidung habe er Stoffballen und zugeschnittene Halb- und Fertigware heben, tragen und über längere Entfernungen transportieren müssen. Diese Hebe- und Tragevorgänge hätten neben seiner eigentlichen Arbeit als Zwischenmeister ca. 20 bis 25 % der täglichen Arbeitszeit ausgemacht. Das Lastgewicht eines Stoffballens habe 20 bis 30 kg betragen. Ende des Jahres 1989 habe er seinen Betrieb aus gesundheitlichen Gründen (wegen Wir-belsäulenbeschwerden) umgestellt, so dass sich die wöchentliche Produktion von zuvor durch-schnittlich 1.000 produzierten Teilen auf 300 bis 400 reduziert habe.

Das Sozialgericht hat ein Gutachten des Arztes für Chirurgie Dr. M. vom 5. September 1998 eingeholt. Der Sachverständige kam zu dem Ergebnis, keine der bei dem Kläger im Bereich der Wirbelsäule vorliegenden Beeinträchtigungen lasse sich dem Krankheitsbild der Berufskrank-heit Nr. 2108 oder Nr. 2109 zuordnen. Ausschlaggebend für die Gesundheitsstörungen sei die durchgemachte Poliomyelitis im frühesten Säuglingsalter und die aus ihr resultierende motorische Lähmung des rechten Beines, die aufgrund der dauernden unphysiologischen Bewegungsbelastung zu den fortgeschrittenen schweren Bandscheibenerkrankungen geführt habe.

Das Sozialgericht hat die Klage durch Urteil vom 1. Februar 1999 mit der Begründung abgewiesen, die Aufnah...

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