Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit. haftungsausfüllende Kausalität. Gesundheitsanamnese. Bronchitis. Hauterkrankung
Orientierungssatz
1. Eine chronische Bronchitis ohne Obstruktion ist keine Berufskrankheit iS von Anl 1 Nr 4302 BKVO.
2. Die Schwere einer Krankheit iS von Anl 1 Nr 5105 BKVO ergibt sich aus dem klinischen Bild der Ausdehnung und dem Verlauf (insbesondere der Dauer) der Erkrankung; wiederholt rückfällig ist die Erkrankung dann, wenn mindestens drei gleichartige Krankheitsschübe, dh der zweite Rückfall, vorliegen.
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen einer oder mehrerer Berufskrankheiten nach der Anlage (Anl.) 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) zustehen.
Der 1953 geborene Kläger absolvierte nach Erreichen des Hauptschulabschlusses zunächst 1 1/2 Jahre eine Schlosserlehre (1968/69) und war danach ohne Beschäftigung. Von 1976 bis 1979 befand sich der Kläger in Haft und war dort in der Buchbinderei tätig. Anschließend übte er verschiedene Tätigkeiten als Gärtner aus und machte dann von 1982 bis 1984 eine Tischlerlehre. Danach arbeitete er als Tischler; von Dezember 1986 bis Januar 1989 war der Kläger im Antidrogenverein e.V. als Tischlergeselle tätig. Dort brach er im Januar 1989 in der Werkstatt zusammen.
Die Beklagte leitete ein Berufskrankheitenverfahren ein. In einem ersten Bericht vom 27. Februar 1989 führte Prof. Dr. S. aus, nach den erhobenen Untersuchungsbefunden sei die Frage einer möglichen Hyperreagibilität des Bronchialsystems noch offen; es solle eine Testung durchgeführt werden.
Die Beklagte holte zunächst Krankheitsberichte der behandelnden Ärzte K. (Internist, Diagnose: chronische Bronchitis) vom 3. Mai 1989, Dr. G. (Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde, Diagnose: Asthma bronchiale) vom 11. Mai 1989 und von der Ärztin H. (Diagnose: fiebrige Bronchitis) vom 16. Juni 1989 ein. Darüber hinaus wurde das Vorerkrankungsverzeichnis der AOK B. zur Akte genommen. Unter dem 9. Mai 1989 erstellte der Arbeitgeber des Klägers die Anzeige über eine Berufskrankheit und gab an, der Versicherte habe Bronchien- und Lungenprobleme, die er auf Holzstaub, Schleifstaub und Arbeiten im Lackraum zurückführe. Der Arbeitgeber legte sogenannte Sicherheitsblätter für die im Betrieb benutzten Stoffe bei.
Nach Durchführung einer Testung des Klägers durch die Ärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. S. (Gutachten vom 24. Juli 1989) u.a. mit den Arbeitsstoffen, die der Kläger selbst aus seinem Betrieb besorgte, gab Prof.
Dr. S. unter dem 1. August 1989 eine ergänzende Stellungnahme ab. Nach dem Ergebnis der Testung habe sich im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Klägers lediglich der Hinweis auf eine Sensibilisierung gegenüber Ponal-Leim ergeben; alle übrigen Substanzen seien negativ, insbesondere die Ergebnisse der Provokationstests; bei Vermeidung des Kontaktes mit Ponal-Leim bestünden keine Bedenken gegen die weitere Ausübung des Tischlereihandwerkes; eine Berufskrankheit im Sinne der Ziffer 5101 der Anl. 1 zur BKVO liege nicht vor.
Nachträglich zog die Beklagte den Entlassungsbericht des DRK-Krankenhauses M. über eine dortige stationäre Behandlung des Klägers vom 1. bis 3. Juni 1989 (Diagnose: Bronchitis, Verdacht auf hyperreagibles Bronchialsystem) sowie die medizinischen Gutachten des Landesarbeitsamtes B. (Gutachten vom 29. April 1981, Diagnose: schwere neurotische Fehlhaltung, Neigung zu Magenschleimhautentzündungen) und der AOK B. bei (Gutachten M., Diagnose: Verdacht auf hyperreagibles Bronchialsystem, hochgradiges psychovegetatives Syndrom bei Verdacht auf Borderline Symptomatik, Gutachten O. vom 10. Juli 1989, Diagnose: neurotische Fehlentwicklung, im Vordergrund Bronchialleiden, Gutachten L. vom 10. Juli 1989, Diagnose: Verdacht auf hyperreagibles Bronchialsystem, Bericht der Asthma-Poliklinik des Universitätsklinikums Standort W., Prof. Dr. K., vom 2. August 1989, Diagnose: Verdacht auf gemischtförmiges Asthma Bronchiale nach Bronchitis, Sensibilisierung gegen Pollen früh- und mittel*-blühender Bäume, Gutachten Lutz vom 29. September 1989, Diagnose: Verdacht auf hyperreagibles Bronchialsystem und neurotische Fehlentwicklung, Gutachten L. vom 15. Dezember 1989; Diagnose: chronische Bronchitis, mitgeteilte Schwermetallüberempfindlichkeit, unklare Hepatose, Verdacht auf chronische Appendicitis, latenter Eisenmangel, Gutachten Dr. W. vom 29. Januar 1990; Diagnose: Verdacht auf subakute Pankreatitis, Verdacht auf rückgebildete Fettleber, Zustand nach Hepatitis B-Infektion oder -Impfung, allergische Allgemeinreaktion auf Gummi, Lösungsmittel, Benzingerüche, Pollen, Ponal-Leim, mitgeteilte Schwermetallüberempfindlichkeit, chronische Bronchitis, neurotische Fehlentwicklung, angedeutete Stammvarikose rechts). Nach den vorliegenden vertrauensärztlichen Gutachten war der Kläger durchgehend seit dem 16. Februar 1989 arbeitsunfähig. In seiner S...