Entscheidungsstichwort (Thema)
Privater Pflegeversicherungsvertrag. Kündigung wegen Versicherungspflicht. Wirksamkeit. Nachweis
Orientierungssatz
Die Wirksamkeit der Kündigung nach § 178h Abs 2 VVG hängt nicht vom Nachweis des Eintritts der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung ab.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin Beiträge zur privaten Pflegepflichtversicherung für die Zeit vom 1. Januar 1999 bis 29. Februar 2000 zu zahlen.
Der Beklagte war bei der Klägerin freiwillig krankenversichert und auf Grund eines Antrags vom März 1998 pflichtversichert zur Pflegeversicherung. Der Beitrag betrug zunächst 120,95 DM und ab 1. Januar 1999 105,77 DM. Grundlage dieses Vertrages waren die "Musterbedingungen für die private Pflegepflichtversicherung" -- MB/PPV 1996 --. Er nahm am 1. Januar 1999 eine versicherungspflichtige Beschäftigung auf und ist seitdem bei der -- Deutschen Angestellten-Krankenkasse -- DAK -- pflichtversichert zur Kranken- und Pflegeversicherung. Am 11. Januar 1999 teilte der Beklagte der Klägerin das Bestehen einer Pflichtversicherung mit. Darauf verlangte die Klägerin mit Schreiben vom selben Tage einen Nachweis der Pflichtversicherung bis zum 28. Februar 1999. Es wurde ausgeführt, ohne diesen Nachweis werde die Kündigung nicht wirksam. Wenn der Nachweis später eingehe, könne eine Beendigung des Vertrages erst zum Ende des Monats erfolgen, in dem sie den Nachweis über die Versicherungspflicht erhielten. Ein Nachweis ging jedoch bei der Klägerin nicht ein.
Mit Mahnbescheid vom 16. Juni 1999 (zugestellt am 18. Juni 1999) verlangte die Klägerin Beiträge für die Zeit vom 1. Dezember 1998 bis 30. Juni 1999 in Höhe von 755,57 DM zuzüglich Kosten von 35 DM. Am 21. Juli 1999 erging ein entsprechender Vollstreckungsbescheid (zugestellt am 23. Juli 1999).
Gegen den Vollstreckungsbescheid legte der Beklagte am 27. Juli 1999 Einspruch mit dem Vorbringen ein, er sei seit 1. Dezember 1998 bei der DAK pflichtversichert. Dies habe er telefonisch und schriftlich mitgeteilt. Darauf wurde die Sache an das Sozialgericht Berlin abgegeben.
Nachdem die DAK dem Gericht am 23. Februar 2000 die Auskunft gegeben hatte, der Beklagte sei dort seit 1. Januar 1999 pflichtversichert in der Kranken- und Rentenversicherung, und auf telefonische Anfrage der Klägerin mitgeteilt hatte, die Pflichtversicherung erstrecke sich auch auf die Pflegeversicherung, beendete die Klägerin die Versicherung zum 29. Februar 2000 und erweiterte ihre Klage auf Beiträge bis Februar 2000 (846,16 DM), so dass die Klageforderung nunmehr 1.601,73 DM betrug.
Mit Urteil vom 16. Juni 2000 hat das Sozialgericht den Vollstreckungsbescheid in Höhe des Beitrages für Dezember 1998 (120,95 DM) aufrechterhalten und ansonsten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, die Klage sei begründet, soweit sie den Beitrag für den Monat Dezember 1998 betreffe, weil die Pflichtversicherung erst ab dem 1. Januar 1999 bestanden habe. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, weil der Beklagte die Mitgliedschaft am 11. Januar 1999 wirksam gekündigt habe. Eines Nachweises des Eintritts der gesetzlichen Pflichtversicherung habe es nicht bedurft. § 27 des Elften Buches Sozialgesetzbuch -- SGB XI -- lasse sich eine Nachweispflicht nicht entnehmen. Sie ergebe sich auch nicht aus § 13 Abs. 1 MB/PPV.
Zunächst gehe das gesetzliche Kündigungsrecht des § 27 SGB XI den vertraglichen Regelungen vor. Abgesehen davon lasse sich dem Wortlaut des § 13 Abs. 1 MB/PPV auch keine Nachweispflicht bei einer Kündigung innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung entnehmen. Diese Regelung entspreche § 178h Abs. 2 des Versicherungsvertragsgesetzes -- VVG --. Eine Gesetzeslücke lasse sich nicht erkennen. Der Gesetzgeber habe bewusst im Hinblick auf die Kündigungsmöglichkeiten der Pflegepflichtversicherung differenzierte Regelungen vorgesehen. Dies zeige ein Vergleich mit § 9 des Gesetzes über die Sozialversicherung der selbständigen Künstler und Publizisten (Künstlersozialversicherungsgesetz -- KSVG). Dort habe er ausdrücklich zwischen der Kündigung der privaten Krankenversicherung und der privaten Pflegepflichtversicherung unterschieden.
Gegen das der Klägerin am 15. August 2000 zugestellte Urteil richtet sich ihre am 5. September 2000 eingegangene Berufung. Sie ist der Auffassung, für die Wirksamkeit einer rückwirkenden Kündigung aufgrund des Eintritts der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Pflegeversicherung bedürfe es eines Nachweises, der innerhalb von zwei Monaten vorzulegen sei. Dem stünden weder der Wortlaut des § 178h Abs. 2 Satz 1 VVG noch die MB/PPV entgegen. In der amtlichen Begründung zu § 178h Abs. 2 VVG (Bundestagsdrucksache 12/6959 S. 106) heiße es:
"Abs. 2 nimmt die Regelung aus § 5 Abs. 9 SGB V und vergleichbaren Bestimmungen zum Wechsel zwischen der gesetzlichen und der private Krankenversicherung auf. Die Regelung entspricht den §§ 13 Abs. 3 MB/KK...