Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Festbetragsanpassung. Arzneimittel. kein subjektives Recht der Arzneimittelhersteller aus Grundrechten und einfachem Recht
Orientierungssatz
Eine Festbetragsanpassung für Arzneimittel berührt nicht die Grundrechte der Arzneimittelhersteller und aus § 35a SGB 5 ergibt sich für die Hersteller auch sonst kein subjektives Recht aus einfachem Recht.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der (Rechts-)Verordnung zur Anpassung von Arzneimittel-Festbeträgen (Festbetrags-Anpassungsverordnung - FAVO -) vom 1. November 2001 (BGBl. I, S. 2897).
Die Antragstellerin ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. seit dem 15. Oktober 2000 das Fertigarzneimittel Nurofen 200 mg Brausegranulat herstellt und mit der Packungsgröße 12 Beutel vertreibt. Das Arzneimittel enthält den Wirkstoff Ibuprofen und ist zur Behandlung von leichten bis mäßig starken Schmerzen sowie Fieber in der Bundesrepublik Deutschland zugelassen. Noch vor Einführung des Arzneimittels auf dem Markt hatte der zum hiesigen Verfahren beigeladene Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen auf der Grundlage des § 35 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) für den Wirkstoff Ibuprofen vier Festbetragsgruppen gebildet und hierbei die normal freisetzenden oralen Darreichungsformen (wie z.B. Dragees, Kapseln, Tabletten, Brausetabletten, Filmtabletten, Kautabletten, Trinktabletten, Granulat, Sirup) der Festbetragsgruppe 1 zugeordnet. Für diese Festbetragsgruppe hatten die Spitzenverbände der Krankenkassen durch am 13. Februar 1998 im Bundesanzeiger veröffentlichte Allgemeinverfügung vom 9. Februar 1998 einen Festbetrag festgesetzt, der sich für die so genannte Standardpackung (seinerzeit 20 Stück mit einer Wirkstärke von jeweils 400 mg) auf 11,01 DM belief. Hieraus berechnete der Bundesverband der Betriebskrankenkassen für das Arzneimittel der Antragstellerin für die Zeit ab dem 1. Januar 2001 einen Festbetrag in Höhe von 4,93 DM. Außergerichtliche Bemühungen der Antragstellerin, sich hiergegen zur Wehr zu setzen, blieben ohne Ergebnis; Versuche, vorläufigen Rechtschutz zu erlangen, blieben ohne Erfolg (Beschluss des Senats vom 30. Juli 2001 - L 9 B 201/01 KR ER -).
Im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundessozialgerichts vom 14. Juni 1995 an das Bundesverfassungsgericht, die in der kartellrechtlichen Judikatur der Zivilgerichte und in der Haltung des Bundeskartellamtes zum Ausdruck gekommenen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Rechtsgrundlagen der Festbetragsfestsetzungen und die Bestimmung der Festbeträge (vgl. BT-Drucks. 14/6041, S. 1) beschloss der Bundestag mit Zustimmung des Bundesrates das Gesetz zur Anpassung der Regelungen über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (Festbetrags-Anpassungsgesetz - FBAG -) vom 27. Juli 2001 (BGBl. I, 1947 ff.). Dieses enthält in dem in das SGB V eingefügten § 35 a Abs. 1 u.a. eine Ermächtigungsgrundlage für das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), bis zum 31. Dezember 2003 im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates einmalig die Festbeträge für Arzneimittel anzupassen und im Ausnahmefall bei sachlich gebotenem Änderungsbedarf, insbesondere bei neuem wissenschaftlichen Erkenntnisstand oder infolge gerichtlicher Entscheidungen, Gruppen von Arzneimitteln neu zu bestimmen und für diese Festbeträge festzusetzen.
Mit Schreiben vom 3. August 2001 teilte das BMG den Fachverbänden der Arzneimittelhersteller mit, dass beabsichtigt sei, von der vorgenannten Ermächtigungsgrundlage Gebrauch zu machen und u.a. den Festbetrag für die den Wirkstoff Ibuprofen betreffende Festbetragsgruppe 1 durch Rechtsverordnung anzupassen. Der Festbetrag, der für eine Packung mit 20 Stück und einer Wirkstärke von jeweils 200 mg rechnerisch bisher 7,61 DM betragen habe, solle unter Änderung der Standardpackung in eine Packung mit den vorgenannten Daten 6,66 DM betragen. Gelegenheit zur Stellungnahme werde bis zum 31. August 2001 eingeräumt. Diese Absicht machte das BMG überdies den Herstellern von Arzneimitteln am 7. August 2001 im Bundesanzeiger bekannt. Hierbei wies es darauf hin, dass den Fachverbänden bestimmte Unterlagen zugeleitet worden seien, die - sollten die Hersteller diesen Verbänden nicht angehören - direkt bei ihm angefordert werden könnten. Eventuelle Stellungnahmen müssten bis zum 31. August 2001 abgegeben werden.
Nach Ablauf dieser Frist wandte sich die Antragstellerin mit ihrem Schreiben vom 12. September 2001 an das BMG und bat, die Darreichungsform Granulat aus der für den Wirkstoff Ibuprofen gebildeten Festbetragsgruppe 1 auszugliedern und insoweit eine gesonderte Festbetragsgruppe mit einem für sie günstigeren Festbetrag zu bilden. Die Ausgliederung sei notwendig, weil Granulat gegenüber Tabletten eine bessere, für die Therapie bedeutsame Bioverfügbarkeit besitze und die Herstellungskosten für Granulat unvergleichlic...