nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 22.11.2001; Aktenzeichen S 45 V 59/01) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 22. November 2001 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat dem Kläger auch dessen Kosten für das Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Entziehung von Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG).
Der 1914 geborene Kläger war seit 1. April 1934 Polizeibeamter und bis zum Ausbruch des Krieges im Revier-Einzeldienst eingesetzt. Vom 6. September 1939 bis zum 5. Juni 1942 gehörte er der 2. Kompanie des Polizei-Bataillons 320 als Zugwachtmeister an. Dieses Bataillon wurde im Februar 1941 in das damalige Protektorat Böhmen-Mähren verlegt. Nach Beginn des Russlandfeldzuges rückte es am 26. Juni 1941 über Polen in das Gebiet der Sowjetunion ein und wurde dem Höheren SS- und Polizeiführer Russland-Süd für besondere Einsätze unmittelbar unterstellt. Vom 28. bis 31. August 1941 wurde das Polizei-Bataillon in K-Pzu der Massenerschießung von etwa 23.000 jüdischen Männern, Frauen und Kindern herangezogen. In der Folgezeit war es vom 6. bis 8. November 1941 an einer weiteren Massenerschießung von etwa 15.000 Juden in Rbeteiligt. Eine Gruppe der 2. Kompanie war an der Erschießung von etwa 200 Juden aus einem Dorf südlich von L im Februar 1942 beteiligt.
Der Kläger wurde am 5. Juni 1942 verwundet und verrichtete ab Oktober 1943 in Berlin erneut Polizeidienst. Im Frühjahr 1945 erlitt er durch russische Soldaten einen Gesichtsschuss.
Durch Bescheid vom 2. April 1957 erkannte der Beklagte als Schädigungsfolgen
1. Streckbehinderung im rechten Ellenbogengelenk, Aufhebung der Drehbewegungen des rechten Unterarmes, Fehlstellung der Unterarmknochen nach Unterarmschussbruch. Schwäche des rechten Arms und der rechten Hand. Narben am Kinn, an der rechten Halsseite und an beiden Unterschenkeln, Granatsplitter in den Weichteilen der Wange,
2. belanglose Narbe an der Nasenwurzel, chronische Schleimhautverdickung in der rechten Kieferhöhle mit Wandzerstörungen an der Medialseite, Neigung zu Rezidiven einer Kieferhöhleneiterung rechts und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 50 v.H. an.
Durch Ausführungsbescheid vom 10. März 1975 wurde die MdE nach § 30 Abs. 2 BVG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit um 10 v.H. auf insgesamt 60 v.H. erhöht und die Bezeichnung der Schädigungsfolgen geändert. Der Kläger bezog zuletzt ab Juli 1998 eine monatliche Rente in Höhe von 543,- DM und hatte einen Anspruch auf Heilbehandlung auch für Gesundheitsstörungen, die nicht als Folgen einer Schädigung anerkannt waren.
Nach Einfügung des § 1 a BVG (durch Gesetz vom 14. Januar 1998 - BGBl. I S. 66) zog der Beklagte die Einstellungsverfügung des Leitenden Oberstaatsanwaltes bei dem Landgericht Dortmund im Verfahren gegen die ehemaligen Angehörigen des Polizei-Bataillons 320 und der 1. Kompanie des Polizei-Reservebataillons 33 vom 28. Februar 1962 sowie die Protokolle der Vernehmungen des Klägers am 16. Januar 1961 und 9. Februar 1962 in diesem Ermittlungsverfahren und das Vernehmungsprotokoll vom 16. Januar 1961 im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Kiel gegen J u.a. bei. Darin hatte der Kläger u.a. angegeben, lediglich bei der Vernichtungsaktion in K-P zur Bewachung von Juden eingesetzt gewesen zu sein. Er habe, nachdem die Juden sich aufgestellt hätten mit seiner Gruppe von einem SD-Angehörigen den Auftrag erhalten, den Abschluss des Zuges der Juden zu bilden und später die Straßensicherung zu übernehmen. Von seinem Standort aus habe er die Erschießungsstätte nicht einsehen können. Bei Eintritt der Dunkelheit sei die Exekution beendet worden. Ihm sei nicht bekannt, dass es bei den Erschießungen zu einzelnen Fluchtversuchen jüdischer Personen gekommen sei. Es habe für ihn keine Möglichkeit bestanden, der Teilnahme an der Aktion auszuweichen. Sie hätten der Höheren SS-Führung unterstanden. Für sie seien somit die SS-Gerichte zuständig gewesen. Sie seien ständig über die schweren Folgen einer Befehlsverweigerung und anderer militärischer Delikte belehrt worden. Teilweise hätten diese Belehrungen durch Unterschrift bestätigt werden müssen. Es seien auch wiederholt Urteile von SS-Gerichten verlesen worden, in denen auf harte Strafen erkannt worden sei. Selbst wenn er im Fall einer Befehlsverweigerung nicht vor ein SS-Gericht gestellt worden wäre, hätte durchaus die Möglichkeit bestanden, dass er vom Sicherheitsdienst belangt worden wäre. In jedem Fall sei sein Leben ernsthaft gefährdet gewesen.
Mit Schreiben vom 27. Mai 1999 hörte der Beklagte den Kläger zur Entziehung der Versorgungsrente ab 1. Juli 1999 wegen der Beteiligung an Massenerschießungen und sonstigen Exekutionen an Juden bei dem Polizei-Bataillon 320 an.
Daraufhin verwies der Kläger auf ein Schreiben des Leitenden Oberstaatsanwaltes bei dem Landgericht Dortmund vom 5. März 1962, nach dem das Verfahren - soweit es ihn betreffe - eingestellt werde.
Nach R...