Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragszeit bei nicht erwiesener Zahlung von Pflichtbeiträgen
Orientierungssatz
Die Voraussetzung in § 247 Abs 2a SGB 6, dass eine Zahlung von Pflichtbeiträgen "nicht erfolgte", ist dahin zu verstehen, dass sie "nicht erwiesen" ist, zumal anderenfalls verfassungsrechtliche Bedenken bestünden. Es sind nämlich keine sachgemäßen Gesichtspunkte erkennbar, die eine ungleiche (schlechtere) Behandlung des Versicherten rechtfertigen würden, bei dem eine Abführung von Beiträgen wahrscheinlich, aber nicht erwiesen ist, gegenüber demjenigen, für den - trotz in gleicher Weise bestehender Versicherungspflicht - nachweislich keine Beiträge abgeführt wurden (Art 3 Abs 1 GG). § 247 Abs 2a SGB 6 stellt sich insoweit für bestimmte Zeiträume als Sonderregelung (lex specialis) zu § 256b Abs 2 SGB 6 dar.
Tatbestand
Streitig ist eine höhere Altersrente des Klägers durch Berücksichtigung seiner gesamten Lehrzeit als nachgewiesene Beitragszeit bzw. Pflichtbeitragszeit.
Der ... 1934 geborene Kläger beantragte am 4. August 1994 die Gewährung von Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Zu seinem beruflichen Werdegang gab er an, vom 1. September 1949 bis 29. Februar 1952 eine Lehre als Maschinenschlosser bei der Fa. A Schwermaschinenbau W, durchlaufen und mit der Gesellenprüfung abgeschlossen zu haben. Anschließend sei er noch bis Juni 1952 als Maschinenschlosser in diesem Betrieb tätig gewesen. Zum Nachweis legte er ein Facharbeiterzeugnis vom 5. Juni 1957 vor, das vom Rat des Kreises K W als Ersatz für die in Verlust geratene Urschrift des Fachgehilfenbriefes ausgestellt worden war. Außerdem legte er den Versichertenausweis Nr. 1 der Sozialversicherungsanstalt des Landes Brandenburg vor, worin unter Angabe der Beschäftigungsart als Lehrling für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1951 ein Arbeitsverdienst von 1.095,40 M und als Arbeitgeber A Schwermaschinenbau W eingetragen ist. In der am 6. Februar 1995 ausgestellten Verdienstbescheinigung teilte die Nachfolgefirma S mit, für die Zeit vom 1. September 1949 bis 17. Februar 1951 (Lehre) sowie vom 18. Februar 1951 bis 30. Mai 1952 seien keine Lohnunterlagen für den Kläger vorhanden.
Mit Bescheid vom 21. März 1995 gewährte die Beklagte dem Kläger Altersrente wegen Arbeitslosigkeit mit Beginn am 1. Januar 1995 (monatlicher Zahlbetrag 1652,85 DM). Ergänzend teilte die Beklagte in diesem Bescheid mit, die Zeit vom ... 1. September 1949 bis 31. Dezember 1950 und vom 1. Januar 1952 bis 31. Mai 1952 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil weder in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge bescheinigt seien, noch die Beitragszahlung nach dem Ergebnis der Ermittlungen glaubhaft erscheine und Beiträge auch nicht als gezahlt gälten. Auf den hiergegen erhobenen Widerspruch des Klägers, mit dem er sich u.a. gegen die nicht voll anerkannte Lehrzeit wandte, erteilte die Beklagte am 3. Juli 1995 einen weiteren Rentenbescheid, mit dem sie zusätzlich die Zeit vom 1. September bis 31. Dezember 1949 als glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeit der Berufsausbildung mit einer Anrechnung von 5/6, die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1950 sowie vom 1. Januar bis 29. Februar 1952 als glaubhaft gemachte, im Beitrittsgebiet zurückgelegte, Pflichtbeitragszeiten der Berufsausbildung und die Zeit vom 1. März bis 30. Mai 1952 als glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeit berücksichtigte. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 1995 zurück. Für die außerhalb des Jahres 1951 gelegenen Zeiten der Lehrzeit seien Beitragszeiten lediglich glaubhaft gemacht. § 256 b Abs. 2 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI) regele die abschließende, ausschließliche Bewertung von glaubhaft gemachten Pflichtbeitragszeiten für eine Berufsausbildung.
Mit Schreiben vom 31. Oktober 1995, das am 2. November 1995 bei der Beklagten einging, hat sich der Kläger gegen diesen Widerspruchsbescheid gewandt. Mit am 19. Dezember 1995 bei dem Sozialgericht Berlin eingegangenem Schreiben hat der Kläger gerügt, dass die freiwillige Zusatzrentenversicherung nicht berücksichtigt und die Lehrzeit weiterhin nur teilweise anerkannt worden sei. Die Lehrzeit sei als nachgewiesene Beitragszeit anzuerkennen. Auch wenn ihm für die fragliche Zeit die Sozialversicherungs-Nachweise verloren gegangen seien, habe der Ausbildungsbetrieb mit einem detaillierten Zeitnachweis seine Berufsausbildung bestätigt. Die Lehrzeit wäre nach dem Lehrvertrag erst am 1. September 1952 beendet gewesen. Er habe die Möglichkeit wahrgenommen, die Lehrzeit vorfristig zum 29. Februar 1952 mit der Lehrabschlussprüfung zu beenden. Durch den vorgelegten Versichertenausweis Nr. 1 für 1951 habe er die Beschäftigung und das Entgelt nachgewiesen. Logischerweise seien dafür auch Sozialversicherungsbeiträge abgeführt worden. Dass es sich um eine durchgehende Lehrzeit vom 1. September 1949 bis 28. Februar 1952 gehandelt habe, mit anschließender Tätigkeit als Schlosser vom 1. März bis 30. Mai 1952, werde a...