Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Kostenerstattung. selbst beschaffte Leistung. Versorgung mit Goldinlays

 

Orientierungssatz

1. Der Versicherte muß, bevor er sich eine Leistung außerhalb des vertrags(zahn)ärztlichen Versorgungssystems beschafft, der Krankenkasse die Prüfung ermöglicht haben, ob die auf Kosten der Kasse beanspruchte Leistung überhaupt vom Sachleistungsanspruch umfaßt ist, insbesondere den gesetzlich vorgegebenen Kriterien entspricht, und welche Möglichkeiten der Realisierung des Anspruchs das bereitstehende Versorgungssystem bietet.

2. Dem Anspruch des Versicherten auf Kostenerstattung für die Versorgung mit dem Zahnfüllstoff Gold steht entgegen, daß es sich dabei um Leistungen handelt, die von den Krankenkassen nach dem SGB 5 nicht gewährt werden dürfen, weil sie im Regelfall das Maß des Notwendigen überschreiten (vgl BSG vom 8.3.1995 - 1 RK 7/94 = SozR 3-2500 § 30 Nr 5).

3. Auch die Änderungen des SGB 5 durch das GKVNOG 2 vom 23.6.1997 deuten nicht darauf hin, daß ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung regelmäßig die Versorgung mit Goldinlays oder die Erstattung der entsprechenden Kosten beanspruchen kann.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Kosten, die der Klägerin durch die Versorgung von zwei Zähnen mit Goldinlays entstanden sind.

Die 1944 geborene Klägerin ist seit 1984 freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Vom 21. Dezember 1993 an begab sie sich bei dem Zahnarzt R O in Behandlung. In dessen Behandlungsunterlagen ist unter diesem Datum vermerkt, daß die Klägerin "kein Amalgam mehr haben" wolle. Sie ließ sich sodann am 2. Februar 1994 durch den Zahnarzt am Zahn 14 eine zweiflächige Gold-Einlagefüllung eingliedern. Darüber er erteilte ihr eine nach den Grundsätzen der Gebührenordnung für Zahnärzte -- GOZ -- erstellte Rechnung vom 1. März 1994 über 417,87 DM. Den Betrag glich die Klägerin am 17. März 1994 aus.

Am 15. März 1994 ging der Beklagten ein nach der GOZ erstellter Heil- und Kostenplan des Zahnarztes O vom 10. März 1994 über die Versorgung des Zahnes 27 mit einer Gold-Einlagefüllung über 477,36 DM zu. Das Inlay wurde der Klägerin am 17. März 1994 eingegliedert (Rechnung vom 29. April 1994 über 573,30 DM, bezahlt am 25. Mai 1994). Mit Bescheid vom 15. März 1994 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Inlayversorgung gemäß dem Plan vom 10. März 1994 ab, da Krankenkassen Zuschüsse für Inlays nicht mehr zahlen dürften.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, die Beklagte dürfe sich bei einer Versorgung mit dem gegenüber Amalgam unbedenklicheren Goldinlay nicht gänzlich ihrer Leistungsverpflichtung entziehen. Auch ein Inlay sei "Zahnersatz". Mit der ihr inzwischen angebotenen Kostenbeteiligung für beide Zähne von 80,75 DM und 135,55 DM sei sie nicht einverstanden.

Die Beklagte führte mit Schreiben vom 16. Mai 1994 aus, sie sei nunmehr aufgrund neuerer Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -- BSG -- in der Lage, sich an der Inlayversorgung zu beteiligen und bat um Übersendung der Originalrechnung. Am 6. Juni 1994 ging bei ihr die o. g. Liquidation über die Goldinlayversorgung des Zahnes 14 ein. Sie wies den Widerspruch schließlich mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 1994 als unbegründet zurück: Die Versorgung mit Inlays sei nicht Gegenstand der vertragszahnärztlichen Versorgung. Hierzu dürften auch nach der Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums und der Senatsverwaltung für Soziales in Berlin keine Zuschüsse gezahlt werden. Nur in seltenen, hier nicht gegebenen medizinischen Ausnahmefällen könnten Inlays zur Anwendung kommen. Eine Bezuschussung über die angebotenen Beträge hinaus komme nicht in Betracht.

Das dagegen angerufene Sozialgericht hat einen Befundbericht des Zahnarztes O nebst Ergänzung eingeholt und die Klage mit Urteil vom 28. Februar 1995 als unbegründet abgewiesen: Für Zahnfüllungen sei unter Berücksichtigung des § 28 Abs. 2 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -- SGB V -- und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) jedes erprobte und praxisübliche plastische Füllmaterial vorgesehen, während eine aufwendigere Versorgung nicht zu Lasten der Kasse gehe. Eine andere Beurteilung sei nur dann möglich, wenn bei der Klägerin besondere Verhältnisse (z. B. Allergien) vorlägen, die die Versorgung mit anderen als Amalgamfüllungen notwendig machten. An einem solchen Sachverhalt fehle es. Aus den Ausführungen des Zahnarztes O in den Befundberichten ergebe sich, daß die Klägerin ohne das Vorliegen einer konkreten Gefährdung allein wegen der verbreiteten Besorgnis gegenüber Amalgam die bei ihr vorhandenen, nach und nach erneuerungsbedürftig werdenden Zahnfüllungen durch Goldinlays habe ersetzen wollen, was mit den streitigen Behandlungen begonnen worden sei. Da die Klägerin weder zu einer Risikogruppe gehöre noch eine konkrete Gefährdung feststellbar sei, bestehe keine Verpflichtung der Beklagten zur vollständigen Kostenübernahme. -- Das Gericht hat ausdrücklich die Berufung zugelassen.

Mit ihrer am 21....

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