Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Berlin vom 22.10.1997 - L 9 Kr 40/95, das vollständig dokumentiert ist.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kosten der Versorgung von Zähnen der Klägerin mit Goldinlays.
Die 1948 geborene Klägerin ist seit 1989 freiwilliges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Der praktische Arzt und Chirurg Sch attestierte ihr im August 1992 eine (bei einer "aurikolo-diagnostischen Testung" festgestellte) "neurovegetative Regulationsblockade infolge einer Quecksilberwirkung"; eine derartige neurotoxische Metallwirkung werde durch epidermale Allergieteste nicht erfaßt; eine Besserung sei nur durch vollständige Amalgamentfernung und anschließende Neutralisierung möglich. Die Zahnärzte Dres. B. bescheinigten der Klägerin zum gleichen Zeitpunkt, daß sie an einer Amalgamunverträglichkeit leide (festgestellt mittels "elektronischer Systemdiagnostik nach Dr. B und systemischer Organtestung nach Dr. V"); aus diesem Grund sei es empfehlenswert, sämtliche Amalgamfüllungen aus ihrer Mundhöhle zu entfernen. In einem von der Hautärztin Schm am 3. Juli 1992 ausgestellten Allergie-Paß wird aufgrund eines Epikutantests u. a. eine Allergie der Klägerin gegen Amalgam bestätigt.
Unter Hinweis auf diese Unterlagen sowie unter Beifügung eines nach Maßgabe der Gebührenordnung für Zahnärzte -- GOZ -- am 17. August 1992 erstellten Heil- und Kostenplans der Zahnärzte Dres. B (ein- bzw. mehrflächige Füllung der Zähne 14-16, 18, 24-28, 35-38, 46-48) beantragte die Klägerin bei der Beklagten mit Schreiben vom 31. August 1992 die Übernahme der Kosten für die vorgesehene Behandlung. Auf Rückfrage führten die Zahnärzte mit einem am 14. Dezember 1992 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben aus, daß als Füllmaterial Omnifillfüllungen eingesetzt würden; es sei z. Zt. keine andere Versorgung geplant, diejenige laut Heil- und Kostenplan vom 17. August 1992 sei "als endgültig anzusehen"; der durch Amalgamintoxikation hervorgerufene physische Zustand der Klägerin erlaube keine langwierigen zahnärztlichen Maßnahmen.
Mit Bescheid vom 28. Dezember 1992 führte die Beklagte gegenüber der Klägerin aus, daß sie bereit sei, sich an der Füllungstherapie mit 1.117,55 DM zu beteiligen, vorbehaltlich einer Rechtsänderung und der Änderung des vertragszahnärztlichen Punktwertes. Eine auf vollständige Kostenerstattung durch die Beklagte gerichtete Klage hat das Sozialgericht Berlin inzwischen in dem Rechtsstreit -- S 76 Kr 591/95 -- mit Urteil vom 6. Juni 1996 rechtskräftig abgewiesen.
Am 19. April 1993 reichte die Klägerin bei der Beklagten einen neuen nach Maßgabe der GOZ erstellten Heil- und Kostenplan der Zahnärzte Dres. B ein, in dem die Versorgung der Zähne 14-18, 24-28, 35-38 und 46-48 mit Goldinlays vorgesehen war (voraussichtliche Kosten insgesamt 17.248,39 DM), und bat um Kostenübernahme. Nachdem die Beklagte die Klägerin um ergänzende Angaben und Einreichung weiterer Unterlagen zu Krankheitsverlauf und Therapien gebeten hatte, beauftragte sie den Zahnarzt Prof. Dr. med. Dr. med. dent. H vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung -- MDK -- mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage, ob die Füllungen der Klägerin zwingend auszuwechseln seien; dieser gelangte am 6. September 1993 zu der Auffassung, daß es keine medizinische Notwendigkeit für die Entfernung der Amalgamfüllungen gegeben habe.
Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 19. Oktober 1993 die Versorgung der Klägerin mit Inlays ab, da diese nicht Gegenstand der vertragszahnärztlichen Behandlung seien und nur in -- nach den Feststellungen des MDK hier nicht vorliegenden -- seltenen medizinischen Fällen, etwa bei nachgewiesenen Allergien gegen die üblichen Füllungsmaterialien, zur Anwendung kommen könnten.
Hiergegen erhob die Klägerin am 28. Oktober 1993 Widerspruch. Am 8. November 1993 erteilten ihr die Zahnärzte Dres. B eine Rechnung über 18.844,75 DM für die inzwischen erfolgte Inlayversorgung (Beginn 9. August 1993, Abschluß 9. September 1993). Im Widerspruchsverfahren überreichte die Klägerin diese Rechnung und machte im wesentlichen geltend, die Beklagte sei darüber informiert gewesen, daß sie (die Klägerin) zunächst nur provisorische Füllungen mit Omnifill erhalten habe. Nachdem einige dieser Füllungen ausgefallen seien, habe sie nunmehr die endgültige Gebißsanierung "vorerst auf eigene Kosten" durchführen lassen. Diese Kosten habe die Beklagte zu erstatten, da sie bereits aufgrund der Bescheinigungen von August 1992 die Notwendigkeit der Zahnversorgung mit nichtallergenem Material habe erkennen müssen. Wenn die Beklagte das Ausbohren sämtlicher Amalgamfüllungen und Einsetzen von Omnifillfüllungen durch ihre Teilkostenübernahme "genehmigt" habe, verhalte sie sich widersprüchlich, wenn sie nun den Standpunkt einnehme, daß Inlays nur bei nachgewiesenen Allergien gewährt werden könnten. Sie (die Klägerin) sei von Anfang an in dem Glauben gelassen worden, daß Einwendungen gegen nichtallergenes Füllmaterial nicht erhoben würden. ...