Entscheidungsstichwort (Thema)
Erteilung einer Arbeitserlaubnis. ausländischer Arbeitnehmer. langjähriger Aufenthalt. Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens. besondere Härte
Orientierungssatz
1. Soweit der Erwerb oder Ausübung eines Rechts oder einer Vergünstigung von der Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet abhängig ist, wird die Zeit eines zur Durchführung des Asylverfahrens gestatteten Aufenthalts nach § 55 Abs 3 AsylVfG 1992 nur angerechnet, wenn der Ausländer unanfechtbar anerkannt wurde. Diese Zeit ist nach späterer Asylablehnung auch nicht für die Berechnung von Aufenthaltszeiten zu berücksichtigen, die für eine Arbeitsgenehmigung erheblich sind.
2. Stellt der Ausländer einen erneuten Asylantrag erst, nach dem die Duldung nicht verlängert und eine Aufforderung zur Ausreise erteilt wurde, so steht dies und der Regelungszweck des § 55 Abs 3 AsylVfG 1992 der Zubilligung einer besonderen Härte iS des § 1 Abs 2 ArGV entgegen.
3. Solange der Ausländer insbesondere zumutbar auf die Rückkehr in sein Herkunftsland verwiesen werden kann - und das ist grundsätzlich der Fall, solange seine Asylberechtigung nicht anerkannt ist (vgl BSG vom 8.6.1989 - 7 RAr 114/88 = SozR 4100 § 19 Nr 22), fehlt es an Verhältnissen, die es gebieten könnten, ihm die Sicherung des Lebensunterhalts im Inland durch Erwerbsarbeit zu ermöglichen.
4. Allein der Umstand, dass der Ausländer mit langjährigem Aufenthalt im Inland die Anforderungen der sogenannten Altfallregelung der Innenministerkonferenz, die die Erteilung einer Arbeitsberechtigung nach § 286 Abs 1 S 1 Nr 1 Buchst b SGB 3 ermöglicht, möglicherweise nicht erfüllt, kann für sich keine besondere Härte begründen.
Tatbestand
Streitig ist die Erteilung einer arbeitsmarktunabhängigen Arbeitsgenehmigung.
Der 1953 geborene Kläger und seine Ehefrau sind nach eigenen Angaben Palästinenser aus dem Libanon mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. Nachdem der Kläger bereits in den 70er Jahren in die Bundesrepublik Deutschland eingereist war, Asylanträge gestellt und wieder zurückgenommen hatte, reiste er im November 1989 ohne Visum aus dem Libanon erneut ein. Seine Ehefrau und seine sieben Kinder folgten ihm im März 1990. Die noch im selben Monat gestellten Asylanträge nahmen sie bereits im Mai 1990 wieder zurück. Ihr anschließender Aufenthalt wurde nach der damaligen Weisungslage geduldet. Nach Einleitung aufenthaltsbeendender Maßnahmen beantragten sie im März 1992 erneut die Anerkennung als Asylberechtigte, auch für ihre Kinder. Der Kläger erhielt eine Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens mit der Auflage "Arbeitsaufnahme erlaubt, wenn Arbeitserlaubnis vom zuständigen Arbeitsamt erteilt worden ist".
Durch Bescheid vom 22. April 1993 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Asylantrag ab und stellte zugleich das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Ausländergesetz (AuslG) sowie von Abschiebungshindernissen nach § 53 AuslG fest. Ferner forderte es den Kläger und seine Familienangehörigen unter Androhung der Abschiebung zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland binnen Monatsfrist nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens auf. Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage zum Verwaltungsgericht Berlin (VG 20 X 11.93) ist noch anhängig. Sie führte zur weiteren Verlängerung der Aufenthaltsgestattung.
Den Antrag des Klägers vom September 1996, ihm und seinen Familienangehörigen (einschließlich seines 1993 in Berlin geborenen achten Kindes) eine Aufenthaltsgenehmigung (Aufenthaltsbefugnis) zu erteilen, lehnte die Ausländerbehörde (Landeseinwohneramt Berlin - Ausländerangelegenheiten -) durch Bescheid vom 29. Januar 1997 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid der Senatsverwaltung für Inneres vom 12. Juni 1997 - ab. Auch dagegen erhob der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht Berlin (VG 24 A 346.97).
Zwischenzeitlich hatte es die Beklagte durch Bescheid vom 19. April 1996 - bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 9. Mai 1996 - abgelehnt, dem Kläger eine besondere Arbeitserlaubnis zu erteilen. Die von ihm vorgetragenen Lebensumstände entsprächen denen einer Vielzahl von Ausländern. Sie stellten keine besondere Härte dar.
Mit der Klage vor dem Sozialgericht Berlin (SG) machte der Kläger geltend, staatenlosen Palästinensern aus dem Libanon sei auf absehbare Zeit eine Rückkehr nicht möglich. Deswegen sei es unerheblich, dass ihm der Aufenthalt nur zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet sei.
Durch Urteil vom 26. Februar 1999 wies das SG die auf Erteilung einer arbeitsmarktunabhängigen Arbeitsgenehmigung, hilfsweise auf Erteilung eines neuen Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts gerichtete Klage ab. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für die - allein in Betracht kommende - im Ermessen der Beklagten stehende Erteilung einer (arbeitsmarktunabhängigen) Arbeitserlaubnis nach § 1 Abs. 2 Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV). Es lasse sich nicht festste...