Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung
Orientierungssatz
1. Die Behandlung in einem Krankenhaus ist dann erforderlich, wenn die notwendige medizinische Versorgung nur mit den besonderen Mitteln des Krankenhauses durchgeführt werden kann und eine ambulante ärztliche Versorgung nicht ausreicht (vgl ua BSG vom 12.12.1979 - 3 RK 13/79 = SozR 2200 § 184 Nr 15).
2. Die Erforderlichkeit von Pflege allein begründet einen Anspruch auf Krankenhausbehandlung noch nicht; vielmehr ist darauf abzustellen, ob die erforderlichen Pflegemaßnahmen lediglich dem Zweck dienen, einem Zustand der Hilflosigkeit zu begegnen oder ob sie als Teil einer ärztlichen Behandlung dieser untergeordnet sind (vgl ua BSG vom 25.1.1979 - 3 RK 83/78 = SozR 2200 § 184 Nr 11). Ebensowenig genügen soziale Gründe, um Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit zu bejahen; so können Maßnahmen mit dem Ziel, eine selbständigere Lebensführung zu ermöglichen oder Verwahrlosung des Betroffenen zu verhindern bzw die Unterbringung in einer geschlossenen Anstalt mit dem Ziel der Verwahrung keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung begründen, etwa weil Kranke die öffentliche Sicherheit und Ordnung, sich selbst oder andere gefährden (vgl BSG vom 12.11.1985 - 3 RK 33/84 = SozR 2200 § 184 Nr 28).
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Kostenübernahme für die stationäre Behandlung des Klägers in der K-B-Nervenklinik, B in der Zeit vom 10. September 1992 bis zum 12. September 1994.
Der 1951 geborene Kläger ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Er steht aufgrund einer Anordnung des Amtsgerichts Wedding seit 1992 unter Betreuung (Aufgabenkreis "Vermögens- sowie Gesundheitsfürsorge sowie Aufenthaltsbestimmung").
Der Kläger war seit 1983 wiederholt auf Kosten der Beklagten wegen psychischer Krankheiten stationär behandelt worden. Seit 24. Dezember 1990 befand er sich ununterbrochen zur stationären Behandlung in der K. Die Beklagte, die wiederholt Ermittlungen zur Notwendigkeit der stationären Behandlung geführt hatte, erteilte gegenüber der K jeweils Kostenübernahmeerklärungen, zuletzt beschränkt für die Zeit bis zum 31. Juli 1992.
Am 9. September 1992 fand auf Veranlassung der Beklagten in der K durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Achilles vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung -- MDK -- Berlin eine Krankenhausbegehung mit Untersuchung des Klägers statt. Nach deren Abschluß kam der Arzt unter Berücksichtigung des Inhalts der Krankenakte in einer Stellungnahme vom selben Tag zu dem Ergebnis, daß der Kläger seit 1983 wegen Psychosen stationär behandelt worden sei, die durch Drogenkonsum gelegentlich kompliziert würden. Es handele sich um einen Dauerzustand, bei dem wesentliche Änderungen von Persönlichkeit und psychischem Befund durch die ärztliche Therapie nicht zu erwarten seien, auch sei eine wesentliche Änderung des ärztlichen Behandlungsplans nicht vorgesehen. Es stehe die Betreuung, Unterbringung und Aufsicht des Klägers im Vordergrund. Ständige ärztliche Präsenz und die Mittel eines Krankenhauses seien nicht erforderlich, vielmehr sei die Unterbringung und ein Arzt im Rufdienst ausreichend. Die Kostenübernahme für Krankenhausbehandlung werde zwar bis zum 9. September 1992 empfohlen, darüber hinaus aber nicht mehr.
Mit Schreiben vom 20. Oktober 1992, von dem der Betreuer des Klägers eine Durchschrift erhielt, führte die Beklagte gegenüber der K unter Hinweis auf die durchgeführten Ermittlungen aus, daß sie nur noch bis zum 9. September 1992 die Kosten für die stationäre Behandlung des Klägers übernehme. Bei ihm liege spätestens ab dem 1. August 1992 ein auch durch eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht mehr veränderbarer Dauerzustand vor. Es stehe vielmehr die Betreuung, Unterbringung und Aufsicht durch nichtärztliches Fachpersonal im Vordergrund.
Der Betreuer des Klägers widersprach dieser Entscheidung und nahm zur Begründung Bezug auf eine ärztliche Stellungnahme der K vom 10. November 1992. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 1993 als unbegründet zurück: Der Kläger leide an einer chronischen Form von paranoid-halluzinatorischer Schizophrenie mit begleitendem Suchtmittelmißbrauch und sei bereits über 11 1/2 Jahre stationär behandelt worden. Nach dem Inhalt der abschließenden Beurteilung des MDK-Arztes lägen die in der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen für die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch/Fünftes Buch -- SGB V -- über den 9. September 1992 hinaus nicht mehr vor.
Das vom Kläger hiergegen am 23. November 1993 -- ohne Einreichung oder Nachreichung einer Klagebegründung -- angerufene Sozialgericht hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 25. August 1994 als unbegründet abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei "im eigentlichen Sinne des Wortes" unbegründet, da der Kläger keine Klagebegründung abgegeben habe, die es der Kammer ermöglich...