Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitsunfall. haftungsbegründende Kausalität. konkurrierende Kausalität. gleichwertige Ursache. überwiegende Ursache. Transport von Arbeitsmaterialien. Gelegenheitsursache. innere Ursache. Muskelschwäche des linken Beins. Treppensturz

 

Orientierungssatz

1. Zum Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalles, wenn ein Versicherter, der an einer Muskelschwäche am linken Bein leidet, mit Arbeitsmaterialien (Aktentasche und Aktenordner) in beiden Händen in seinem Dienstgebäude die Treppe hinunter stürzte, als er mit dem linken Bein einknickte.

2. Eine Abwägung der Wertigkeit der Ursachen aus dem versicherten Bereich und aus dem körpereigenen Bereich für einen Unfall ist ausgeschlossen, wenn nicht feststeht, dass die betrieblichen Umstände bereits für sich alleine ursächlich waren.

3. Eine Unfallursache aus dem versicherten Bereich ist nur dann rechtlich wesentliche Ursache, wenn diese die Ursache des körpereigenen Bereichs mit Wahrscheinlichkeit überwiegt, also mehr als gleichwertig für den eingetretenen Gesundheitsschaden ist.

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. Juni 2002 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Kläger wegen der Folgen eines Treppensturzes am 26. Juli 2000 aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu entschädigen ist.

Der 1943 geborene als Leiter der allgemeinen Verwaltung der katholischen Fachhochschule Berlin für Sozialwesen bei der Beklagten versicherte Kläger stürzte nach den Angaben in dem am 1. August 2000 von dem Chirurgen Dr. M. im Krankenhaus L. verfassten Durchgangsarztbericht am 26. Juli 2000 gegen 16.30 Uhr in seinem Dienstgebäude eine Treppe hinab. Hierbei will er 10 bis 15 Steinstufen tief gefallen sein. In dem am Folgetage aufgesuchten Krankenhaus L. wurden eine Schulterkontusion links und eine Kniekontusion rechts sowie ein Zustand nach Subluxation des 5. Fingers im Grundgelenk diagnostiziert. Röntgenaufnahmen der von dem Unfall betroffenen Körperteile erbrachten keinen Frakturanhalt. In Beantwortung der formularmäßigen Frage, ob von dem Unfall unabhängige krankhafte Veränderungen für die Beurteilung des Versicherungsfalles von Bedeutung seien könnten, heißt es:

“Zustand nach Bandscheibenoperation LWS 1991, fragliche Arthrose im linken Hüftgelenk und nach Angaben unsicheres Laufgefühl links."

In dem Antrag des Krankenhauses vom 17. September 2000 auf Kostenübernahme durch die Beklagte wird zur Ursache der Erkrankung angegeben: “Sturz von den Treppen aufgrund einer muskulären Schwäche am linken Bein".

In einer am 17. Januar 2001 verfassten Schilderung des nunmehr als Arbeitsunfall umstrittenen Geschehens vom 26. Juli 2000 führte der Kläger aus, er habe gegen 16.30 Uhr sein im zweiten Stockwerk gelegenes Dienstzimmer verlassen, um sich nach Hause zu begeben. In der linken Hand habe er seine Aktentasche getragen, in der rechten Hand einige Aushänge, die sich in einem Ordner befunden hätten und die er im ersten Obergeschoss habe anbringen wollen. Er sei auf der Treppe vom 2. zum 1. Obergeschoss mit dem linken Bein eingeknickt, und zwar wegen der bei ihm in diesem Bein vorhandenen Muskelschwäche. Er führe das Einknicken zum Herabstürzen von der Steintreppe um 10 bis 15 Stufen und die dadurch bedingten Verletzungsfolgen auf die betrieblichen Umstände zurück. Weil er in der linken Hand die Aktentasche und in der rechten Hand den Aktenordner getragen habe, habe er sich weder am Treppengeländer festhalten noch sich sonst abstützen können, um das Herabstürzen zu vermeiden. Hätte er auch nur eine Hand frei gehabt, wäre der Unfall nicht bzw. so nicht passiert, weil es ihm dann möglich gewesen wäre, sich vor dem Fall mit einer Hand am Geländer der Treppe festzuhalten.

Durch Bescheid vom 23. März 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2001 lehnte es die Beklagte ab, dem Kläger aufgrund des Unfalls vom 26. Juli 2000 Leistungen zu gewähren. Ein Arbeitsunfall, der ein von außen auf den Körper einwirkendes zeitlich eng begrenztes Ereignis voraussetze und mit der versicherten Tätigkeit in ursächlichem Zusammenhang stehen müsse, liege nicht vor. Liege die Ursache des Ereignisses - wie hier - in der Person des Versicherten selbst (innere Ursache), so werde der Begriff des Arbeitsunfalls nicht erfüllt. Eine normale Treppe stelle keine zusätzliche besondere Betriebsgefahr dar, es sei denn, dass diese beschädigt sei. Aus den übersandten ärztlichen Unterlagen und der Unfallanzeige des Arbeitgebers gehe nicht hervor, dass es sich um eine schadhafte Treppe gehandelt habe. Eine besondere Betriebsgefahr könne also ausgeschlossen werden. Die Tatsache, dass der Kläger zum Unfallzeitpunkt beide Hände voller Arbeitsmaterial hatte und sich nicht am Treppengeländer habe festhalten können, sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Außerdem hätte er beim Wissen um die besagte Muskelschwäche und das unsichere Laufgefüh...

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