Entscheidungsstichwort (Thema)

Anwendbarkeit des SozSichAbk POL. Eingliederungsprinzip. Wohnstaat. Verfassungsmäßigkeit

 

Orientierungssatz

1. Für deutsche Staatsangehörige mit Wohnsitz in Polen, die nach dem 31.12.1990 weder Versicherungszeiten auf dem jetzigen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt noch ihren Wohnort in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates verlegt oder dort erneut begründet oder den Wohnort in einem Drittstaat haben, sind die Voraussetzungen, die Art 27 Abs 1 SozSichAbk POL für die Anwendung des Abkommens aufstellt, nicht erfüllt. Auf der Grundlage des RV/UVAbk POL erhalten sie die Rente unter Einbeziehung deutscher Versicherungszeiten vielmehr nur durch den Versicherungsträger des Wohnsitzstaates gezahlt.

2. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Bestimmungen des Abkommensrechts bestehen nicht (vgl BSG vom 29.9.1998 - B 4 RA 91/97 R).

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin Anspruch auf eine Rente aus der deutschen Rentenversicherung hat.

Die Klägerin wurde 1917 in dem Ort L in Oberschlesien geboren. Sie besitzt die deutsche und die polnische Staatsangehörigkeit. Ihren ständigen Aufenthalt hatte sie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges durchgehend in Polen.

Im Februar 1996 beantragte sie bei der Landesversicherungsanstalt Rheinprovinz, ihr Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung zu gewähren. Sie machte unter anderem geltend, von März 1934 bis 15. Dezember 1935, März 1936 bis Dezember 1937 und von März 1938 bis Dezember 1941 bei einer Baumschule beziehungsweise in der Landwirtschaft vollzeitig beschäftigt gewesen zu sein.

Die Beklagte, an die der Rentenantrag zuständigkeitshalber weitergeleitet worden war, lehnte ihn durch Bescheid vom 10. April 1997 ab. Die Klägerin habe ihren ständigen Wohnsitz in Polen. Nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit (DPSVA) vom 8. Dezember 1990 sei zwar der Export von Leistungen vorgesehen. Davon würden aber nur Zeiten erfasst, die in den jeweiligen Vertragsstaaten zurückgelegt worden seien. In der deutschen Rentenversicherung seien keine Versicherungszeiten zurückgelegt worden. Die behauptete Zeit von März 1934 bis Dezember 1941 sei weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht.

Mit ihrem Widerspruch reichte die Klägerin Unterlagen zu den von ihr behaupteten Beschäftigungen ein. In dem Versicherungsverlauf vom 31. Oktober 1997 berücksichtigte die Beklagte daraufhin aus der Zeit von Februar 1934 bis Dezember 1941 insgesamt 76 Monate an Beitragszeiten in der Rentenversicherung der Arbeiter, welche bei Arbeitgebern im Gebiet der jetzigen Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg zurückgelegt worden waren. Die Gewährung einer Altersrente lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 6. November 1997 erneut ab. Weil sich die Klägerin seit jeher in der Republik Polen aufhalte, seien nicht die Vorschriften des DPSVA von 1990, sondern noch die Vorschriften des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung (DPRA) vom 9. Oktober 1975 anwendbar. Dieses Abkommen sehe vor, dass Renten nur vom Versicherungsträger des Wohnsitzstaates nach den für ihn geltenden Vorschriften zu gewähren seien, wobei dieser Träger auch die im anderen Staat zurückgelegten Zeiten zu berücksichtigen habe. Angesichts dessen kämen nur Rentenleistungen durch den polnischen Versicherungsträger in Betracht. Den von der Klägerin weiter aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 23. April 1998 im Wesentlichen mit der gleichen Begründung zurück.

Mit ihrer Klage vor dem Sozialgericht Berlin hat die Klägerin ihren Rentenanspruch weiterverfolgt und geltend gemacht, dass sie die Entscheidung als große Ungerechtigkeit empfinde. Sie habe die deutsche Staatsangehörigkeit zurückerworben und könne nicht verstehen, warum sie als Ausländerin behandelt werde, nur weil sie nicht in Deutschland wohne.

Durch Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Ob der Klägerin ein Rentenanspruch zustehe, richte sich nach dem DPRA von 1975, welches Rentenleistungen nur durch den Versicherungsträger des Wohnsitzlandes vorsehe. Die Voraussetzungen für die Anwendung des DPSVA von 1990, welches einen Leistungsexport vorsehe, seien nicht erfüllt.

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie finde es weiter ungerecht, dass ihr keine Rente für die acht schweren Arbeitsjahre in Deutschland gezahlt werde. Die polnische Rentenversicherung zahle ihr keine Rente aus diesen Arbeitsjahren.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 14. Januar 2000 und den Bescheid vom 10. April 1997, ersetzt durch den Bescheid vom 6. November 1997, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 1998 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Regelaltersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Gerichtsakt...

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