nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Berlin (Entscheidung vom 19.06.2002; Aktenzeichen S 63 AL 4534/01) |
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 19. Juni 2002 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. November 2001 werden geändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Rücknahme- und Erstattungs- bescheid vom 12. August 1998 in der Fassung des Widerspruchs- bescheides vom 18. November 1998 zurückzunehmen, soweit er sich auf die Zeit ab 11. März 1997 erstreckt. Im übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten für das gesamte Verfahren zur Hälfte zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens um den Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe ab dem 30. Mai 1995.
Der 1947 geborene Kläger ist verheiratet und Vater einer 1974 geborenen Tochter. Er war langjährig Flugnavigator bei der I. Seine Beschäftigung verlor er mit der Liquidation dieser Fluggesellschaft im Jahre 1991. Vom 1. November 1991 bis zum 31. Januar 1992 war er in seinem erlernten Beruf auf dem Flughafen in Ftätig, gab jedoch diese Beschäftigung aus familienbedingten Gründen auf.
Vom 1. Februar 1992 bis zum 31. März 1994 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, unterbrochen durch mehrmonatigen Bezug von Unterhaltsgeld im Jahre 1992. Vom 16. Juli 1994 bis zur Erschöpfung des Anspruches am 29. Mai 1995 erhielt er erneut Arbeitslosengeld.
Vom 30. Mai 1995 bis zum 30. März 1996 und vom 15. Oktober 1996 bis einschließlich 19. Juni 1998 erhielt der Kläger Arbeitslosenhilfe. Das Bemessungsentgelt betrug ab 30. Mai 1995 1.080 DM, ab 17. Juli 1995 1.150 DM und ab 15. Oktober 1996 1.120 DM. Für den Zeitraum 1. April 1996 bis 14. Oktober 1996 hatte der Kläger sich aus dem Leistungsbezug abgemeldet, um (erfolglos) im Ausland auf Arbeitsuche zu gehen. Dem Bezug von Arbeitslosenhilfe lagen Anträge vom 16. Mai 1995, 15. Oktober 1996, 7. Juni 1997 und 5. Mai 1998 zugrunde. Bei seiner ersten Vorsprache am 16. Mai 1995 gab er für sich und seine Ehefrau in der entsprechenden Rubrik auf dem Antragsformular an, jeweils 7.500,- DM an Vermögen zu besitzen. Im Übrigen erklärte er bei allen weiteren Vorsprachen hinsichtlich der Fragen zur Bedürftigkeit, über kein Vermögen zu verfügen.
Im Zuge eines Datenabgleichs wurde der Beklagten im Mai 1998 bekannt, dass der Kläger und seine Ehefrau einen Freistellungsauftrag mit Geltung ab 1. Januar 1995 bei dem Bankhaus L erteilt hatten. Hierauf gab der Kläger an, über ein Bankguthaben in Höhe von 132.000,- DM zu verfügen. Es handele sich um ein Festgeldkonto für den Notfall. Anfangs habe es der Altersvorsorge dienen sollen, doch nun solle es in erster Linie dem im September 1996 begonnenen Studium seiner Tochter in England dienen. In dem Festgeld seien u.a. erhaltene Abfindungen sowie der Erlös aus einem Autoverkauf enthalten. Er müsse sich zusammen mit seiner Ehefrau finanziell erheblich einschränken, der soziale Abstieg sei schon sehr groß. Falls die Tochter doch nicht alles Geld für sich benötige, solle der Rest als Altersvorsorge dienen.
Auf Anforderung der Beklagten legte der Kläger sodann Belege für Überweisungen an seine in England lebende Tochter vor. Aus den vom Kläger außerdem vorgelegten Unterlagen ergibt sich folgende Vermögensentwicklung:
Festgeldkonto: 17. März 1995: 101.648,38 DM 4. Oktober 1996: 123.026,22 DM 7. Februar 1997: 114.159,89 DM
Girokonto: 25. April 1995: 3.176,61 DM 11. Oktober 1996: 6,88 DM 20. Februar 1997: 11.003,51 DM
Nach vorheriger Anhörung des Klägers hob die Beklagte mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 12. August 1998 die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab dem 30. Mai 1995 (Leistungsbeginn) auf. Der Kläger habe bei der Antragstellung über ein Vermögen von 104.824,99 DM verfügt (101.648,38 DM Festgeld zzgl. 3.176,61 DM Girokonto). Nach Abzug des Freibetrages in Höhe von 16.000,- DM verbleibe ein Vermögen in Höhe von 88.824,99 DM, welches durch das wöchentliche Bemessungsentgelt von 1.080,- DM zu teilen sei, woraus sich ein Zeitraum fehlender Bedürftigkeit von 82 Wochen ergebe. Für die nachfolgenden Zeiträume ab 15. Oktober 1996 sei die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ebenfalls zurückzunehmen, weil sich das Vermögen während des Arbeitslosenhilfebezuges auf 132.560,97 DM erhöht habe und der Kläger seinen Lebensunterhalt auf andere Weise als durch den Bezug von Arbeitslosenhilfe habe bestreiten können. Die insgesamt an Arbeitslosenhilfe erhaltenen 38.609,59 DM habe der Kläger ebenso zu erstatten wie die im betreffenden Zeitraum entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 16.758,54 DM. Insgesamt ergebe sich damit eine Erstattungsforderung in Höhe von 55.368,13 DM. Wegen der Berechnung wird auf Bl. 171, 172 der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen. In seinem hiergegen erhobenen Widerspruch trug der Kläger im Wesentlichen...